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AFRIKA/1926: Ruandische Oppositionspolitikerin Schikanen ausgesetzt (SB)


Wahlkampf in Ruanda mit unlauteren Mitteln

Regierung und regierungstreue Medien diffamieren Opposition


Wenn der Versuch Victoire Ingabires, mit ihrer Partei FDU-Inkingi zu den Wahlen im August in Ruanda anzutreten, einen Nutzen hat, dann zumindest den, daß sie damit den repressiven Charakter des ruandischen Regimes deutlich macht. Noch immer wird ihr die Registrierung der Partei verweigert, und die weitgehend "eingebettete" Presse stellt Ingabire in einem ausgesprochen schlechten Licht dar. Im Kern wird der Politikerin, die im "Genozid-Jahr" 1994 in die Niederlanden geflohen ist und dort bis Anfang dieses Jahres gelebt hat, vorgeworfen, sie sei eine Genozid-Leugnerin. Dieser Vorwurf wird mit der Forderung Ingabires nach echter Aussöhnung zwischen den Ethnien begründet.

Zwischen April und Juli 1994 waren in Ruanda etwa 800.000 Einwohner, mehrheitlich Tutsi, von Milizen und anderen Mitgliedern der Hutu-Ethnie umgebracht worden. Ingabires "Vergehen" besteht darin, daß sie auch der Ermordung von 100.000 Hutu gedacht hat und in vollkommener Übereinstimmung mit dem UN-Sicherheitsratsbeschluß vom November 1994 die Strafverfolgung sämtlicher in jenem Jahr in Ruanda und seinen Nachbarstaaten begangener Handlungen wie Kriegsverbrechen, Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefordert hat. Doch das vom UN-Sicherheitsrat einberufene Ad-hoc-Tribunal hat bislang nicht ein einziges Mitglied der damaligen Milizenorganisation und heutigen Regierungsarmee RPA/F (Ruandische Patriotische Armee/Front) zur Anklage gebracht. Ermittlungen, die in diese Richtung führten, wurden regelmäßig von der ruandischen Regierung und den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats vereitelt.

Nachdem Victoire Ingabire vor kurzem auf einer Amtsstube angegriffen und ihr Begleiter dabei krankenhausreif geschlagen wurde [1], mußte sie am Dienstag weitere Schikanen über sich ergehen lassen. Das Criminal Investigation Department (CID) hatte sie ins Polizeihauptquartier in Kacyiru einbestellt. Polizeisprecher Supt. Eric Kayiranga bestätigte gegenüber der regierungsnahen Zeitung "The New Times" [2] den Vorgang, machte aber keine Angaben über den Grund der Einbestellung, sondern erklärte: "Sie kam, um bei laufenden Ermittlungen zu helfen. Wir können nicht bekanntgeben, was das heutige Dossier enthält, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind."

Ingabire vertritt den Standpunkt, daß eine Versöhnung in Ruanda nicht stattfinden kann, wenn die Regierung einerseits leugnet, daß es unterschiedliche Ethnien gibt, andererseits aber die Tutsi als alleinige Opfer des Genozids anerkennt. Es ist zu vermuten, daß die Befragung Ingabires durch die Polizei, worum es dabei auch immer gegangen war, nicht die letzte Schikane gewesen sein dürfte. Oder aber, da nicht auszuschließen ist, daß die Politikerin lediglich als Zeugin des Überfalls befragt wurde, daß dies der letzte Versuch der ruandischen Presse war, eine Oppositionelle zu diffamieren.


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Anmerkungen:

[1] Näheres unter:
AFRIKA/1921: Ruanda - Präsidentschaftsanwärterin Ingabire angegriffen (SB)

[2] "Rwanda: CID Summons Ingabire", The New Times (Kigali), 17. Februar 2010
http://allafrica.com/stories/201002170027.html

17. Februar 2010