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BERICHT/189: Marshall-Inseln klagen an - Gebrochene Versprechen (SB)


Republik der Marshall-Inseln zieht die Atommächte vor Gericht

IALANA-Veranstaltung zur RMI-Klage am 24. Oktober in Berlin



Der Sinn für die atomare Bedrohung, die in den fünfziger, sechziger, siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts Millionen Menschen rund um die Welt auf die Straße getrieben hatte, ist leider eingeschlummert. Ursachen dafür sind das Ende der Block-Konfrontation 1989-1990 und die verschiedenen Abkommen zur nuklearen Rüstungsbegrenzung, die zu einem beachtlichen Abbau der amerikanischen und sowjetischen (heute russischen) Atomwaffenarsenale führten. Hatten es die Amerikaner 1966 auf 32.000 Atomsprengköpfe und die Sowjets 1986 sogar auf 45.000 gebracht, so verfügen heute Pentagon und Kreml gemäß dem New-START-Vertrag von 2011 lediglich jeweils über etwas mehr als 1550 einsatzbereite Nuklearwaffen. In Speziallagern werden auf amerikanischer und russischer Seite mehr als 7000 respektive 8000 Atomsprengköpfe permanent gewartet und bereit gehalten.

Moderator und Referenten zusammen auf dem Podium - Foto: © 2014 by Schattenblick

Alex Rosen, Dieter Deiseroth, Otto Jäckel und Phon van den Biesen
Foto: © 2014 by Schattenblick

Dennoch besteht nicht der geringste Anlaß zur Entwarnung. Ein gut Teil der einsatzfähigen Atomwaffen der USA und Rußlands kann nach Erteilen des entsprechenden Befehls des Oberkommandierenden innerhalb von Sekunden in Richtung Feindesgebiet - per ballistischer Rakete, die von U-Boot, Lafette oder unterirdischem Silo abgefeuert wird, oder per stategischem Bombenflugzeug - auf den Weg gebracht werden. Der Einsatz jener rund 3000 Atomsprengköpfe, der zu jeder Zeit nicht nur bei einem echten Bedrohungszenario, sondern auch aufgrund einer menschlichen oder technischen Fehlinterpretation der militärischen Aktivitäten der Gegenseite erfolgen kann, reichte aus, um die Menschheit zusammen mit den meisten Tierarten auszulöschen. Nicht umsonst plädieren deshalb namhafte Wissenschaftler, Ex-Politiker und -Militärs seit Jahren, wenngleich vergebens, dafür, daß die strategischen Streitkräfte Rußlands und der USA aus dem hochgefährlichen Dauerzustand "Launch on warning" genommen werden.

Währenddessen treiben alle Atommächte, die fünf offiziellen - China, Frankreich, Großbritannien, Rußland und die USA - genauso wie die vier inoffiziellen - Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea -, die Modernisierung ihrer Kernwaffenarsenale energisch voran. Rußland läßt sich zum Beispiel die komplette Überholung seiner strategischen Streitkräfte bis 2020 700 Milliarden Dollar kosten, während die USA zum gleichen Zweck in den kommenden zehn Jahren 355 Milliarden Dollar und in den kommenden 30 Jahren eine Billion Dollar ausgeben wollen. Die Modernisierungswelle der fünf UN-Vetomächte steht im krassen Widerspruch zum Atomwaffensperrvertrag, bei dessen Unterzeichnung sie sich nach Artikel VI zur restlosen Beseitigung ihrer Atomsprengkopfbestände verpflichtet haben.

Das heuchlerische Verhalten Chinas, Frankreichs, Großbritanniens, Rußlands und der USA stößt seit langem bei den restlichen 185 Unterzeichnerstaaten des Nuclear Non-Proliferation Treaty (NPT), die sich ihrerseits für immer zum Verzicht auf den Besitz von Kernwaffen verpflichtet haben, auf Unmut. Eine direkte Folge dieses Verhaltens war die Entscheidung Indiens und Pakistans, 1998 jeweils mehrere unterirdische Tests durchzuführen und sich offiziell zu Atommächten zu erklären. Zwei Jahre zuvor hatte der Internationale Gerichtshof in Den Haag in einem Gutachten die Mißachtung des NPT durch die fünf Siegermächte des Zweiten Weltkrieges angemahnt, ohne daß es ihrerseits zur geringsten Andeutung einer Bereitschaft zur Verbesserung gekommen wäre.

