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FRAUEN/829: Mexiko - Eine Fotoausstellung in Puebla macht Feminizid und Verschwindenlassen sichtbar (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Mexiko Was uns von dir bleibt - eine Fotoausstellung in Puebla macht Feminizid und Verschwindenlassen sichtbar

Von Samantha Páez Guzmán


(Puebla, 11. Februar 2020, desinformémonos/cimacnoticias) - Auf dem Bild sieht man ein rosa gestrichenes Zimmer. Martina Hernández liegt auf einer mit Rosen bedruckten Bettdecke, ihr Kopf liegt auf einem Kuscheltier-Kissen. Neben ihr liegt das Foto ihrer Tochter Karina, die vor dreieinhalb Jahren in San Salvador El Verde im mexikanischen Bundesstaat Puebla verschwunden ist. Martinas Blick ist von Müdigkeit und Ungewissheit geprägt.

Dies ist eines der Fotos in der Ausstellung "Was uns von dir bleibt ..." der Fotojournalistin Daniela Portillo, die seit Freitag, dem 7. Februar, in der Casa de Cultura in der Stadt Puebla gezeigt wird.


Sichtbarmachung von Feminizid und Verschwindenlassen

Daniela erzählt, dass sie schon seit einigen Jahren Familien von Frauen porträtiert, die Opfer von Femizid und Verschwindenlassen sind. Als sie eingeladen wurde, an einer Ausstellung über Frauen teilzunehmen, begann sie Familien in den Räumen, in denen sie lebten, zu porträtieren. Am Ende wurden ihre Fotografien einzeln ausgestellt.

Mit diesem Projekt soll, so Daniela, der Schmerz der Familien sichtbar gemacht werden, um in der Gesellschaft Empathie für die ermordeten Frauen und die Opfer von Verschwindenlassen zu wecken.

Die Arbeit war jedoch nicht einfach. Es gab Momente, in denen sie die Arbeit an den Porträts wegen ihrer Tränen unterbrechen musste. "Vielleicht kann man das als fehlende Professionalität bezeichnen, aber ich unterdrücke meine Emotionen nicht bei der Arbeit", sagt Daniela.


Viele Familien sind betroffen

María del Rocío Limón ist die Mutter von Paulina Camargo, die 2015 Opfer eines Femizids wurde und deren Leiche nicht gefunden wurde. Sie will, dass mehr Menschen erfahren, was mit ihrer Tochter passiert ist, die ermordet wurde, weil sie nicht abtreiben wollte. Sie will, dass diejenigen, die daran denken, einer Frau zu schaden, es sich noch einmal überlegen. "Die Bilder zeigen uns, dass dies die Realität ist, dass sie existiert. Sie zeigen uns, dass der Schmerz da ist, weil die Angehörigen nicht mehr da sind und weil ein Verbrechen geschehen ist.

Wir sind nicht nur eine Familie, die davon betroffen ist oder zwei oder drei - wir sind viele Familien, viele Mütter, die von diesen schlechten Verhältnissen betroffen sind", sagt Maria del Rocio. Es sei auch eine Art, Gerechtigkeit zu fordern, fügt sie hinzu, denn in keinem dieser Fälle habe es bisher Gerechtigkeit gegeben. Deshalb müsse man voll Schmerz darauf hinweisen, dass die Behörden weiter ihre Pflichten wahrnehmen müssten.

Paulina verschwand im August 2015. Sie war damals 19 Jahre alt. Sie wollte ihren Ex-Partner José María treffen, um zum Arzt zu gehen und sich dann über die Kosten der Schwangerschaft zu einigen. Sie kehrte nicht mehr nach Hause zurück. Er gestand den Mord und sagte später, die Aussage sei unter Folter erzwungen worden. Die Leiche von Paulina wurde nicht gefunden, sie gilt offiziell als vermisst.


Der Regierung fehlt es an Sensibilität

María Luisa Núñez, Vertreterin der Organisation "Stimme der Verschwundenen in Puebla", ist der Meinung, dass Danielas Ausstellung eine Möglichkeit ist, mehr Menschen zu erreichen, um sie über all die verschwundenen Mütter, Schwestern und Töchter zu informieren.

"Die Ausstellung gibt der Person, die heute nicht da ist, ein Gesicht (...). Sie zeigt die Lücke auf, die sich durch ihr Verschwinden ergeben hat. Die Ausstellung hat mich sehr beeindruckt, und ich hoffe, dass sie diese Wirkung, die sie bei mir ausgelöst hat, auch in der übrigen Gesellschaft auslösen wird", sagt Maria Luisa.

Auch wenn Danielas Ausstellung in einem Gebäude der Landesregierung stattfindet, zeigten sich die Behörden den Familien der Opfer von Femizid und Verschwindenlassen gegenüber nicht so zugänglich. Aber María Luisa ist nicht überrascht, da sie der Meinung ist, dass es im Kulturbereich Menschen mit mehr Sensibilität gibt und dass diese in den übrigen Abteilungen der Landesregierung fehlt.

Am 30. Januar wurde María del Carmen Carabarín Trujillo zur Leiterin der Staatlichen Kommission für die Suche nach Verschwundenen in Puebla ernannt. Bei dieser öffentlichen Veranstaltung unterbrach Gouverneur Luis Miguel Barbosa Huerta die Mutter von Paulina mehrmals und forderte sie auf, sich mit ihrem Gesuch um Gerechtigkeit kurz zu fassen.


Bilder mit freundlicher Genehmigung der Fotojournalisten Daniela Portillo


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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2020

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