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USA/1213: Obama beteiligt sich an der Vertuschung von 9/11 (SB)


Obama beteiligt sich an der Vertuschung von 9/11

Washington zieht erneut saudische Aristokraten den eigenen Bürgern vor


Als sich nach den Flugzeuganschlägen auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Arlington am 11. September 2001 die schockierte amerikanische Öffentlichkeit um eine Erklärung an die eigene Regierung wandte, erhielt sie aus Washington die folgende: 19 Selbstmordattentäter, die allermeisten von ihnen Staatsangehörige Saudi-Arabiens, hätten im Auftrag des saudischen Exilanten Osama Bin Laden den schrecklichen Massenmord begangen. Als es darum ging, irgend jemanden für den 11. September zur Verantwortung zu ziehen, ignorierte die Regierung von George W. Bush die zahlreichen Hinweise, die auf eine Beteiligung saudischer Bürger und eventuell sogar staatlicher saudischer Stellen an der 9/11-Operation hindeuteten, komplett und ließ statt dessen Ende 2001 Afghanistan und im Frühjahr 2003 den Irak angreifen und erobern - und das ungeachtet der Tatsachen, daß erstens die damals in Afghanistan regierenden Taliban angeboten hatten, nach der Vorlage entsprechender Beweismittel Bin Laden an ein Drittland auszuliefern, und daß zweitens das "Regime" Saddam Husseins weder über Kontakte zu Al Kaida noch über "Massenvernichtungswaffen" verfügte, die es dem islamistischen "Terrornetzwerk" hätte überlassen können.

In den ersten Wochen und Monaten nach den Flugzeuganschlägen tauchten jede Menge Informationen auf, die den Verdacht einer Verwicklung Riads in den spektakulärsten "Terroranschlag" der Geschichte nährten. Da waren zum Beispiel die seltsamen Flügen, mittels derer in den ersten Tagen nach dem 11. September 2001 rund 160 reiche Saudis, darunter auch enge Verwandte des angeblichen Hauptverdächtigen Osama Bin Laden, mit Sondermaschinen und nach nur einer kursorischen Befragung durch das FBI aus den USA herausgebracht wurden. Um diese seltsame Episode ranken sich bis heute die Legenden. Presseberichten zufolge war es Kronprinz Bandar Bin Sultan Bin Abdul Asis, der damalige saudische Botschafter in Washington und heutige Nationale Sicherheitsberater in Riad, dessen Verbindungen zur Familie Bush bekannt sind, der mit einer persönlichen Bitte an den US-Präsidenten in Washington die Start-Genehmigung für die Flüge bewirkte.

Der Bush-Familienfreund machte wieder Schlagzeilen, als Michael Isikoff in der Newsweek-Ausgabe vom 22. November 2002 berichtete, das FBI sei Hinweisen auf der Spur, wonach der Aufenthalt in San Diego zwei Jahre zuvor von Khalid Al Midhar und Nawaz Al Hazmi, zwei der 19 mutmaßlichen 9/11-Hijacker, mit Geldern bezahlt wurde, die von einem Konto von Bandars Frau, Prinzessin Haifa Al Faisal, stammten. Solche brisanten Informationen wie diese sind vermutlich der Grund, warum in dem Ende 2002 veröffentlichten, gemeinsamen Untersuchungsbericht der Geheimdienstausschüsse von Repräsentantenhaus und Senat jene 27 Seiten, die sich speziell mit der Rolle Saudi-Arabiens und seiner Staatsangehörigen befaßten, geschwärzt waren.

Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, daß die Opferfamilien des 11. September seit Jahren auf juristischem Wege versuchen mehr über die Verwicklung Saudi-Arabiens in die Ermordung ihrer Angehörigen zu erfahren. Bedenkt man die engen geschäftlichen Beziehungen zwischen der Bush- und der Saud-Familie wundert es auch nicht, daß die letzte US-Regierung in diesem Rechtsstreit stets Partei für die reichen arabischen Scheichs statt für die schwergeschädigten eigenen Mitbürger ergriffen hat. Was einen vielleicht etwas überraschen könnte, ist, daß auch die Regierung des Demokraten Barack Obama, der praktisch auf allen Feldern eine Abkehr von der gescheiterten Politik seines republikanischen Vorgängers versprochen hatte, sich nun ebenfalls auf die Seite der saudischen Königsfamilie im juristischen Streit gegen die Opferfamilien des 11. September gestellt hat.