Der Moderator - in der Nahaufnahme - begrüßt das Publikum - Foto: © 2014 by Schattenblick

Otto Jäckel
Foto: © 2014 by Schattenblick

18 Jahre nach dem spektakulären Urteil hat die Republik der Marshall-Inseln (RMI) die Geduld mit der fortgesetzten Nuklear-Apartheid in atomwaffenbesitzende und atomwaffenlose Staaten verloren. Am 24. April 2014 reichte sie eine entsprechende Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen die neun Atommächte sowie in der gleichen Angelegenheit am selben Tag beim Bundesgericht im kalifornischen San Francisco gegen die US-Regierung - genannt wurden Präsident Barack Obama, Verteidigungsminister Chuck Hagel und Energieminister Ernest Moniz, dem die Verantwortung für die Atomlabore Lawrence Livermore und Sandia obliegt - ein. Am 24. Oktober hat die deutsche Sektion der IALANA (International Association of Lawyers Against Nuclear Arms) in der Technischen Universität (TU) Berlin zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung bezüglich der Klage der Marshall-Inseln und deren Bedeutung eingeladen.

Nicht mehr als 30 Personen, die meisten von ihnen offenbar Juristen, sind der Einladung gefolgt. Gemessen an der Wichtigkeit des Themas, die wegen der derzeitigen Spannungen zwischen der NATO und Rußland infolge der Ukraine-Krise erheblich zugenommen hat, sowie am Informationsgehalt der Vorträge und der anschließenden Diskussion ist das natürlich nicht viel. Für die kleine Gruppe, die sich dennoch die Mühe gemacht hat, war der Abend durchaus lohnend, denn als Hauptredner war aus Amsterdam der Staatsrechtler Phon van den Biesen gekommen, der das Anwaltsteam der RMI im Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag anführt.

Zum Auftakt hat Moderator Otto Jäckel, der in Wiesbaden als Anwalt tätig ist und den Vorsitz von IALANA Deutschland innehat, das Publikum kurz in die besondere Geschichte der Marshall-Inseln, wo das US-Militär zwischen 1946 und 1963 67 oberirdische Kernwaffentests durchgeführt hat und es seitdem unter den knapp 70.000 Einwohnern der Südseerepublik verstärkt zu Strahlenkrankheiten kommt, eingeführt. Anschließend gab er das Wort an van den Biesen, der die Einzelheiten der Klage in Den Haag erläuterte, die ihm zufolge ohne die Mitwirkung der IALANA und der Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (International Physicians for the Prevention of Nuclear War - IPPNW) nicht zustande gekommen wäre. (Eigentlich handelt es sich hier um neun Einzelklagen gegen die Atomwaffenbesitzstaaten).

Die Klage gegen die fünf UN-Vetomächte basiert auf dem Vorwurf der Nicht-Einhaltung ihrer Verpflichtungen als Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrages, diejenige gegen Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea darauf, daß die vier inoffiziellen Atommächte gemäß dem Völkergewohnheitsrecht ebenfalls zur Einhaltung des Weltfriedens im allgemeinem und damit im besonderen zur Nuklearabrüstung verpflichtet sind. Alle neun Staaten behaupten ihrerseits, sich im Einklang mit dem internationalen Recht zu befinden. Die fünf offiziellen Atommächte reklamieren für sich, stets um internationale Abrüstung bemüht zu sein. Indien, Pakistan und Nordkorea rechtfertigen ihren Kernwaffenbesitz durch äußere Bedrohungen der nationalen Sicherheit, während Israel an seiner "nuklearen Ambiguität" festhält und sich hartnäckig weigert, die Existenz seines Kernwaffenarsenals weder zu bestätigen noch zu dementieren.

