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ASIEN/787: Obama lehnt Basketball-Diplomatie mit Nordkorea ab (SB)


Obama lehnt Basketball-Diplomatie mit Nordkorea ab

Weißes Haus stempelt Dennis Rodman quasi zum Vaterlandsverräter



Ostasien befindet sich derzeit in einer schwierigen Umbruchphase. In China, Japan, Nord- und Südkorea gibt es neue Staatsführungen, die gerade durch das Ausspielen der Karte der nationalen Sicherheit und das Schüren fremdenfeindlicher Ressentiments ihre Position zu festigen versuchen. Nirgendwo trifft dies deutlicher als in Nordkorea zu, wo der junge und unerfahrene Kim Jong-un das Erbe seines Vaters Kim Jong-il und seines Großvaters, des Staatsgründers Kim Il-sung, angetreten ist. Im Gegensatz zum neuen japanischen Premierminister Shinzo Abe und der neuen südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye beruht die Machtübernahme Kims nicht auf demokratischen Wahlen, sondern auf einer Blutlinie und byzantinischen Intrigen in Pjöngjang. Im Vergleich dazu mutet der Aufstieg Xi Jinpings zum neuen chinesischen Präsidenten wie ein Paradebeispiel für politische Transparenz an.

Von allen vier genannten Ländern ist Nordkorea mit Abstand der wirtschaftlich und militärisch schwächste Staat. Dort stehen zwar eine Million Soldaten unter Waffen, doch sollen diese wesentlich schlechter ausgerüstet sein als die 650.000 Militärangehörigen Südkoreas. Das kommunistische Nordkorea weist ein Bruttosozialprodukt auf, das 30 bis 40 Mal kleiner als dasjenige des kapitalistischen Südens ist. Das hängt nicht nur mit einer etwaigen Ineffizienz des nordkoreanischen Systems im marktwirtschaftlichen Sinne, sondern vor allem damit zusammen, daß das Land aufgrund der erklärten Feindschaft der USA seit Jahrzehnten mit allen möglichen Sanktionen belegt ist, die einen Handel mit der Außenwelt schwer bis unmöglich machen.

Häufig spricht man von Nordkorea aufgrund seiner Isolierung von der Außenwelt als einem "Eremitenreich", es wird dabei jedoch meistens vergessen, daß die Hauptverantwortung dafür, daß 60 Jahre nach Ende des Koreakrieges lediglich ein Waffenstillstand und kein Frieden auf der koreanischen Halbinsel herrscht, bei den Vereinigten Staaten liegt. Deren Interesse an der Aufrechterhaltung einer eigenen Militärpräsenz von mehreren Zehntausend Mann in Südkorea, die eine Art Brückenkopffunktion auf dem asiatischen Kontinent im allgemeinen und, da nur wenige hundert Kilometer von Peking entfernt, zu China im besonderen erfüllt, scheint niemals nachzulassen.

Darüber hinaus hält die nordkoreanische "Bedrohung" Südkorea und Japan in der Militärallianz mit den USA eingebunden, die sich hauptsächlich gegen die aufsteigende Supermacht China richtet. Von daher war es keine wirkliche Überraschung, als das Finanzministerium in Washington im September 2005 mit dem fadenscheinigen Vorwurf der Geldwäsche und der Dollarfälschung gegen die Nordkoreaner die gerade erzielte Einigung bei den Sechsergesprächen in Peking über die Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone auf der koreanischen Halbinsel torpedierte. Seitdem legt sich Nordkorea konsequent eine nukleare Abschreckungsfähigkeit zu, um die Amerikaner auf Abstand zu halten.

Als die Nordkoreaner jüngst am 12. Februar ihren dritten Atomtest durchführten, hagelte es Kritik aus den USA. Präsident Barack Obama kündigte "entschlossene Gegenmaßnahmen" an, ohne diese jedoch näher zu definieren. Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen denkt man auf Drängen Washingtons über weitere Sanktionen nach. Sogar die New York Times hat sich aus angeblicher Sorge um "Frieden" und "Stabilität" in der Welt mit dem erstaunlichen Vorschlag in die Debatte eingeschaltet, China und die USA sollten per völkerrechtlich illegalem Hackerangriff die nordkoreanischen Nuklearanlagen sabotieren, wie es die Amerikaner und Israelis vor einigen Jahren mittels des Computervirus Stuxnet mit den Atomanlagen des Iran getan zu haben behaupten.

Derweil schlägt dem früheren Basketball-Star Dennis Rodman, der Ende Februar für zwei Tage mit einer Filmcrew zu Besuch in Pjöngjang war und dort den neuen Machthaber Kim Jong-un getroffen hat, in der amerikanischen Öffentlichkeit nur Spott und Animosität entgegen. Während seines Aufenthalts in der nordkoreanischen Hauptstadt hat Rodman zusammen mit Kim einem Basketball-Spiel der Harlem Globetrotters beigewohnt. Anschließend lud Kim, der ein begeisterter Basketball-Fan ist, Rodman und Gefolge zu einem Fest in seiner Residenz ein.

Bei dieser Gelegenheit hat Kim Rodman auf Englisch darum gebeten, Obama auszurichten, daß Nordkorea keinen Krieg mit den USA wünsche und daß der Mann im Weißen Haus ihn anrufen solle, damit beide das Kriegsbeil begraben könnten. Obwohl die CIA und das State Department in Washington niemanden kennen, der dem neuen nordkoreanischen Machthaber Kim persönlich begegnet ist, will keine der beiden Behörden Rodman zu seinen Eindrücken in Pjöngjang befragen. Statt dessen wurde der einstige Paradiesvogel und Liebhaber von Popikonin Madonna vom Weißen Haus dafür gerügt, durch seine Präsenz in Nordkorea Reklame für das dortige Regime gemacht zu haben.

1971 hat ein Besuch der nationalen Tischtennismannschaft der USA in der Volksrepublik China den Weg für die Begegnung zwischen Richard Nixon und Mao Zedong und somit für die Beendigung des Kalten Krieges zwischen Washington und Peking freigemacht. Das Ereignis ging als "Pingpong-Diplomatie" in die Geschichte ein. 42 Jahre später will die politische Führung in Washington von der Basketball-Diplomatie Dennis Rodmans und einer möglichen Aussöhnung mit Nordkorea offenbar nichts wissen. Für die Hardliner in Pjöngjang, die das Schicksal Saddam Husseins und Muammar Gaddhafis vor Augen haben, ist die unversöhnliche Haltung der USA das beste Argument dafür, daß Nordkorea an der Atombombe festhalten sollte.

7. März 2013