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MILITÄR/860: USA errichten Radaranlage für Raketenabwehr in Katar (SB)


USA errichten Radaranlage für Raketenabwehr in Katar

Iraner und Amerikaner schaukeln sich derzeit gegenseitig hoch



An einen geheimen Ort in Katar errichtet das US-Militär seit einiger Zeit eine X-Band-Radaranlage als Teil eines Raketenabwehrsystems am Persischen Golf. Dies meldete am 17. Juli das Wall Street Journal unter Berufung auf Quellen im US-Regierungsapparat. Die Bekanntgabe der bereits angelaufenen Errichtung der hochmodernen und leistungsstarken US-Radaranlage in Katar erfolgte nur wenige Tage, nachdem der Iran im Rahmen eines großangelegten Manövers die Fähigkeiten seiner Raketenstreitkräfte auf die Probe stellte. Nach Angaben aus Teheran verlief das Kriegsspiel mehr als zufriedenstellend, was die Genauigkeit der Raketen und die Geschwindigkeit, mit der man die einzelnen Geschosse hintereinander abschießen kann - die sogenannte Feuerdichte -, betrifft. Schätzungen zufolge verfügen die iranischen Streitkräfte über 4.000 bis 5.000 Kurz- und Mittelstreckenraketen. Im Ernstfall hätten sie als Ziel die 35 Militärbasen der USA in der Region. Wegen des am 1. Juli in Kraft getretenen Embargos der EU für iranisches Öl und die weitreichenden Finanzsanktionen der USA gegen die Islamische Republik steigen die Spannungen im sogenannten "Atomstreit".

Im besagten Artikel des Wall Street Journal mit dem Titel "Pentagon bulks up defences in the Gulf" hieß es, der Aufbau der X-Band-Radaranlage in Katar, wo die USA mit rund 8.500 Militärangehörigen ihren größten Luftwaffenstützpunkt in der Region unterhalten, soll bis Ende diesen Monats abgeschlossen sein. Seit 2008 verfügen die USA auf dem Berg Keren in der israelischen Negevwüste über eine ähnliche Radarstation. Anfang 2012 wurde im Rahmen des NATO-Raketenschirms für Europa eine weitere von US-Soldaten bediente Anlage im Osten der Türkei in Betrieb genommen. Zweck jener Installationen ist es, frühzeitig den Start ballistischer Raketen bis weit im Innern des Irans zu registrieren, deren Flugbahn zu verfolgen und Daten für die Zielerfassung der satellitengesteuerten Abfangraketen zu liefern.

In diesem Zusammenhang berichtete das Wall Street Journal zusätzlich von Plänen des Pentagons, in den kommenden Monaten die Raketenabwehrsystemkomponente Terminal High Altitude Area Defence (THAAD) an den Persischen Golf zu verlegen. Als Stationierungsort werden die Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) gehandelt. Bei THAAD handelt es sich um einen bodengestützten Werfer für Abfangraketen, die Mittel- und Langstreckenraketen hoch oben in der Atmosphäre vernichten sollen. Das System verfügt über eine Reichweite von 1050 Kilometer. Zum Aufbau des US-Raketenabwehrsystems am Persischen Golf wurde im WSJ-Bericht ein nicht namentlich genannter, ranghoher Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums mit den Worten zitiert: "Wir bemühen uns, es so schnell wie möglich einsatzfähig zu machen". Gleichwohl wollte die Person von einem "Wettlauf, um auf einen bevorstehenden Konflikt vorbereitet zu sein" - zum Beispiel mit dem Iran - nichts wissen.

Dessen ungeachtet laufen die Vorbereitungen des Pentagons auf den eventuellen Versuch der Iraner, die für den internationalen Öltransport enorm wichtige Straße von Hormus teilweise oder ganz zu sperren, auf Hochtouren. So hat das US-Verteidigungsministerium am 16. Juli für Mitte September das Manöver International Mine Countermeasures Exercise 2012 angekündigt. An diesem größten Antiminenkriegsspiel der Geschichte sollen Verbände aus insgesamt 20 Nationen teilnehmen. Im Mittelpunkt der Übung steht nach offiziellen Angaben "die hypothetische Drohung, die internationalen Wasserstraßen des Mittleren Ostens zu verminen". Gemeint sind das Rote Meer, der Golf von Aden, der Golf von Oman und der Persische Golf. Auf der Pressekonferenz hob Pentagon-Sprecher Charles Little gegenüber Journalisten den defensiven Charakter des Manövers hervor. Er behauptete, das Kriegsspiel sei "kein Signal an den Iran", sondern diene lediglich dazu, die "Fähigkeiten" der US-Streitkräfte und deren "Zusammenarbeit" mit den arabischen "Koalitionspartnern" in der Region zu steigern.

Als die New York Times am 3. Juli unter der Überschrift "U.S. Adds Forces in Persian Gulf, a Signal to Iran" über die Verlegung von amerikanischen Kampfjets vom Typ F22 und F15 an den Persischen Golf sowie die Verdoppelung der Zahl der dort befindlichen Minensuchboote der US-Marine berichtete, äußerte sich ein namentlich nicht genannter, ranghoher Mitarbeiter des Pentagons zur Möglichkeit der versuchten Blockade der Straße von Hormus durch die iranischen Revolutionsgarden etwas deutlicher: "Unsere Botschaft an den Iran lautet, 'Denken Sie nicht einmal dran. Erwägen sie nicht, die Wasserstraße zu schließen. Wir werden die Minen räumen. Denken sie nicht daran, ihre Schnellboote loszuschicken, um unsere Schiffe oder den Schiffshandel zu bedrängen. Wir werden sie auf den Grund des Golfs schicken.'"

Ihrerseits geben sich die Iraner ebenfalls recht selbstbewußt. Wie die Agence France Presse am 17. Juli berichtete, erklärte der Stellvertretende Oberbefehlshaber der Marinestreitkräfte der Revolutionsgarden, General Mahmoudi Fahimi, auf die Ankündigung des von den USA geleiteten Antiminenmanövers, gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur Fars folgendes: "Die Amerikaner prahlen mit vielen Sachen, doch in der Praxis stehen sie vor schwierigen Problemen. ... Schauen Sie, wie schwach sie sind. Sie wollen minensuchende Unterwasserdrohnen benutzen. Hätten sie die Fähigkeiten, würden sie das Minenräumen mit bemannten Systemen durchführen." Fahimi prahlte selbst mit der Behauptung, der Iran sei "ein Meister im Minenbau" und verfüge über eine "unschlagbare Fähigkeit, verschiedene Minentypen in Massenproduktion herzustellen."

20. Juli 2012