Der niederländische Staatsrechtler vor gebannter Zuhörerschaft - Foto: © 2014 by Schattenblick

Phon van den Biesen referiert
Foto: © 2014 by Schattenblick

Beim bevorstehenden Prozeß will die RMI zwei Dinge erreichen: erstens ein Urteil, daß die Atommächte ihren Verpflichtungen nach internationalem Recht nicht nachkommen und zweitens eine Anordnung des Gerichts, wie und im welchen Zeitraum die Verurteilten diesen Mangel beheben müssen. Laut van den Besen gibt es zwei Motive für die Klage. Das erste leitet sich aus den früheren Atomtests der USA und den schweren, heute noch anhaltenden Schäden ab, die hierbei an Umwelt und Menschen angerichtet wurden. Das zweite Motiv hängt mit dem Klimawandel zusammen, der - Stichwort Meeresanstieg - die Marshall-Inseln weit stärker als die meisten anderen Staaten bedroht. Derzeit nimmt die RMI-Regierung an multilateralen Verhandlungen über ein internationales Abkommen zur Verhinderung bzw. Linderung des Klimawandels teil. Durch die Klage in Den Haag will die RMI die Verläßlichkeit von internationalen Verträgen auf die Probe stellen. Sollte das Verfahren nicht zu ihrer Zufriedenheit verlaufen bzw. es den Atommächten gelingen, sich weiterhin aus ihrer Verantwortung zu stehlen, dann werden die Marshall-Insulaner immerhin wissen, was sie von den Klimaverhandlungen zu erwarten haben.

Van den Biesen gab sich zuversichtlich, daß die Klage der RMI erfolgreich sein wird. Ihm zufolge sei die im Gutachten von 1996 an die Adresse der Atommächte gerichtete Rüge dermaßen eindeutig und im Wortlaut präzise, daß der Internationale Gerichtshof nur schwerlich, wenn überhaupt, dahinter zurückfallen könnte. Darüber hinaus habe schon damals das Gericht den Disput um die Umsetzung des Atomwaffensperrvertrages als schädigend für das Völkerrecht an sich bezeichnet. Da sich der Internationale Gerichtshof sozusagen als Sachwalter des Völkerrechts versteht, wird er vermutlich auch diesmal auf deren Einhaltung pochen, so der niederländische Ehrengast. Zu diesem Zweck wollen die Anwälte der RMI größere Mengen an Beweismaterial über die fortgesetzte Modernisierung von Atomwaffen durch die neun angeklagten Staaten präsentieren und damit belegen, daß diese nicht "im guten Glauben" handeln, sondern im Gegenteil die Ziele des Nicht-Verbreitungsvertrags torpedieren.

Von den angeklagten Staaten haben sich nur drei, Großbritannien, Indien und Pakistan, bereiterklärt, sich auf den Prozeß einzulassen und die Anweisungen und Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs zu respektieren. Die Volksrepublik China hat sich in einer Depesche an die RMI schriftlich dazu geweigert. Die anderen fünf Staaten haben zur Klage in Den Haag keine Stellungnahme abgegeben, sondern tun bis heute so, als gäbe es sie gar nicht. Lediglich auf die Klage in San Francisco hat die US-Regierung reagiert, indem sie beim zuständigen Bundesgericht die Zurückweisung beantragt hat. Indien und Pakistan empfinden es als ungerecht, daß sie in Den Haag an den Pranger gestellt werden könnten, während die atomaren Großmächte Rußland und USA mit ihrer Verweigerungshaltung außen vor bleiben, so van den Biesen. Daher gibt es in Islamabad und Neu-Delhi - wie übrigens auch in London -Überlegungen, ob man sich einfach aus dem Prozeß zurückziehen sollte.

Deiseroth am Stehpult - daneben ein Plakat mit der Aufschrift 'Frieden durch Recht - Peace & Law' - Foto: © 2014 by Schattenblick

Dieter Deiseroth
Foto: © 2014 by Schattenblick

Wie Otto Jäckel in der Anmoderation anmerkte, haben 2012 alle Fraktionen im deutschen Bundestag für den Abzug sämtlicher Atomwaffen aus Deutschland votiert. Ungeachtet des parlamentarischen Einspruchs geht im rheinland-pfälzischen Büchel unter der Schirmherrschaft der NATO die Atomaufrüstung munter weiter. Hier handelt es sich um die sogenannte "nukleare Teilhabe", in die die USA in der Anfangsphase des Kalten Krieges Deutschland sowie Belgien, die Niederlande, Italien und die Türkei eingebunden hatten. Über verschiedene Aspekte dieser Praxis, die nach Meinung vieler Staatsrechtler eindeutig gegen das Verbreitungsverbot des Atomwaffensperrvertrages verstößt, klärte Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der IALANA Deutschland, auf.

