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ASIEN/643: Krise um nordkoreanisches Atomprogramm entspannt sich (SB)


Krise um nordkoreanisches Atomprogramm entspannt sich

Wirtschaftliche Probleme zwingen Pjöngjang an den Verhandlungstisch


In der Außenpolitik kann die Regierung von US-Präsident Barack Obama nach etwas mehr als einem Jahr im Amt keine nennenswerten Erfolge vorweisen. Der Stillstand im sogenannten Nahost-Friedensprozeß hält an; die Konfrontation mit dem Iran verschärft sich; mit Japan gibt es Streit um US-Militärstützpunkte; der Krieg der NATO gegen die Taliban in Afghanistan nimmt an Heftigkeit zu; Peking und Washington liegen sich wegen angeblicher Hacker-Angriffe aus China auf Google-Rechner in Kalifornien und geplanter Waffenlieferungen des Pentagons an Taiwan in den Haaren; das EU-Parlament hat gegen das vom amerikanischen Sicherheitsapparat geforderte SWIFT-Abkommen über den praktisch ungehinderten Austausch von Finanztransaktionsdaten sein Veto eingelegt. Doch ungeachtet aller sonstigen außenpolitischen Gewitterwolken gibt es für das Weiße Haus und das State Department doch einen Lichtblick. Die Krise um das Atomprogramm Nordkoreas entspannt sich - nicht zuletzt wegen der schweren wirtschaftlichen Probleme des kommunistischen Staates, aber auch aufgrund der Abkehr des Demokraten Obamas von der aggressiven Megaphon-Diplomatie seines republikanischen Vorgängers George W. Bush.

In einer Entscheidung, die keine großen Schlagzeilen machte, jedoch sehr wohl von der Regierung in Pjöngjang mit Zufriedenheit registriert worden sein dürfte, hat Obama am 3. Februar verfügt, Nordkorea von der Liste derjenigen "Regime" zu streichen, die nach Lesart des US-Außenministeriums als "staatliche Sponsoren des Terrorismus" gelten. Zur Begründung des Schritts in Richtung Entspannung wurde auf eine geheime Expertise des State Department verwiesen, deren Autoren zu dem Schluß gekommen waren, daß Nordkorea, auch wenn man in den USA über Pjöngjangs zweiten Atomtest 2009 nicht glücklich sei, "die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien" für die Bezeichnung als "Terrorsponsor" nicht erfülle; schließlich habe das Land "seit vielen Jahren keinen Terroristen geholfen oder terroristische Taten durchgeführt" hieß es in einer entsprechenden Meldung der New York Times vom 4. Februar unter Verweis auf nicht namentlich genannte Mitarbeiter der Obama-Administration.

Seitdem gibt es wieder Bewegung in der Krise um das nordkoreanische Atomprogramm. Bei einem Treffen in Pjöngjang am 6. Februar bekannte sich Nordkoreas Staatschef Kim Jong-il gegenüber Wang Jiarui, dem Leiter der Abteilung internationaler Politik bei der Kommunistischen Partei Chinas, öffentlich zum Prinzip einer atomaffenfreien koreanischen Halbinsel und signalisierte damit die Bereitschaft seines Lands zur Rückkehr zu den sogenannten Sechsergesprächen mit China, Japan, Rußland, Südkorea und den USA. Kurz darauf fuhr Kim Kye Gwan, Nordkoreas Chefunterhändler bei den Sechsergesprächen, nach Peking zu einer dreitägigen Unterredung mit seinem chinesischen Amtskollegen Wu Dawei (Bei dieser Gelegenheit forderte Kim die Aufhebung jener Wirtschaftssanktionen, die gegen Nordkorea letztes Jahr nach einigen Raketentests verhängt worden waren, und ein offizielles Abkommen zur Beendigung des Koreakrieges - was die Aufnahme voller bilateraler diplomatischer Beziehungen zu den USA zur Folge hätte). Parallel zu den Gesprächen in der chinesischen Hauptstadt traf B. Lynn Pascoe, der Chef der politischen Abteilung der Vereinten Nationen, zu einem Besuch in Pjöngjang ein, wo er mit der Führung dort sowohl über den Atomstreit als auch über humanitäre Hilfe diskutierte. Nach einer mißlungenen Währungsreform Ende letzten Jahres befindet sich die nordkoreanische Wirtschaft in einer schweren Krise.

Am 11. Februar meldete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap aus Peking unter Verweis auf nicht identifizierte Quellen, daß der dort weilende, nordkoreanische Unterhändler Kim Kye Gwan demnächst in die USA reisen werde, um Gespräche mit Vertretern der Obama-Regierung zu führen. Dies wäre etwas Ungewöhnliches. Bisher beharren die USA auf dem Standpunkt, daß offizielle Treffen zwischen Vertretern Pjöngjangs und Washingtons bis zur endgültigen Beilegung des Atomstreits lediglich im Rahmen der Sechsergespräche stattfinden sollen. Seit der Amtseinführung Obamas hat es nur ein einziges bilaterales Treffen gegeben, als Stephen Bosworth, der US-Sonderbotschafter für Nordkorea, im Dezember für mehrere Tage nach Pjöngjang reiste. Sollte demnächst Kim Kye Gwan tatsächlich in die USA fliegen, um sich entweder in Washington oder bei den Vereinten Nationen in New York mit Vertretern der Obama-Regierung zu treffen, dürfte es bis zu einer Wiederaufnahme der Sechsergespräche nicht mehr lange dauern.

13. Februar 2010