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USA/1321: Regierung George W. Bush in Sachen 9/11 erneut belastet (SB)


Regierung George W. Bush in Sachen 9/11 erneut belastet

Kurt Eichenwald berichtet von ignorierten Warnhinweisen der CIA



Um die Flugzeuganschläge vom 11. September 2001 ranken sich bis heute die Legenden. Zahlreiche Indizien sprechen dafür, daß die damalige US-Regierung von Präsident George W. Bush die Angriffe auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Arlington entweder durch Passivität zuließ oder sie aktiv unterstützte, um sich einen Vorwand für die Kriege in Afghanistan und im Irak zu verschaffen. Ansonsten bleiben das rätselhafte Versagen der Landesverteidigung insbesondere der Sicherung des Luftraums und der Zusammensturz sowohl der Zwillingstürme als auch des 47stöckigen Gebäudes WTC-7, in das kein gekapertes Flugzeug stürzte, unerklärlich. Neue Hinweise auf die Richtigkeit zumindest der LIHOP-Theorie ("Let It Happen On Purpose" im Vergleich zur MIHOP-Theorie - "Make It Happen On Purpose") liefert nun der preisgekrönte Journalist und Autor Kurt Eichenwald in dem Buch "500 Days: Secrets and Lies in the Terror Wars", das dieser Tage in den USA erscheint.

Eichenwald, der heute als Gastredakteur Artikel für die Zeitschrift Vanity Fair schreibt, hat früher als Reporter für die New York Times gearbeitet. In der einflußreichsten Zeitung der Welt hat er am elften Jahrestag der Flugzeuganschläge einen aufsehenerregenden Gastbeitrag veröffentlicht. In dem NYT-Artikel, der die Überschrift "The Deafness Before the Storm" ("Die Taubheit vor dem Sturm") trägt, wirft Eichenwald der republikanischen Bush-Administration, die im Januar 2001 von der demokratischen Vorgängerregierung Bill Clinton die Amtsgeschäfte übernommen hatte, vor, sich in den Wochen und Monaten vor 9/11 den Warnungen der eigenen Geheimdienste vor einem drohenden Anschlag mit zahlreichen Opfern verschlossen zu haben.

Zu Beginn des NYT-Beitrages, der natürlich auf das neue Buch fußt, erinnert Eichenwald den Leser an das berühmte Daily Presidential Briefing (DPB) vom 6. August 2001 mit dem Titel "Bin Laden determined to strike in the USA" ("Bin Laden entschlossen, in den USA zuzuschlagen"), das dem Präsidenten während eines ungewöhnlich langen Sommerurlaubs auf seiner Ranch in Texas vorgelegt wurde und dessen bekanntgewordene Existenz die Bush-Regierung im April 2004 in große Erklärungsnöte brachte, um dann folgendes zu schreiben:

Die Reaktion der Administration auf das, worüber Herr Bush in den Wochen vor jenem berüchtigten Briefing informiert wurde, läßt Versäumnisse in einem weit größeren Ausmaß erkennen, als bisher enthüllt wurde. Mit anderen Worten, das Dokument vom 6. August ist, ungeachtet der ganzen Kontroverse, die es ausgelöst hat, bei weitem nicht so schockierend wie die Mitteilungen, die ihm vorausgingen.

Nach Angaben von Eichenwald, der Einblick in die relevanten Dokumente erhalten und mit den damals involvierten Geheimdienstmitarbeitern gesprochen hat, wurde Bush und mit ihm das Sicherheitskabinett ab Frühjahr 2001 mehrmals von der Gefahr eines bevorstehenden Großanschlags in den USA in Kenntnis gesetzt. Am 1. Mai erhielt das Weiße Haus von der CIA die Benachrichtigung, daß "eine derzeit in den Vereinigten Staaten befindliche Gruppe" zuzuschlagen plane. In einem auf den 22. Juni datieren Briefing wurde der Angriff als "nahe bevorstehend" bezeichnet. Ähnliche Warnungen erhielt das Weiße Haus am 29. Juni, am 1. Juli und am 24. Juli.

