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NAHOST/1168: Israel und USA fällt der Terrorvorwurf auf die Füße (SB)


Israel und USA fällt der Terrorvorwurf auf die Füße

Rußland und Iran lassen sich auf die Doppelmoral des Westens nicht ein



Wenn es darum geht, den Vorwurf des "Terrorismus" zu erheben oder sich als Opfer desselben zu positionieren, sind die USA und Israel immer ganz vorne an. Die Gewalt, die ihre Streitkräfte Zivilisten antun, fällt niemals ins Gewicht, sondern wird stets als unvermeidlicher, einem höheren und ethischen Ziel dienender "Kollateralschaden" verbucht. Dies trifft ebenso für die mehr als 1000 getöteten palästinensischen Zivilisten bei der israelischen Bombardierung des Gazastreifens zur Jahreswende 2008/2009 zu, wie für die rund 6000 gefallenen, unbewaffneten Bewohner der irakischen Rebellenhochburg Falludschah bei deren brutalen Rückeroberung durch US-Marineinfanteristen im November 2004. Unvergessen bleibt bis heute der berüchtigte Spruch Madeleine Albrights, als die damalige UN-Botschafterin Bill Clintons 1996 im Interview für die CBS-Nachrichtensendung "60 Minutes" gegenüber Moderatorin Leslie Stahl den durch das maßgeblich auf Betreiben Washingtons aufrechterhaltene Handelsembargo verursachten Tod von geschätzten 500.000 irakischen Kindern rechtfertigte: "Der Preis - wir meinen, daß der Preis es wert ist."

Für die Regierung Barack Obama vertritt heute Susan Rice die USA im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Ihre Auftritte dort sind nicht weniger durch Doppelmoral geprägt als diejenigen ihrer Vorgängerin Albright. Rice hat zum Beispiel letztes Jahr, als es darum ging, Stimmung für ein militärisches Eingreifen der NATO in Libyen zu erzeugen, die Legende in die Welt gesetzt, Muammar Gaddhafis Truppen bekämen extra Viagra zugeteilt, damit sie gefangengenommene Aufständische, Oppositionelle und deren Frauen vergewaltigten. Bis heute hat es nicht den geringsten Beweis für die Richtigkeit dieser spektakulären, damals bei der Dämonisierung Gaddhafis und seiner Anhänger sehr wirkungsvollen Behauptung gegeben. Beim aktuellen Versuch der USA und ihrer Verbündeten, einen erneuten "Regimewechsel" in der arabischen Welt, diesmal in Syrien, zu erzwingen, erhebt Rice einen schweren Vorwurf nach dem anderen gegen Damaskus, von denen die meisten eher der Trickkiste der "psychologischen Kriegsführung" entstammen als daß sie die realen Kriegsgeschehnisse wiedergeben.

Vor allem gegen die UN-Vetomächte China und Rußland wettert Rice seit Wochen unablässig, weil Peking und Moskau für eine friedliche Beilegung des Konfliktes eintreten und einem von den Vereinten Nationen mandatierten Eingreifen der NATO im Wege stehen. Den Dauertiraden der amerikanischen UN-Botschafterin überdrüssig, hat der Kreml vor wenigen Tagen gekontert. Außenminister Sergej Lawrow warf Rice und der Obama-Regierung vor, den "Terrorismus" zu unterstützen, wenn es den Zwecken Washingtons dient. Anlaß der lawrowschen Schelte war der Bombenanschlag am 18. Juli, dem drei führende Mitglieder der syrischen Regierung, Verteidigungsminister General Rajha, Ex-Verteidigungsminister General Hassan Turkmani und der Geheimdienstchef und Schwager von Präsident Bashar Al Assad, Assef Shahkat, zum Opfer fielen und den zu verurteilen die US-Regierung demonstrativ nicht für nötig hielt.

Am 25. Juli ging Lawrow vor Reportern mit der US-Diplomatie scharf ins Gericht: "Das ist doch eine schreckliche Position. Ich kann nicht einmal die Worte finden, um klarzustellen, wie wir fühlen. Das ist doch eine direkte Rechtfertigung des Terrorismus. Wie soll man das ansonsten verstehen?" Lawrow griff Rice direkt an, weil sie nach besagtem Anschlag behauptet hatte, inzwischen müßten Rußland und China der von ihnen zuletzt blockierten Syrien-Resolution der USA, Frankreichs und Großbritanniens im UN-Sicherheitsrat doch noch zustimmen. Dazu der langjährige russische Außenminister: "Mit anderen Worten bzw. in einfachem Russisch heißt das, 'wir [die Vereinigten Staaten - Anm. d. SB-Red.] werden weiterhin solche terroristischen Taten unterstützen, solange der UN-Sicherheitsrat nicht das tut, was wir wollen'."

Am selben Tag kam es im UN-Sicherheitsrat zu einem heftigen Wortgefecht zwischen den Botschaftern Israels und des Irans, Haim Waxman respektive Mohammad Khazaee. Waxman beschuldigte die Regierung in Teheran öffentlich, hinter dem Bombenanschlag zu stecken, der eine Woche zuvor im bulgarischen Badeort Burgas fünf israelischen Touristen das Leben kostete. Den Vorwurf wies Khazaee energisch zurück: "Wir haben niemals solche abscheulichen Verbrechen an unschuldige Menschen begangen und werden es auch in der Zukunft nicht tun."

Der iranische UN-Vertreter bezeichnete es als "erstaunlich, daß nur wenige Minuten nach dem terroristischen Anschlag israelische Regierungsvertreter erklärten, daß der Iran dahintersteckte." Er warf der Regierung Benjamin Netanjahus vor, selbst den Anschlag an der bulgarischen Schwarzmeerküste durchgeführt zu haben, um den Iran in der Weltöffentlichkeit an den Pranger stellen zu können. "Eine solche terroristische Operation kann nur vom selben Regime geplant und ausgeführt worden sein, dessen kurze Geschichte voller staatlicher Terroranschläge und Attentate ist, die für kurzfristige politische Zwecke andere in Verdacht bringen sollen." Die Beschuldigung Teherans ist nicht völlig von der Hand zu weisen, bedenkt man die Lavon-Affäre in Ägypten in den fünfziger Jahren oder die Schreckenstaten der vom Mossad unterwanderten Abu-Nidal-Gruppe in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts.

30. Juli 2012