Über diese traurige Entwicklung berichtete am 30. Mai die New York Times unter der Überschrift "Justice Dept. Backs Saudi Royal Family on 9/11 Lawsuit". Derzeit liegt die Klage der 9/11-Geschädigten dem Obersten Gerichtshof in Washington vor. Sie werfen der saudischen Königsfamilie vor, über muslimische Wohltätigkeitsvereinigungen die "terroristischen" Aktivitäten der Al Kaida, darunter die Flugzeuganschläge vom 11. September, finanziert zu haben. Am 29. Mai hat jedoch das Justizministerium einen Antrag eingereicht und darin die Richter des Supreme Court darum gebeten, sich den Urteilen vorangegangener Instanzen, die zuungunsten der Kläger ausgefallen waren, anzuschließen. In der Vergangenheit hatten sich ein Bundesbezirksgericht und ein Bundesappellationsgericht geweigert, die Klage zuzulassen. In beiden Fällen hatte man den Standpunkt vertreten, daß nach dem Foreign Sovereign Immunity Act die saudischen Prinzen Immunität vor Klagen in den USA genössen. In dem jüngsten Antrag an den Obersten Gerichtshof verweist Obamas Oberste Anwältin Solicitor General Elena Kagan zudem auf die "außenpolitischen Konsequenzen", welche aus der Entscheidung, eine Klage gegen Riad zuzulassen, entstehen könnten.

Im NYT-Artikel zitiert der Reporter Eric Lichtblau Kristen Breitweiser, die ihren Mann Ron beim Anschlag auf den WTC-Nordturm verlor, sich seitdem unermüdlich für Aufklärung in Sachen 11. September einsetzt und mitverantwortlich dafür war, daß sich Bush jun. Ende 2002 gezwungen sah, die "unabhängige" 9/11-Kommission ins Leben zu rufen, mit folgender Reaktion auf die unerbittliche Kontinuität in der Haltung Washingtons in diesem Fall: "Ich finde es verwerflich. Man hätte gedacht, daß die Obama-Administration eine andere Position als die der Bush-Regierung eingenommen hätte. Es läßt die Frage aufkommen, was dieses für eine Botschaft den Opfern des Terrorismus rund um die Welt sendet."

Die Frage Breitweisers ist leicht beantwortet. Die "Opfer des Terrorismus" sind nur dann für Washington von Interesse, wenn man ihr Leid für die eigenen Zwecke ausschlachten kann. Interessanterweise schreibt Lichtblau in seinem Bericht für die NY-Times unter Verweis auf nicht namentlich genannte Regierungsvertreter, "die Saudis" hätten "sich mit Nachdruck sowohl bei der Bush- als auch bei der Obama-Regierung eingesetzt, daß die Klage zurückgewiesen" werde. Was hier in der Übersetzung des Schattenblicks "mit Nachdruck" heißt, klingt im englischen Original - "aggressively" - schlimmer. Worin die von Riad gegenüber Washington gezeigte Aggressivität bestanden haben könnte?

Nun, in diesem Zusammenhang fühlt man sich an eine spektakuläre Enthüllung aus dem letzten Jahr erinnert. Damals machte der Londoner Guardian bekannt, daß der bereits erwähnte Prinz Bandar mittels Drohungen persönlich dafür gesorgt hatte, daß im Dezember 2006 die Regierung Tony Blairs die plötzliche Einstellung der Korruptionsermittlungen des britischen Serious Fraud Office (SFO) gegen die saudische Königsfamilie in Verbindung mit der sogenannten BAE-Affäre verfügte. Bandar gilt als derjenige, der über Jahre die rund eine Milliarde britische Pfund "Provisionsgelder" aus dem gigantischen Al-Yamamah-Rüstungsdeal unter seinen Verwandten verteilte - auch unter Inanspruchnahme bestimmter Konten bei der Riggs Bank in Washington! Seine Drohung gegenüber der Blair-Regierung soll darin bestanden haben, daß Saudi-Arabien, sollten die SFO-Ermittlungen gegen ihn und seine Sippe nicht eingestellt werden, seine Zusammenarbeit an der Antiterrorfront einstellen würde; welche Folgen das hätte, hätten die Briten anhand der Anschläge ein Jahr zuvor auf die Londoner U-Bahn mit 56 Toten und Hunderten von Verletzten bereits erlebt.

23. Mai 2009

Siehe hierzu im Schattenblick unter BUCH\SACHBUCH:

REZENSION/118: Brisard/Dasquié - Die verbotene Wahrheit (Bin Laden) REZENSION/218: Craig Unger - Die Bushs und die Sauds REZENSION/222: Robert Baer - Die Saudi Connection (US-Nahostpolitik)