Auf dem Fliegerhorst Büchel der deutschen Luftwaffe sind 20 Atomwaffen vom Typ B61 in Bunkern unter amerikanischem Verschluß stationiert. Permanent wird dort für den Kriegsfall die Übergabe der Atombomben an die deutsche Luftwaffe geübt. Dabei werden Attrappen an den Kampfjets an- und abmontiert. Bei gelegentlichen Übungen werden sie auch abgeworfen, um den Atomwaffenangriff zu simulieren. Deiseroth gab sich enttäuscht darüber, daß diese Praxis geduldet und in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird. Daß die "nukleare Teilhabe" gegen den NPT verstößt, werde nirgendwo diskutiert - weder in den zuständigen Ministerien noch in in den juristischen Fachblättern, beschwerte er sich.

Früher war das anders, so Deiseroth unter Verweis auf eine haarsträubende Geschichte, die sich Ende der sechziger Jahre abspielte. Demnach ist es nach der Unterzeichnung des NPT durch die USA, die Sowjetunion und Großbritannien im Jahre 1968 innerhalb der NATO zu einer aufgeregten Debatte um die Rechtmäßigkeit der "nuklearen Teilhabe" gekommen. Erst viel später wurde das Ergebnis dieser Diskussion anhand von Aussagen, die diesbezüglich der damalige US-Außenminister Dean Rusk vor dem außenpolitischen Ausschuß des Senats in Washington machte, bekannt. Offenbar waren die NATO-Außen- und Verteidigungsminister in Brüssel zu dem Schluß gekommen, daß die "nukleare Teilhabe" rechtlich unbedenklich sei, solange man lediglich mit Attrappen übe.

Sollte der Ernstfall dennoch eintreten und die US-Streitkräfte, wie vorgesehen, die in Europa stationierten Atomwaffen tatsächlich an die verbündeten Belgier, Deutschen, Italiener, Niederländer und Türken übergeben, sei die Frage nach der Einhaltung des Atomwaffensperrvertrages überflüssig, so Rusk seinerzeit gegenüber den Senatoren. Als Deiseroth die Anekdote zu Ende erzählte, legte sich eine umheimliche Stille über den Saal, denn in dem Moment haben die Anwesenden die fürchterliche Bedeutung der Aussage des Außenministers von Lyndon B. Johnson begriffen. Deiseroth sprach sich dafür aus, daß der Widerspruch zwischen "nuklearer Teilhabe" bei der NATO und dem Gebot der Nicht-Verbreitung von Atomwaffen in der Klage der RMI in Den Haag berücksichtigt werden sollte, eine Anregung, die bei van den Biesen Anklang fand.

Alex Rosen hinter dem Stehpult - Foto: © 2014 by Schattenblick

Alex Rosen
Foto: © 2014 by Schattenblick

Der Kinderarzt Alex Rosen aus Berlin, Stellvertretender Vorsitzender der IPPNW Deutschland, hielt einen Vortrag über die humanitäre Folgen des Einsatzes von Atomwaffen, daß heißt über ihre negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit, anhand von Beispielen aus Hiroshima, Nagasaki und den Marshall-Inseln. Er gab sich verwundert darüber, auf wie wenig Resonanz die Klage der RMI in der Öffentlichkeit der westlichen Industriestaaten stieß und führte dies auf eine verdrängte Wahrnehmung der Atomkriegsgefahr zurück. Nach Ansicht Rosens klagt die RMI in Den Haag für die ganze Menschheit, die, ohne es vielleicht zu wissen, von der humanitären Katastrophe eines Atomkrieges bedroht sei.

Seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts wird die geopolitische Konfrontation zwischen Indien und Pakistan allgemein als diejenige betrachtet, die die größte Gefahr der Eskalation hin zum atomaren Schlagabtausch in sich berge. Viele Menschen in der restlichen Welt würden darin für sich keine persönliche Bedrohung sehen. Aber gerade das sei ein Trugschluß, so Rosen. Er führte Studien führender Klimaforscher sowie der IPPNW aus den letzten Jahren an, denen zufolge schon ein "begrenzter" Atomkrieg zwischen Pakistan und Indien, bei dem insgesamt lediglich einhundert, in Vergleich zu den Wasserstoffbomben der USA und Rußlands weniger zerstörerische Atomsprengköpfe eingesetzt würden, bei den Kriegsparteien Millionen, auf der ganzen Welt jedoch aufgrund von Ernteausfällen und der Beeinträchtigung der Sonneneinstrahlung durch in die obere Atmosphäre hochgeschleuderte Staub-, Asche- und Rußpartikel Milliarden Menschen das Leben kosten würde. Die dadurch entstandene humanitäre Krise - darunter Nahrungsknappheit, Flüchtlingsströme und Ausbreitung von Seuchen -zöge weitere Ressourcenkonflikte nach sich und löste eventuell sogar den befürchteten Dritten Weltkrieg zwischen den USA, Rußland und China aus, was das Ende der Menschheit bedeutete, so Rosen.

