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INTERNATIONAL/117: Indien - Exodus aus Kerala gestoppt, Lebensstandard durch Geldüberweisungen gestiegen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Oktober 2012

Indien: Exodus aus Kerala gestoppt - Lebensstandard durch Geldüberweisungen gestiegen

von K.S. Harikrishnan


Der Ministerpräsident des indischen Bundesstaats Kerala, Oommen Chandy, bei einem Treffen in Thiruvananthapuram - Bild: © K.S. Harikrishnan/IPS

Der Ministerpräsident des indischen Bundesstaats Kerala, Oommen Chandy, bei einem Treffen in Thiruvananthapuram
Bild: © K.S. Harikrishnan/IPS

Thiruvananthapuram, Indien, 10. Oktober (IPS) - Erstmals seit mehr als vier Jahrzehnten geht die Zahl der Menschen zurück, die aus dem südindischen Bundesstaat Kerala ins Ausland abwandern. Wie aus einer Studie des Zentrums für Entwicklungsstudien (CDS) in Thiruvananthapuram hervorgeht, wird es spätestens ab 2015 zu keinem Anstieg der Zahl der Emigranten aus dem 33,3 Millionen Einwohner zählenden Kerala mehr kommen.

Dem Bericht zufolge lebten 2008 etwa 2,19 Millionen Inder aus Kerala im Ausland. Drei Jahre zuvor waren es 2,28 Millionen. Der Wegfall von Arbeitsplätzen im Agrarbereich und mangelnde Produktionsanreize hatten bereits in den siebziger Jahren zu einem Exodus geführt.

90 Prozent der Emigranten zog es in die Golfstaaten. Das beliebteste Ziel wurden die Vereinigten Arabischen Emirate, die 40 Prozent der Arbeitssuchenden aus Kerala aufnahmen. 25 Prozent fassten in Saudi-Arabien Fuß.

Inzwischen bremsen steigende Löhne in Kerala jedoch den Strom der Migranten. Das Durchschnittseinkommen eines ungelernten Arbeiters ist zwischen 2000 und 2010 von umgerechnet drei auf neun US-Dollar täglich angestiegen. Damit ist der Arbeitsmarkt in Kerala konkurrenzfähig geworden.

Laut B. Soman, einem Erdölingenieur in Oman, spielen ungelernte Arbeiter, die sich in der Golfregion niedergelassen haben, inzwischen mit dem Gedanken, wieder in die Heimat zurückzukehren.

John Mathew, ein 35-jähriger Fahrer aus dem Distrikt Pathanamthitta in Kerala, kam erst vor kurzem aus Katar zurück, wo er sieben Jahre lang als Taxifahrer tätig war. Die vergleichsweise niedrigen Einnahmen in dem Golfstaat hätten ihn letztlich dazu bewogen, nach Hause zurückzukehren, sagt er. "Jetzt verdiene ich mindestens zehn Dollar am Tag. Das ist ein anständiges Einkommen, und meine Familie ist glücklich."


Menschliche Entwicklung auf hohem Stand

Kerala hat zudem bei der menschlichen Entwicklung ein Niveau erreicht, das mit dem vieler Industriestaaten vergleichbar ist. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist mit 75 Jahren für Männer und 78 Jahren für Frauen höher als in anderen Teilen Indiens.

Gerade die Geldüberweisungen von Migranten in der Golfregion haben zu einer Verbesserung des Lebensstandards in Kerala beigetragen. Viele Emigranten haben zudem in der Heimat Land sowie Autos, Schmuck und importierte Elektronikgeräte gekauft. Nach Angaben von Banken beliefen sich die Überweisungen 2011 auf 500 Milliarden Rupien (mehr als 9,5 Milliarden Dollar).

Laut Sreelekha Nair vom Zentrum für Frauenentwicklungsstudien in Neu-Delhi waren früher vor allem ungelernte Arbeiter in die Golfstaaten ausgewandert. Inzwischen suchten dort aber vorwiegend gut ausgebildete Fachkräfte eine Beschäftigung. "In einigen Golfstaaten sind mehr Unternehmen gegründet worden, weil die Regelungen flexibler gestaltet wurden. Daraufhin wurde auch mehr Geld nach Kerala überwiesen", erklärte sie.

Nach Angaben der indischen Industrie- und Handelskammer werden sich die Geldüberweisungen von Indern im Ausland im laufenden Fiskaljahr von 66 Milliarden auf wahrscheinlich mehr als 75 Milliarden Dollar summieren.

Dem Migrationsexperten Irudaya Rajan zufolge haben die Überalterung der Bevölkerung des Bundesstaates und die niedrigen Geburtenraten ebenfalls Auswirkungen auf die Emigration gehabt. Da in Kerala junge Arbeitskräfte fehlten und der Lebensstandard durch die Geldüberweisungen gestiegen sei, hätten die Löhne für Bauarbeiter und Handwerker ein relativ hohes Niveau im Vergleich zu anderen indischen Bundesstaaten erreicht, sagte Soman. Daher kämen inzwischen auch viele Inder aus anderen Bundesstaaten wie Westbengalen, Orissa und Assam nach Kerala, um dort als Hausangestellte, Landarbeiter, Maurer oder Aushilfen in Läden ihren Lebensunterhalt zu verdienen. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.cds.edu/
http://www.cwds.org/
http://www.ipsnews.net/2012/10/a-migration-story-comes-full-circle/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 10. Oktober 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2012