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AFRIKA/2161: Wasser - die eigene Hand ... (SB)



Vor wenigen Tagen hat Südafrika den Wassernotstand in Kapstadt zur nationalen Katastrophe erklärt. Damit werden jetzt staatliche Kräfte mobilisiert. Seit Jahren wird das Land von einer anhaltenden Dürre heimgesucht. Auch im Nachbarland Mosambik herrscht akuter Wassermangel. In dessen Hauptstadt Maputo wird seit Mittwoch der Verbrauch für rund 1,3 Millionen Menschen auf 40 Prozent reduziert, da Trinkwasserreservoire allmählich trockenfallen.

In beiden Ländern wird allerdings unverdrossen und intensiv Bergbau betrieben. Dabei werden riesige Mengen an Wasser verbraucht, beispielsweise um Staub zu binden oder Erze auszuwaschen. Zudem werden durch die Abwässer des Bergbaus Grundwasser, Seen und Fließgewässer so sehr mit Schadstoffen belastet, daß sie als Trinkwasserquelle unbrauchbar sind oder aufwendig gereinigt werden müssen. Von administrativen Einschränkungen des Bergbaus aufgrund der Wasserkrise in beiden Ländern ist nichts bekannt.

Der stellvertretende Direktor des mosambikanischen Notfallzentrums, Casimiro Abreu, rechnet damit, daß die Menschen in einigen Stadtvierteln Maputos anfangen werden, verschmutztes Wasser zu nutzen, und daß deswegen vermehrt Durchfallerkrankungen wie Cholera auftreten werden. [1] Ein für die Versorgung Maputos wichtiger Stausee ist nur noch zu 19 Prozent gefüllt. Da in den ersten drei Monaten dieses Jahres - auf der Südhalbkugel herrscht zur Zeit Hochsommer -, nur mit geringen Niederschlagsmengen zu rechnen ist, droht der Pegel des Stausees weiter zu fallen.

Weiter westlich, in Südafrika, sieht es nicht besser aus. Auch wenn die Metropole Kapstadt inzwischen den "Day Zero" [2], an dem die Behörden von der öffentlichen Trinkwasserversorgung auf eine Notversorgung an 200 Ausgabestellen (für jeden sind dann nur noch 25 Liter pro Tag vorgesehen) umschalten müssen, von April, auf Mai und schließlich Anfang Juni verschoben hat, bleibt die Lage weiter angespannt.

Südafrika verfügt über zahlreiche Bergbauminen, die tiefer im Landesinnern liegen. Hier werden Steinkohle, Gold, Platin, Silber und weitere Industriemetalle abgebaut. Nach Angaben der Umweltorganisation WWF verbraucht eine einzige Goldmine schätzungsweise 100.000 bis 140.000 Liter Wasser pro Stunde. Alle Minen Südafrikas zusammengenommen pumpen rund 70 Mio. Liter Grundwasser täglich an die Oberfläche. [3]

Das ist ein Verbrauch, der von den Behörden nicht ernsthaft in Frage gestellt wird. Der Bergbau ist so etwas wie eine heilige Kuh, er darf nicht angetastet werden, beruht doch das Wirtschaftsmodell des Landes wesentlich darauf, Rohstoffe abzubauen und auszuführen. Da südafrikanische Bergbauunternehmen in Konkurrenz zu anderen Weltmarktakteuren stehen, die in ihren jeweiligen Länder ebenfalls von den Regierungen umhegt und gepflegt werden, tastet die südafrikanische Regierung die wasserverbrauchsintensive Industrie bislang nicht an.