Die vier Podiumsteilnehmer hören einer Frage aus dem Publikum aufmerksam zu - Foto: © 2014 by Schattenblick

Die Diskussion ist eröffnet
Foto: © 2014 by Schattenblick

Solche Erkenntnisse machen für den IPPNW-Vertreter die Klage der RMI so wichtig. Rosen setzte sich stets dafür ein, die von einem "begrenzten" Atomkrieg ausgehenden Gefahren in der Öffentlichkeit bekannter zu machen und lud in diesem Zusammenarbeit zum Civil Society Forum der international Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN) ein, das am kommenden 6. und 7. Dezember in Wien stattfindet. Ungeachtet des Boykotts solcher Veranstaltungen durch die UN-Vetomächte wollen die Vertreter von mehr als 100 Staaten über Wege beraten, wie man eine weltweite Ächtung von Atombomben durchsetzen könnte, wie dies in den letzten Jahren bereits bei Bio- und Chemie-Waffen, Streubomben und Landminen geschehen ist. In diesem Zusammenhang erinnerte Rosen an die nächste Prüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag, die 2015 in New York unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfindet.

Es folgte eine Diskussion mit vielen guten Fragen aus dem Publikum, die sich größtenteils auf die Einzelheiten der Klage vor dem Internationalen Gerichtshof richteten. Van den Biesen wies Befürchtungen zurück, die Marshall-Inseln könnten sich dem Druck der USA beugen und die Klage fallenlassen. Dazu werde es nicht kommen, versicherte er. Obwohl er mit der Klage in San Francisco nicht unmittelbar befaßt ist, wußte er soviel zu berichten, daß die Obama- Regierung dem Gericht einen umfassend dokumentierten Antrag, die Klage zurückzuweisen, vorgelegt hat, worauf die RMI inzwischen ihrerseits schriftlich geantwortet hat. Mitte Oktober war eine erste mündliche Verhandlung anberaumt, die aber verschoben wurde. Ob es zum eigentlichen Prozeß kommt, liege derzeit in den Händen des Richters.

Geschäftsführer der IALANA Deutschland regt zu mehr Öffentlichkeitsarbeit an - Foto: © 2014 by Schattenblick

Reiner Braun
Foto: © 2014 by Schattenblick

Van den Biesen griff die Ausführungen Rosens bezüglich der Klimafolgen nach einem begrenzten Atomkrieg als etwas auf, das er bei den Verhandlungen in den Haag benutzen könnte. Ihm zufolge haben die Verantwortlichen in Islamabad bei ihrer ersten Stellungnahme auf die Klage behauptet, die Marschall-Inseln seien durch die Verteidigungspolitik Pakistans nicht tangiert. Die von Rosen erwähnten Studien zeigten gerade die Haltlosigkeit der pakistanischen Position und seien daher von großem Wert für die juristische Auseinandersetzung. Auf die etwas freche Frage, wer die Klage finanziere, erwiderte van den Biesen knapp, als Anwalt diskutiere er mit Dritten keine Einzelheiten aus dem Verhältnis zu seinen Mandanten. Auf die Anregung von Reiner Braun von IALANA, die Friedensbewegung müsse mehr unternehmen, um die Klage der RMI in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, meinte van den Biesen, Druck seitens der Bevölkerung könnte bei der Klage gegen die Atommächte niemals schaden, sondern im Gegenteil vielleicht der Sache der Kriegsgegner zum Erfolg verhelfen.

Eingang zur TU Berlin an der Straße des 17. Juli - Foto: © 2014 by Schattenblick

Herbstliche Stimmung vor der TU Berlin
Foto: © 2014 by Schattenblick

31. Oktober 2014