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MILITÄR/800: Fliegende Laserwaffe der USA erfolgreich getestet? (SB)


Fliegende Laserwaffe der USA erfolgreich getestet?

Raketenabwehrbauer sorgen für Erfolgsmeldung an der Propagandafront


Mit dem ersten erfolgreichen "echten" Test seines luftgestützten Lasers in der Nacht vom 11. auf den 12. Februar meint das US-Militär rüstungstechnologisches Neuland betreten zu haben. Angeblich ist dadurch die Verwirklichung von Ronald Reagans Space Defence Initiative (SDI), der Kritiker bei ihrer Verkündung 1983 spöttisch den Spitznamen "Star Wars" ("Krieg der Sterne") verliehen, ein großes Stück nähergerückt. Doch angesichts der ganzen Geheimhaltung, Vernebelung und Datenmanipulation, die den Aufbau des amerikanischen Raketenabwehrsystems seit fast 30 Jahren begleiten, sollte man die jüngsten Jubelmeldungen aus dem Pentagon, der dort angesiedelten Missile Defense Agency (MDA) und der mit ihr zusammenarbeitenden Rüstungsunternehmen zum Thema Airborne Laser (ABL) mit Vorsicht genießen.

Für Außenstehende gibt es keine unabhängigen Angaben zu dem, was sich vor wenigen Tagen hoch über dem Pazifik ereignete. Fest steht, daß der erste angeblich erfolgreiche ABL-Test zu einer Zeit geschah, in der die Regierung Barack Obamas die Stationierungen diverser Abfangraketen in Osteuropa, am Persischen Golf und auf Taiwan entweder angekündigt hat oder bereits durchführt, aber in der jedoch durch das peinliche Scheitern eines erneuten Tests des Raketenabwehrsystems am 31. Januar wieder Fragen hinsichtlich dessen Funktionstüchtigkeit aufgekommen sind. Seit Jahren scheitern solche Tests, entweder weil die Raketen nicht abheben und in ihren Silos stecken bleiben oder die Sensoren des gegen Ende der jeweiligen Mission auszusetzenden Kill Vehicles, das in die feindlichen Raketen hineinrasen und diese zerstören soll, nicht funktionieren, oder weil - wie beim letzten Test - das X-Band-Radar, mit dem man das ganze Geschehen verfolgen und leiten können soll, aus bisher unerklärlichen Gründen ausfällt. Hinzu kommt, daß das Programm zum Bau des luftgestützten Lasers wegen der explodierenden Kosten fast vor dem Aus steht. Folglich könnte man auf die Idee kommen, die am ABL-Projekt beteiligten Militärs, Firmenmanager und Wissenschaftler hätten jüngst für einen wie auch immer herbeigeführten "Testerfolg" gesorgt, um das Ansehen des ganzen Raketenabwehrsystems wieder aufzupolieren und damit die Unverzichtbarkeit der eigenen Komponente unter "Beweis" zu stellen.

Vermutlich kann niemand mit Sicherheit sagen, wieviel Entwicklung und Bau des luftgestützten Lasers seit dem Projektbeginn 1996 eigentlich gekostet haben. Die bisherigen Ausgaben gehen jedoch mit Sicherheit in die Milliarden, die größtenteils an die beteiligten Rüstungsunternehmen Boeing, Lockheed Martin und Northrop Grumman flossen. Bereits am 5. November 2005 zitierte die Tageszeitung Orlando Sentinel einen anonymen, mit dem ABL-Projekt vertrauten Pentagon-Mitarbeiter mit dem vernichtenden Urteil: "Soweit meine Kenntnisse reichen, handelt es sich hier um eine der größen Fehlinvestitionen in der Geschichte des US-Verteidigungsministeriums. Es mag auch andere gegeben haben, aber diese hier gehört mit zu den absolut schlimmsten."

Im Mittelpunkt des ABL-Vorhabens steht der chemische Sauerstoff-Jod-Laser (Chemical Oxygen Iodine Laser - COIL) der Megawattklasse, mit dem man von einer umgerüsteten, in einer Höhe von 5000 bis 8000 Meter und in einer Entfernung von über 100 Kilometer fliegenden Boeing-747-Maschine aus eine feindliche Rakete kurz nach dem Abheben vom Boden, während des langsamsten Teils des Fluges und vor dem Eintritt in die obere Atmosphäre anstrahlen, die Außenhaut erhitzen und das Objekt schließlich zum Explodieren bringen können soll. Ursprünglich wollten sich die US-Militärs eine Flotte von 11 solcher Boeing-Flugzeuge anschaffen. Doch von diesem Ziel ist man schon lange abgerückt. Die technischen Probleme haben sich als zu umfangreich erwiesen.

Die Laserkanone ist unter anderem wegen der mitgeführten Stromquelle sowie der Kühlaggregate, welche die von dem Apparat entwickelten enormen Energiemengen ableiten, extrem groß und schwer. Nach 20 bis 40 Schuß - die Zahl hängt von der jeweiligen Einschaltdauer des Laserstrahls ab - müssen die Batterien wieder aufgeladen werden. Bis letztes Jahr plante man noch den Bau zweier Flugzeuge, damit man im Notfall - wie zum Beispiel bei der Aussicht auf den geplanten Start einer atomarbestückten Interkontinentalrakete des Irans oder Nordkoreas - immer einen Airborne Laser irgendwo in geographischer Nähe zur feindlichen Startrampe hätte kreisen lassen können. Im letzten Herbst hat Verteidigungsminister Robert Gates jedoch aus Haushaltsgründen die Gelder für die geplante zweite Maschine gestrichen. Also gibt es nur noch eine. Das ganze Unternehmen hängt mehr oder weniger am seidenen Faden.

Bei dem ersten "echten" Test hat man mit der luftgestützten Laserkanone eine seegestützte "feindliche" ballistische Rakete - das heißt, sie startete entweder von einem U-Boot oder einem Kriegsschiff der US-Marine; nähere Angaben wollte das Pentagon nicht machen - während der ersten Flugphase mit einem Laserstrahl beschießen und zum Explodieren bringen können. Dies wurde von der MDA offiziell als "revolutionärer Gebrauch der gerichteten Energie ... mit dem Potential, zahlreiche Ziele mit Lichtgeschwindigkeit über Hunderte von Kilometern und zu im Vergleich zu anderen Technologien niedrigen Kosten per versuchtem Abschuß anzugreifen", gefeiert. In der ganzen Erfolgsorgie ging praktisch unter, daß bei einem zweiten Versuch am selben Abend die Laserkanone die feindliche Rakete zwar anstrahlte, jedoch zu funktionieren aufhörte, bevor das Geschoß durch die übertragene Hitze zum Bersten gebracht werden konnte. Des weiteren darf nicht vergessen werden, daß der Gegner seine Raketen lediglich mit einer reflektierenden Beschichtung versehen muß, um die fliegenden US-Laserkanoniere schachmatt zu setzen und die Wirkung ihrer Wunderwaffe einfach verpuffen zu lassen. Angeblich verfügen die Raketen Rußlands bereits über nämliche Eigenschaft.

15. Februar 2010