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AFRIKA/2152: Es könnten noch viele Boko Haram entstehen (SB)


Nigeria - Einsatz von Kindern als Selbstmordattentäter hat zugenommen


Die islamistischen Milizen von Boko Haram setzen immer mehr Kinder als Selbstmordattentäter ein. Vor allem Mädchen werden mit Sprengstoffgürteln ausgestattet und zu Märkten und anderen belebten Orten geschickt, damit sie sich dort in die Luft sprengen und dabei möglichst viele Menschen mit in den Tod reißen. Boko Haram, das in der Sprache der Hausa mit "westliche Bildung ist verboten" übersetzt werden kann, macht seit etwa Mitte des vorigen Jahrzehnts im muslimisch geprägten Norden Nigerias von sich reden. Inzwischen werden auch andere Länder in der Region wie Kamerun, Niger und Tschad von Boko Haram heimgesucht.

Im vergangenen Jahren waren 15 Mädchen und vier Jungen als Selbstmordattentäter eingesetzt worden, in diesem Jahr sind es bereits zum jetzigen Zeitpunkt 55 Mädchen und 28 Jungen. In einem Fall, so berichtete Unicef am Dienstag in Genf, mußte ein Mädchen ein Baby tragen und sich mit ihm in die Luft sprengen. Man kann vermuten, daß das Baby als Tarnung diente, da inzwischen das Mißtrauen in der Bevölkerung gegenüber Kindern wächst.

Auch vor dem Jahr 2009 hat Boko Haram Überfälle durchgeführt, die Gewalt eskalierte jedoch, nachdem im Juli jenes Jahres der Gründer der Gemeinschaft, Ustaz Mohammed Yusuf, im Gefängnis umgebracht worden war. Anschließend hat sich der Einflußbereich Boko Harams Jahr für Jahr vergrößert, und selbst wenn den Regierungstruppen mal ein Gegenschlag gelang und - so wie in jüngster Zeit - die Milizen zurückgedrängt werden, kann man die Uhr danach stellen, daß dies durch noch größere Brutalität beantwortet werden wird.

Allein im nordostnigerianischen Bundesstaat Borno, wo die Milizen ihren Ursprung haben, wurden laut Einschätzung der Weltbank (2016) rund 30 Prozent von 3,2 Millionen Privathäusern zerstört. Auch zahlreiche Schulen, Polizeistationen, Gefängnisse, Verwaltungsgebäude, Brunnen, Überlandleitungen fielen der Vernichtung zum Opfer. Borno ist Kriegsgebiet. Zwei Millionen Einwohner haben ihre Heimat verlassen, wobei einige in Gebiete geflohen sind, die anschließend ebenfalls von Boko Haram heimgesucht wurden.

Die Brutalität und Rücksichtslosigkeit der Islamisten gegenüber anderen Menschen sucht ihresgleichen und fällt in die gleiche Kategorie wie die Kaltblütigkeit, mit der beispielsweise der Friedensnobelpreisträger Barack Obama seine Unterschrift zu Bombenangriffen aus dem Nichts - abgefeuert von Drohnen aus großer Höhe -, gegeben hat. Oder in die gleiche Kategorie wie die Unschuldsmiene, mit der die deutsche Regierung grünes Licht für den Export von Kleinwaffen aus deutschen Rüstungsschmieden erteilt, wohlwissend, daß mit Kleinwaffen genau das getan wird, wofür sie gebaut wurden: um Menschen zu töten.

Solche Waffen wurden zum Beispiel nach Saudi-Arabien geliefert, das zur Zeit im Bündnis mit anderen Staaten einen Vernichtungskrieg gegen die jemenitische Bevölkerung führt. Dabei leistet ihnen deutsche Wertarbeit "gute" Dienste.

Der amtierende US-Präsident Donald Trump ist noch nicht allzu lange Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte, aber er scheint in die Fußstapfen seiner Vorgänger George W. Bush junior und Barack Obama treten zu wollen. Hat er doch angekündigt, daß er die Truppen in Afghanistan aufstocken will und ihm nicht daran gelegen sei, einen Staat wieder aufzubauen, sondern Menschen zu töten.

Man würde es sich zu einfach machen, wollte man die Entstehung Boko Harams und dessen exzessiven Gewalteinsatz allein als Gegenreaktion auf den westlichen Kolonialismus zu erklären versuchen. Wenn sich jedoch Politiker vom Staatenaufbau verabschieden oder der Waffenproduktion keinen Riegel vorschieben, werden noch viele Boko Haram entstehen, und sie werden sich auch mit automatischen Waffen ausrüsten, um ihre Interessen durchzusetzen.

24. August 2017


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