Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → SOZIALES

INTERNATIONAL/035: Sambia - Die Armen haben das Nachsehen, Selbstbedienung im öffentlichen Dienst (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Juli 2011

Sambia: Die Armen haben das Nachsehen - Selbstbedienung im öffentlichen Dienst

Von Ephraim Nsingo


Lusaka, 11. Juli (IPS) - Sambias Rechnungshof und die zivile Organisation 'Civil Society for Poverty Reduction' (CSPR) sind sich einig: Unter der notorischen Selbstbedienungsmentalität von Staatsbediensteten in allen Behörden leiden vor allem die Armen. Ein beträchtlicher Teil der vielen Milliarden Kwacha (Landeswährung), die die Regierung jährlich für die Armutsbekämpfung zur Verfügung stellt, wird abgezweigt, zweckentfremdet oder gestohlen.

Trotz seines Reichtums an begehrten Rohstoffen wie Kupfer gehört Sambia mit einer Bevölkerung von 11,5 Millionen Menschen zu den ärmsten Ländern weltweit. Nach Angaben der Weltbank leben 68 Prozent der sambischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze und verdienen weniger als einen Euro pro Tag. Über 50 Prozent der Menschen sind arbeitslos.

Im jüngsten, den Zeitraum 2009-2010 umfassenden Bericht des Rechnungshofes, ist von mehr als 66 Millionen US-Dollar die Rede, die den staatlichen Projekten zur Armutsbekämpfung durch den unberechtigten Zugriff von Politikern und Staatsdienern verloren gegangen sind. Kritisiert wird auch die sich hin ziehende Suche nach den irregulär genutzten staatlichen Hilfsgeldern. Die Vergaberegeln hätten versagt und müssten mit größerem Nachdruck kontrolliert werden, fordert die Behörde.

Auch ein kürzlich veröffentlichter Bericht der CSPR prangert die nachlässige Vergabepraxis von Regierungsaufträgen zur Armutsbekämpfung an. Ihr Geschäftsführer Patrick Mucheleka erklärte dazu: "Seit Jahren landen große Summen, mit denen die Lebensbedingungen der sambischen Bevölkerung verbessert werden sollen, in den Taschen raffgieriger Personen oder Gruppen." Der Aktivist warnte: "Diese Unregelmäßigkeiten beunruhigen nicht nur uns. Sie setzen auch Sambias internationales Ansehen aufs Spiel. In einem solchen Klima gehen Bereitschaft und Verpflichtung verloren, sich mit harter Arbeit für die Zukunft unseres Landes einzusetzen."


Gelder für Abwasserkanal in dunklen Kanälen versichert

Am Beispiel eines geplanten Abwasserkanals für den durch Unwetter immer wieder überschwemmten, dicht bevölkerten Wohnbezirk Kanyama in der Hauptstadt Lusaka schildert der Rechnungshof, auf welchen verschlungenen Wegen staatliche Hilfsgelder verschwinden. 2009 hatte die Regierung für den Bau eines Abwassersystems in dem betroffenen Wohngebiet 4,16 Millionen Dollar bereitgestellt. Davon erhielt Lusakas Stadtrat lediglich zwei Millionen Dollar. Den Rest, immerhin mehr als die Hälfte, behielt das zuständige Ministerium für sich, ohne dazu autorisiert zu sein.

Trotz ausreichender Finanzierung ist bislang wenig mehr als ein Drittel des Abwasserprojekts fertig gestellt. Die Bewohner des Viertels sind aufgebracht. "Wir haben weiterhin große Probleme, denn die Überschwemmungen verschärfen Armut und Entbehrungen der Betroffenen", klagte ihr Sprecher Boniface Chileshe. Auch der CSPR-Bericht geht auf die Folgen der Überschwemmungen in Kanyama ein. "Sie verursachen schwere wirtschaftliche Schäden und machen den Zugang zu Schulen, Krankenhäusern und den kommunalen Diensten unmöglich. Weil sich die Polizei in den überfluteten Straßen nicht blicken lässt steigt auch die Kriminalität."


Bessere Kontrollen gefordert

"Die vorhandenen Gesetze zur Kontrolle der Regierungsfinanzen reichen nicht aus. Die Kontrollen müssen verstärkt werden, damit die großen Löcher im Vergabesystem gestopft werden können", forderte der Abgeordnete Emmanuel Hachipuka. Der Vorsitzende des parlamentarischen Rechnungsprüfungsausschusses erklärte: "Ich habe erlebt, wie Regierungsbeamte Geld für eine bestimmte Provinz abgezweigt haben. Ich kenne auch die Namen zahlreicher Minister und Beamter, deren Arbeit der Bericht des Rechnungshofs als ineffizient kritisiert hat. Leider wurden sie inzwischen versetzt oder befördert."

Der Abgeordnete betonte: "Um Sambias Wirtschaftswachstum wäre es besser bestellt, wenn die im Haushalt ausgewiesenen Mittel ihren eigentlichen Zweck erfüllten." Skeptisch fügte er hinzu: "Der Mangel an Integrität hat jedoch inzwischen ein Ausmaß erreicht, das einen Kurswechsel kaum noch möglich macht. Das Parlament wird weiterhin Milliardensummen zustimmen, die bei den Armen nie ankommen, weil Staatsdiener sie gestohlen haben." (Ende/IPS/mp/2011)


Link:
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=56400

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. Juli 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2011