Doch die neokonservative Führungsriege innerhalb der Bush-Regierung, allen voran Vizepräsident Dick Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und dessen Vize Paul Wolfowitz, die schon damals Pläne zum Einmarsch in Afghanistan und den Irak schmiedeten und lediglich den passenden Anlaß abwarteten, wollte von den Warnhinweisen nichts wissen und taten sie mit dem abstrusen Argument ab, das Al-Kaida-"Netzwerk" Osama Bin Ladens versuche offenbar die Aufmerksamkeit der USA von Saddam Hussein abzulenken. Bei der CIA fühlte man sich laut Eichenwald regelrecht verschaukelt:

Geheimdienstmitarbeiter haben nach Angaben der Quellen protestiert, daß die idee, daß sich Bin Laden, ein islamischer Fundamentalist, mit Herrn Hussein verschwören könnte, lachhaft sei, doch die Vermutungen der Neokonservativen haben sich durchgesetzt. In Erwiderung hat die CIA eine Analyse erstellt, in der man das Weiße Haus fast anflehte zu akzeptieren, daß die von Bin Laden ausgehende Gefahr echt sei.

Ohne daß die Ermahnungen etwas nutzten, warnte die CIA in jener Analyse vom 29. Juni vor den "dramatischen Konsequenzen" einschließlich einer eventuell sehr hohen Opferzahl des kommenden Großanschlags. Währenddessen machte sich im zuständigen Counterterrorism Center der CIA Frust und Wut breit. Dazu Eichenwald:

Bei einem Treffen der Terrorabwehrgruppe am 9. Juli hat ein Beamter vorgeschlagen, daß die Mitarbeiter um die Versetzung bitten sollten, damit jemand anderes verantwortlich sein würde, wenn sich der Anschlag ereignet. Das haben zwei Leute, die anwesend waren, in Interviews berichtet. Sie sagten, daß die Anregung ausgeschlagen wurde, weil es keine Zeit dafür gab, neue Leute einzuweisen.

Das hier beschriebene Szenario erinnert fatal an die Situation, in der sich Coleen Rowley und die Mitarbeiter des FBI-Büros in Minneapolis, Minnesota, nach der Festnahme des marokkanisch-französischen Möchtegern-Piloten Zacarias Moussaoui am 16. August 2001 befanden. Rowley und ihre Kollegen hielten Moussaoui für einen mutmaßlichen muslimischen Extremisten, der sich mit Flugunterricht an einer Flugschule in Egan, Minnesota, auf einen Anschlag vorbereitete. Als ihr Vorschlag, beim zuständigen FISA-Gericht einen Durchsuchungsbefehl für Moussaouis Laptop und seine Telefonverbindungsdaten zu beantragen, von der FBI-Zentrale aus nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt wurde, wandten sie sich an die Behörden in Frankreich. Aus Paris erhielten sie umfangreiches Material über Moussaouis Kontakte zu nordafrikanischen und tschetschenischen "Terrorkreisen". Als sie jedoch die Hinweise an die Vorgesetzten im J.-Edgar-Hoover-Gebäude in Washington übermittelten, wurden sie, statt gelobt zu werden, gemaßregelt mit dem Hinweis, daß für die Zusammenarbeit mit dem Ausland ausschließlich das FBI-Hauptquartier zuständig sei.

Die Ermittler um FBI-Anwältin Rowley, die einen Anschlag auf das New Yorker World Trade Center befürchteten und offen über diese Möglichkeit redeten, fragten sich damals in Minneapolis ernsthaft, ob ihre Bemühungen nicht von einem Maulwurf Bin Ladens in der FBI-Zentrale torpediert würden. Nach den Anschlägen hat die Dolmetscherin Sibel Edmonds im Washingtoner Übersetzungsbüro des FBI mindestens einen solchen Maulwurf identifizieren können. Dabei handelte es sich um ihre Mitarbeiterin Melek Can Dickerson. Diese hat nicht nur die Bänder abgehörter Telefongespräche von mutmaßlichen Beteiligten der 9/11-Verschwörung falsch übersetzt, sondern Edmonds für eine geheime Zusammenarbeit mit dem türkischen Geheimdienst zu rekrutieren versucht. Als Edmonds im Frühjahr 2002 all dies den FBI-Vorgesetzten meldete, wurde sie wegen Aufmüpfigkeit entlassen, während die Kollegin und deren Mann, Douglas Dickerson, damals als Major bei der US-Luftwaffe zuständig für den Rüstungspolitischen Zusammenarbeit des Pentagons mit den Staaten Zentralasiens zuständig, verschont blieben. Vor diesem Hintergrund liefern die von Kurt Eichenwald herausgefundenen Ungereimtheiten weitere Nahrung für den Verdacht, daß an der Ermordung von rund 3.000 Menschen durch den größten "Terroranschlag" der Geschichte nicht nur 19 Flugzeugattentäter und irgendwelche mysteriöse Auftragsgeber in den Bergen an der afghanisch-pakistanischen Grenze beteiligt waren.

14. September 2012