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ASIEN/581: Die Rohingya - verfolgt, verjagt, dem Meer überlassen (SB)


Staatenloses Volk - die Rohingya von Myanmar


Die Rohingya sind weder Bürger von Myanmar noch eine ethnische Gruppe aus Myanmar, sie sind illegale Einwanderer aus Bangladesch und sehen aus wie Menschenfresser, erklärte kürzlich der myanmarische Generalkonsul in Hongkong, General Ye Myint Aung, seinen rassistischen Vorstellungen hemmungslos freien Lauf lassend. [1] Mit dieser Ansicht dürfte er ein vorbildlicher Vertreter seiner Regierung sein, die die Rohingya aufs schwerste verfolgt. Die Lebensgrundlage dieser Bevölkerungsgruppe, die eine dunklere Hautfarbe als der Durchschnittsbirmese besitzt und muslimischen Glaubens ist, wird von der Regierung seit vielen Jahrzehnten systematisch zerstört. Folter, Zwangsarbeit, Reiseverbot und andere Repressionen sowie breit angelegte Militäroperationen im Hauptsiedlungsgebiet dieser Menschen in der Region Rakhine (Arakan) werden aus Myanmar regelmäßig berichtet. Rund 1,5 Millionen Rohingya leben bereits im Exil.

Immer mehr versuchen zu fliehen. An der Grenze zu Bangladesh leben rund eine Million und an der Grenze zu Thailand Hunderttausende Flüchtlinge in zumeist elenden Verhältnissen. Diese Menschengruppe wird jedoch nicht nur in ihrem Ursprungsland verfolgt, auch andere Länder wollen mit ihr nach Möglichkeit nichts zu tun haben. Die thailändische Armee hat in den letzten Monaten Schätzungen zufolge eintausend Bootsflüchtlinge der Rohingya aufgegriffen und in morschen Booten auf offener See ausgesetzt. Die Hälfte der Flüchtlinge ist verschwunden, wahrscheinlich ist sie ertrunken. Im Deutschlandfunk [2] sagte die Sprecherin des Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen UNHCR in Bangkok, Kitty McKinsey:

"Die thailändische Marine kann natürlich Boote daran hindern, an der thailändischen Küste zu landen. Aber was ihnen vorgeworfen wird ist, dass sie die Bootsflüchtlinge auf kleine Inseln gebracht, sie dort für einige Tage festgehalten und dann in Booten auf das offene Meer hinausgezogen haben sollen, ohne Trinkwasser und Lebensmittel und in Booten ohne Motor. Und was das bedeutet, kann man sich vorstellen."

Eine Abschiebung der Rohingya nach Myanmar ist für die Betroffenen lebensgefährlich. Es läßt sich leicht ausmalen, wie sie dort aufgenommen werden. Viele versuchen bis ins muslimische Malaysia zu gelangen, wo bereits 20.000 Rohingya eine kleine Minderheit bilden und die Löhne nicht ganz so niedrig sind. Viele landen aber auch in Bangladesh, auf den zu Indien gehörenden Inselgruppen Andamanen und Nikobaren, in Thailand oder in Indonesien.

Womöglich verschlechtern sich die Lebensverhältnisse in der Heimat der Rohingya. Denn es werden seit einigen Jahren immer mehr Flüchtlinge registriert, die ihr Land verlassen haben. Bevorzugter Zeitraum für die Flucht ist November bis April, weil dann die See am ruhigsten ist. Offiziellen Zahlen Thailands zufolge kamen 2005-2006 1225 Flüchtlinge an, im darauffolgenden Jahr 2763 und von 2007-2008 waren es schon 4886. [3]

Die Mißhandlung der Rohingya durch die thailändische Armee wurde von Touristen per Kamera aufgenommen. Das war einer der Gründe warum sich die ursprüngliche Behauptung der Militärs, daß es keine Mißhandlungen gebe, nicht aufrechterhalten ließ. Thailands Premierminister Abhisit Vejjajiva zeigte sich betroffen ob der ihm zu Ohren gekommenen Nachricht über die Mißhandlungen und kündigte eine Untersuchung an. [4] Wie wenig ernst es ihm damit ist, zeigt die Einsetzung ausgerechnet jener Einheit mit der Untersuchung, der maßgeblich die Mißhandlungen der Flüchtlinge zur Last gelegt wird. [2]

Man braucht als Bürger der Europäischen Union allerdings nicht bis nach Asien blicken, um auf solche menschenverachtenden und -vernichtenden Verhältnisse zu stoßen. Die EU wehrt im Mittelmeer und Atlantik laufend afrikanische Flüchtlinge ab, von denen bei der versuchten Überfahrt Jahr für Jahr Tausende ums Leben kommen. Daß dabei die Küstenwache der europäischen Grenzschutztruppe Frontex in Ländern wie Griechenland, Italien, Malta und Spanien nicht zimperlich ist, ist bekannt. Es gibt erwartungsgemäß keine Erhebungen darüber, wie viele Bootsflüchtlinge durch direkte Abwehrmaßnahmen der Frontex-Wachen an der europäischen Südgrenze ums Leben gekommen sind.

Im kommenden Monat soll das Problem der Rohingya auf dem ASEAN-Gipfel in Thailand thematisiert werden. Die Erwartungen, daß es zu mehr als Lippenbekenntnissen kommt, sind gering, da die Rohingya das letzte halbe Jahrhundert ständig verfolgt wurden. Neu ist hingegen, daß sich die anderen asiatischen Staaten von den Flüchtlingsströmen so belästigt fühlen, daß sie sich genötigt sehen, etwas zu unternehmen. Ob das tatsächlich zum Wohl der Rohingya sein wird, muß bezweifelt werden, allzu deutlich geht aus der Mißhandlung der notleidenden Menschen durch die thailändische Armee hervor, daß es sich hier um eine Volksgruppe ohne Schutz handelt.


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Anmerkungen:

[1] "Burma: Rohingya hässlich wie Oger", 12. Februar 2009
http://www.schoenes-thailand.de/burma/politik/burma-rohingya-haesslich -wie-oger.html

[2] "Thailändische Marine hat Bootsflüchtlinge aus Birma auf dem Meer ausgesetzt", Deutschlandfunk, 7. Februar 2009
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/einewelt/916251/

[3] THAILAND - MYANMAR, 14. Januar 2009

http://www.asianews.it/index.php?l=en&art=14213

[4] "Thai premier admits to Rohingya push-back at sea - Summary", 13. Februar 2009.
http://www.earthtimes.org/articles/show/255606,thai-premier-admits-to -rohingya-push-back-at-sea--summary.html

18. Februar 2009