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AFRIKA/1932: Tendenz zur Verarmung in Tansania (SB)


Steigende Inflation und weiter hohe Preise für Lebensmittel

Millionen Einwohner Tansanias müssen täglich auf eine Mahlzeit verzichten


Tansania zählt zu den Ländern Afrikas, deren Bevölkerung von ca. 40 Millionen ernährungsmäßig verglichen mit denen anderer Länder des Kontinents einigermaßen gut gestellt ist. Hungersnöte wie in Somalia, Äthiopien, Eritrea, Kenia, Simbabwe, Madagaskar, Tschad, Niger oder Sudan werden aus Tansania nicht berichtet. Das Land verfügt über reichlich landwirtschaftliche Fläche und ein großes Potential, um den Agrarsektor weiter auszubauen.

Dennoch spitzt sich die Versorgungslage der schätzungsweise 40 Millionen Einwohner zu. Rund 8,4 Millionen von ihnen (21 Prozent) müssen täglich auf eine Mahlzeit verzichten, weil sie sich das Essen nicht mehr leisten können. Das berichtete die Zeitung "The Citizen" in ihrer Online-Ausgabe vom heutigen Dienstag unter Berufung auf eine jüngere Umfrage. [1]

Laut dem Social, Political and Economic Barometer (SPEC) haben 17,2 Mio. Einwohner (43 Prozent) ihre Ausgaben für grundlegend wichtige Haushaltswaren drastisch eingeschränkt, weil die Preise nach oben geschnellt sind. 19,6 Mio. gaben an, daß sich die wirtschaftliche Lage ihrer Familie verschlechtert hat. Diese Daten wurden am Montag von Vertretern der mit der Befragung beauftragten Firma Synovate Tanzania in der Wirtschaftsmetropole Daressalam der Presse vorgestellt.

Die repräsentative Umfrage wurde zwischen September und Dezember 2009 unter 2000 Personen in 21 tansanischen Regionen durchgeführt. Seit der letzten Befragung hätte sich offenbar die Belastung der Öffentlichkeit verschlechtert, und der gegenwärtige Trend sei "alarmierend", berichtete Jane Meela von Synovate. "The Citizen" schreibt, daß die Inflationsrate Tansanias zweistellig ist und nach Angaben der Bank of Tanzania im August 2009 bei 18,9 Prozent lag. Im Januar 2005 dagegen verzeichnete das Land eine Preissteigerung von lediglich 3,8 Prozent.

Seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise haben sich die Lebensverhältnisse der Tansanier verschlechtert und nicht wieder erholt. Während die Regierungen der Wohlstandsregionen Europa, USA und Japan ihre Banken, Versicherungskonzerne und sonstigen Großunternehmen mit Milliardensummen unterstützt haben und diese Verschuldung nun als fadenscheinige Begründung für eine bevorstehende extreme Belastung der einkommenschwachen Haushalte (und ganze Länder wie Griechenland) herangezogen wird, bekommen die Bewohner der relativ armen Länder des Südens die Folgen der Krise schon länger voll zu spüren. Eine erzwungene Reduzierung der Mahlzeiten hat bei Menschen tendenziell eine Abnahme ihrer Leistungsfähigkeit zur Folge, und zwar erstens weil Nahrungsentzug an der physischen Substanz zehrt und die Krankheitsanfälligkeit erhöht, und zweitens weil hungrige Menschen vermehrt mit der Nahrungsbeschaffung und in dieser Zeit mit nichts anderem befaßt sind.


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Anmerkungen:

[1] "Tanzania: Survey - Eight Million Locals Skip Meals", The Citizen (Dar es Salaam), 2. März 2010
http://allafrica.com/stories/201003020656.html

2. März 2010