Als äußerst problematisch erweisen sich auch die toxischen Hinterlassenschaften des seit über hundert Jahren betriebenen Bergbaus. Mittlerweile sind in Südafrika rund 6.000 Minen stillgelegt und werden mehr schlecht als recht gesichert. Meist laufen die Stollen und Schächte voll Wasser. Dabei werden Uran, Mangan, Aluminium und Zink, um nur einige Elemente zu nennen, ausgewaschen und wandern in den natürlichen Wasserkreislauf. Auch Quecksilber und Cyanid, die bei der Goldgewinnung anfallen, gefährden Grund- und Oberflächenwasser nachhaltig. [4]

Die Verhältnisse in Mosambik, in dem die herrschenden Interessen daran arbeiten, den wirtschaftlichen Vorsprung Südafrikas einzuholen, sehen ähnlich aus. Zu den wichtigsten Exportgütern des Landes gehören Steinkohle, Gold, Schwermineralsande, Graphit, Tantal, Erdgas und Titan. Die Regierung vergibt recht freizügig Schürflizenzen und steckt als treibende Kraft hinter den unterschiedlichsten Formen von Land Grabbing. Nicht wenige Einwohner, die davon nicht unmittelbar betroffen sind und nicht vertrieben werden, werden geschädigt, da ihnen von den Konzernen das Wasser abgegraben wird.

Die in Mosambik lebende Dipti Bhatnagar von der Umweltorganisation Friends of the Earth International, die gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur angeht, stellt fest: "Die ganzen antikolonialen Kämpfe, die wir in Afrika und Asien hatten, haben - so beeindruckend sie auch waren - einen entscheidenden Schritt ausgelassen. Denn am Ende wurde das koloniale System nur übernommen, anstatt es komplett zu transformieren. So nutzen wir heute, nach vielen Jahren der erreichten Unabhängigkeit, immer noch dieselben kolonialistischen Kooperationen und Banken, die unsere Leute ausbeuten und ihrer Lebenswürde berauben." [5]

Südafrikas Regierungspartei ANC hat diese Woche Staatspräsident Jacob Zuma, gegen den zahlreiche Korruptionsvorwürfe erhoben werden, zum Rücktritt gedrängt. Sein Nachfolger im Amt, Cyril Ramaphosa, ist Multimillionär und hat eine äußerst zwielichtige Rolle beim berüchtigten Marikana-Massaker gespielt. Am 16. März 2012 waren 34 streikende Bergarbeiter der Lonmin-Platinmine von der Polizei erschossen worden. Ramaphosas Wahl sieht ganz und gar nicht danach aus, als würde Südafrika das "koloniale System" überwinden.

Der Wassernotstand im südlichen Afrika ist eine Folge ausbleibender Niederschläge. Aber nicht nur. Südafrika und Mosambik, zwei Staaten, in denen immer wieder und immer öfter Dürre herrscht, hätten es durchaus in der Hand, anders mit dem Problem umzugehen, als sie es tun. Damit verbunden wäre ein Wandel sowohl der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen als auch der individuellen Konsumgewohnheiten. Wobei man zu dem im Zusammenhang mit dem Wassermangel in Kapstadt häufiger zu vernehmenden Vorwurf, die Einwohner nähmen den Alarmruf der Behörden nicht ernst, nur sagen kann, daß jede Gesellschaft die Individuen verdient, die sie hervorbringt.

In beiden Staaten haben Befreiungskämpfe wesentlich dazu beigetragen, die Kolonialzeit zu überwinden. Allerdings haben sich Südafrika und Mosambik anschließend in einer vielleicht noch tieferen Abhängigkeit wiedergefunden, die einen Widerstand erst gar nicht aufkommen läßt, und sich mit ihr arrangiert. Nun konkurrieren sie auf dem Weltmarkt miteinander, und die soziale Frage bleibt vollends auf der Strecke. Im südlichen Afrika können einige ihre Schwimmbäder nicht mehr füllen, andere ihre Kochtöpfe ...


Fußnoten:

[1] http://www.spacedaily.com/reports/Drought_forces_Mozambique_capital_to_ration_water_999.html

[2] http://schattenblick.de/infopool/umwelt/redakt/umkl-634.html

[3] https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Wasserrisiko_Fallbeispiel_Bergbau_Suedafrika.pdf

[4] http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0026.html

[5] http://schattenblick.de/infopool/buerger/report/brri0136.html

16. Februar 2018


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