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AFRIKA/2200: Energie - Fehlprognose ... (SB)



Afrikanische Länder wie Sambia und Simbabwe haben auf Wasserkraft zur elektrischen Energiegewinnung gesetzt. Doch der Sambesi und andere Flüsse der Subsaharastaaten führen zeitweise nur noch geringfügige Mengen Wasser. Nun mangelt es in den Ländern an elektrischer Energie, um die Industrie und Haushalte zu versorgen und jene "nachholende Entwicklung" zu vollziehen, die den Ländern von internationalen Geldgebern versprochen worden war.

Der Klimawandel wird die Situation weiter verschärfen. Afrika ist nur zu einem Bruchteil elektrifiziert, dennoch müßten jetzt schon die bestehenden Stromversorgungsstrukturen neu ausgerichtet werden, was enorme Finanzmittel erfordert, die nicht zur Verfügung stehen. Diese ökonomische Not bringt die afrikanischen Länder in eine noch engere wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von den Investoren, beispielsweise Frankreich, das Vereinigtes Königreich, USA, China. Der Klimawandel wird diesen Trend verstärken, sofern es nicht gelingt, die Stromversorgung zu diversifizieren.

Von der gegenwärtigen Dürre im südlichen Afrika, der zweiten innerhalb der letzten fünf Jahre, sind die Binnenstaaten Sambia und Simbabwe besonders schwer betroffen. Der Grenzfluß Sambesi führt nur wenig Wasser, dementsprechend gering ist die Leistung des dortigen Wasserkraftwerks vom Kariba-Staudamm. Das staatliche sambische Energieversorgungsunternehmen Zesco teilte laut Reuters mit, daß der Strommangel im Land von 750 MW im September auf 810 MW im November zugenommen hat. Bis Ende nächsten Jahres wolle man zumindest 700 MW zusätzlich bereitstellen, um den Mangel auszugleichen. [1]

Eigentlich könnte Wasserkraft eine ausgezeichnete Energiegewinnungsform sein, sofern ein Stausee sozial- und umweltverträglich angelegt wird. Der Schwerkraft folgend fließt Wasser bergab, treibt dabei Turbinen an, die elektrische Energie generieren, die ins Stromnetz eingespeist wird. Dabei werden so gut wie keine Treibhausgase emittiert, und die Länder sind von keinen teuren Energieimporten abhängig.

Das Wasserkraftpotential der afrikanischen Länder ist nur zu rund sieben Prozent ausgeschöpft, und doch dürfte die eine oder Regierung hinsichtlich der Erwartungen an diese kostengünstige und saubere Energiequelle vorsichtiger geworden sein. Denn so wie man vom Ressourcenfluch spricht, wenn eine Regierung seine Haupteinnahmen aus dem Erlös vornehmlich einer einzigen Ressource generiert - beispielsweise Niger durch Uran, Angola durch Erdöl - und deshalb die Fluktuationen der Weltmarktpreise empfindlich zu spüren bekommen, könnte man auch von einem Wasserkraftfluch sprechen. Der Ressourcenfluch birgt zwar noch weitere Aspekte, aber daß die elektrische Energieversorgung von Äthiopien, Demokratische Republik Kongo, Malawi, Mosambik, Namibia und Sambia zu über 90 Prozent auf Wasserkraft beruht, kann dann zu einem Fluch werden, wenn wie im Jahr 2015/16 die globale Klimaumkehr mit der Bezeichnung El Niño eintritt und im südlichen Afrika kaum Regen fällt.

Bei Dürre sinken die Pegelstände der Stauseen, und die Energie muß landesweit rationiert werden. Außerdem liegen viele der genannten und weitere Länder, die ebenfalls einen hohen Anteil von Wasserkraft in ihrem Energiemix haben, in Klimazonen mit gleichem Niederschlagsmuster. Bleibt der Monsun aus, leiden gleich mehrere darunter. Wenn es beispielsweise in Malawi wenig regnet, steht auch Mosambik weniger Wasser zur Verfügung. Darüber hinaus haben viele Staaten ihre Wasserkraftwerke an denselben großen Flüssen - beispielsweise Sambesi, Nil und Kongo - errichtet. Das führt zu der Situation, daß beim Auftreten von Dürre in einem Land meist auch die Nachbarstaaten nicht aushelfen können, weil sie gleichfalls von ihr betroffen sind. Im Falle Sambias liefert zur Zeit Südafrika Strom, obgleich es selber auch immer wieder unter Strommangel leidet.

Ähnlich wie Atomkraftwerke sind Wasserkraftwerke eine zentralistische Energiegewinnungsform, die durchaus störanfällig ist. Die Weltbank, USAID, europäische Kreditinstitute und nicht zuletzt China sowie eine Reihe weiterer Akteure fördern den Ausbau der Wasserkraft in Afrika und verdienen selbst ganz gut dabei. Manchmal kommt es zu recht bizarren Situationen. So deckt der Bujagali-Staudamm am Weißen Nil den Strombedarf Ugandas zu 50 Prozent ab. Obwohl der Staat im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft gemeinsam mit dem privaten Anbieter Bujagali Energy Limited an der Stromproduktion beteiligt ist und der Strom zu 2 Cent pro Kilowattstunde produziert wird, mußte Uganda im Jahr 2015 den Strom für 11 Cent die Kilowattstunde zurückkaufen, wie "Le Monde diplomatique" berichtete. [2]

In anderen Wasserkraftprojekten ist es gelungen, Unternehmen des Globalen Nordens zu installieren, so daß Länder wie Frankreich gut an der Energieproduktion in afrikanischen Ländern verdienen. Die Chance, daß solche ökonomischen Abhängigkeiten sowie Risiken aufgrund des Klimawandels aufgefangen werden, besteht beim Ausbau des Elektrifizierung Afrikas wohl am ehesten in dezentralen Energiesystemen, die jedoch unter maßgeblicher Verantwortung örtlicher Gemeinden installiert werden müßten. Wasserkraftwerke sind auf dem Papier gut, aber zeigen in der Praxis dramatische Schwachpunkte.


Fußnoten:

[1] https://www.reuters.com/article/us-zambia-electricity/zambias-power-supply-deficit-worsens-as-water-levels-sink-idUSKBN1YG1DZ

[2] https://monde-diplomatique.de/artikel/!5480793

13. Dezember 2019


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