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KIND/056: Burma - Düstere Aussichten für Kinder staatenloser Rohingya (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Januar 2012

Burma: Düstere Aussichten für Kinder staatenloser Rohingya

von Karina Böckmann


Berlin, Bangkok, 23. Januar (IPS) - In Burma haben die Reformbemühungen der seit fast einem Jahr amtierenden Zivilregierung nicht dazu geführt, die Diskriminierung der rund 700.000 staatenlosen Rohingya im westlichen Bundesstaat Rakhine zu beenden. Die Restriktions- und Ausgrenzungspolitik trifft vor allem die Kinder.

Auch der Nachwuchs der muslimischen Minderheit ist weiterhin staatenlos. Aufgrund der Einschränkungen, die ihren Eltern in dem im Nordwesten an Bangladesch angrenzenden Gebiet gemacht werden, sind viele von ihnen nicht gemeldet und haben nur einen begrenzten Zugang zu Nahrung, Bildung und Gesundheitsdiensten.

Die Rohingya auch weiterhin ihrer grundlegendsten Rechte zu berauben, wird sich negativ auf die kommenden Generationen auswirken, warnt das Arak-Projekt, eine Menschenrechtsorganisation, die die Situation der Volksgruppe beobachtet und ihre Untersuchungsergebnisse regelmäßig den relevanten UN-Stellen zustellt.

Im Rakhine, einst Arakan genannt, haben die Behörden die Ausstellung von Geburturkunden seit Mitte der 1990er Jahre ausgesetzt. Allerdings sind die Eltern angewiesen, die Geburt ihrer Kinder den lokalen Behörden zu melden und in Familienlisten einzutragen. Doch oftmals ist es aufgrund willkürlicher Bestimmungen nicht möglich, den Auflagen nachzukommen.


Rohingya auf Zwei-Kind-Politik festgelegt

Seit 1994 dürfen heiratswillige Rohingya erst nach Erteilung einer entsprechenden Genehmigung eine Ehe eingehen. Die Erlaubnis kann oftmals Jahre auf sich warten lassen. Wird sie erteilt, muss sich das Paar verpflichten, die Zahl ihrer Kinder auf zwei zu begrenzen. Verstöße gegen die Bestimmungen werden mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren geahndet.

Unverheiratete Rohingya-Frauen begeben sich im Fall einer Schwangerschaft aus Angst, abgestraft zu werden, in die Hände von Engelmachern, mit der Folge, dass die Müttersterblichkeit hoch ist. Etliche Paare, denen die Heiratsgenehmigung vorenthalten wird, versuchen sich nach Bangladesh abzusetzen, um dort gemeinsam leben zu können.

Unabhängig davon, ob sie nun außerehelich geboren wurden oder nicht - zehntausende Rohingya-Kinder bleiben unregistriert. Aus diesem Grund gibt es viele Eltern, die ihre Neugeborenen in die Familienlisten anderer Angehöriger eintragen.

"Meine Eltern konnten meinen jüngeren Bruder nicht auf ihre Familienliste nehmen. Deshalb mussten sie das Dorf verlassen", berichtet der neunjährige Anwar, der im Zuge der Untersuchung befragt worden war. Er wusste von Familien zu berichten, die ihre unangemeldeten Kinder verstecken oder eben auf anderen Familienlisten eintragen. Anwar ist selbst ein solcher Fall. "Ich bin als Sohn meiner Großmutter gemeldet", sagt er.

Mehr als 60 Prozent aller Rohingya im Alter von fünf bis 17 haben nie eine Schule besucht und sind somit dazu verurteilt, sich in das Heer der Analphabeten zu reihen. Etwa 80 Prozent der Rohingya können nicht lesen und schreiben. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://www.rohingya.org/portal/
http://www.burmalibrary.org/docs12/AP-CRCMyanmar-12-01.pdf

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IPS-Tagesdienst vom 23. Januar 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2012