Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → REDAKTION


AFRIKA/2122: Schwere Dürre in Äthiopien - UN muß bei Geberländern um Hilfe betteln (SB)


UN-Hilfsorganisationen warnen vor Hungersnot in Äthiopien


Äthiopien ist ein Land, das häufiger von schweren Dürren und Hungersnöten heimgesucht wird. Doch so staubtrocken wie in diesem Jahr war es in den letzten 30 Jahren nicht. Die akute Not über alle humanitären Sektoren hinweg übersteige sogar die der Dürre am Horn von Afrika im Jahr 2011, berichtete OCHA, das UN-Büro für die Koordination humanitärer Angelegenheiten. Im nächsten Jahr werde sich die Lage voraussichtlich noch deutlich verschlechtern. [1]

Zur Zeit baut sich im äquatorialen Pazifik eine gravierende El-Niño-Lage aus, was zur Folge hat, daß sich weltweit die Klimaverhältnisse umkehren und katastrophale Entwicklungen eintreten. Für Ostafrika bedeutet das typischerweise Dürre, und die trifft bereits auf eine sehr angespannte Situation, weil die Regenzeit im Frühling kaum Niederschläge gebracht hat und der Sommer sehr trocken war. Nach Angaben von OCHA sind nun sechs Regionen Äthiopiens akut von Ernährungsunsicherheit, Unterernährung und Viehsterben betroffen.

Andere Landesteile wie beispielsweise die Shabelle-Region im Süden sind zudem von Überschwemmungen bedroht. Dort sind Flüsse über die Ufer getreten, so daß mehrere hundert Einwohner fliehen mußten.

OCHA hat sich an die Geberländer gewandt und um Hilfe für Äthiopien gebeten. Die wurde auch zugesagt oder wird teilweise geleistet, bleibt jedoch bislang unterhalb dessen, was die UN-Organisationen benötigen oder in naher Zukunft benötigen werden. Den Erfahrungen nach bleibt die internationale Hilfe in vielen Fällen für Länder, die von einer Naturkatastrophe heimgesucht werden, weit unterhalb der Mindestanforderungen der Hilfseinrichtungen. Oftmals werden Zusagen gemacht, aber nicht eingehalten. Oder aber Staaten disponieren Entwicklungshilfe um, was faktisch bedeutet, daß sie gekürzt wird, sobald irgendwo eine akute Notlage eintritt, für die Hilfe benötigt wird. So werden die Empfängerländer auch noch gegeneinander ausgespielt.

Während des El-Niño-Jahrs 2002 wurde ein großer Teil der erforderlichen Nahrungsmittelhilfe für Äthiopien nicht vor Ende Februar 2003 geliefert, was zu einer Verdopplung der moderaten und der schweren akuten Unterernährungsrate geführt und die Kosten für ihre Behebung verdreifacht hat gegenüber den Präventionskosten, berichtete OCHA.

Anscheinend will die UN-Hilfsorganisation mit dieser Bilanz bei den von ökonomischen Interessen beherrschten Geberländern erreichen, daß diese schneller auf eine akute Notlage reagieren. Nicht erwähnt wird jedoch, daß aufgrund der Verzögerung der Hilfslieferungen Menschen gesundheitlich geschädigt werden oder sterben. Unterernährung schwächt den Organismus, ebenso wie sie die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten von Heranwachsenden beeinträchtigt. Das bedeutet, daß die Geberländer eine Politik betreiben, die nicht nur darauf abzielt, die Bevölkerung in den Ländern des Südens am langen Arm hungern zu lassen, sondern die ihnen auch langfristig Entwicklungsmöglichkeiten vorenthält. Wobei die äthiopische Regierung mit ihrer starken landwirtschaftlichen Exportorientierung, das heißt mit dem Anbau von "cash crops", dazu beiträgt, daß die Ernährungssouveränität der Bauern geschwächt wird, sobald Naturkatastrophen die Ernte vernichten.

Obwohl die UN-Hilfsorganisationen wiederholt darauf gedrängt haben, daß sie ein festes, ausreichend hohes Budget erhalten, damit sie nicht Jahr für Jahr immer wieder um Hilfe betteln müssen, wird dies verweigert. Das Brechen von Zusagen, die Verzögerung der Nothilfe und die Kürzung der regulären Entwicklungshilfe, wenn ein Notstand behoben werden soll, haben System. Mit diesem Vorgehen sichern und stabilisieren die Geberstaaten ihre privilegierte Position gegenüber den Empfängerstaaten.


Fußnoten:

[1] http://allafrica.com/stories/201510280888.html

28. Oktober 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang