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MELDUNG/115: UN - Top-Jobs nach wie vor in Männerhand, Kritik an Weltorganisation (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Oktober 2013

UN: Top-Jobs nach wie vor in Männerhand - Kritik an Weltorganisation

von Thalif Deen



New York, 10. Oktober 2013 (IPS) - Die Vereinten Nationen haben in den letzten 67 Jahren etliche Resolutionen, Abkommen und Erklärungen verabschiedet, um die Rechte von Frauen weltweit zu stärken. Doch wenn es um die Besetzung von UN-Führungspositionen geht, erweisen sich die Forderungen der Weltorganisation nach einer Gleichstellung der Frau als bloße Worthülsen.

Seit 1946 hat das höchste Entscheidungsgremium der Weltorganisation gerade einmal drei Frauen zu Präsidentinnen ernannt: Vijaya Lakshmi Pandit aus Indien (1953), Angie Brooks aus Liberia (1969) und Sheikha Haya Rasheed al-Khalifa aus Bahrain (2006). "Es ist eine Schande, dass die UN 50 Prozent der Menschheit nicht für die höchsten Positionen in Erwägung zieht", meint dazu Botschafter Anwarul K. Chowdhury.

In einem Brief an mehr als 160 politische Entscheidungsträger, die sich kürzlich auf der UN-Vollversammlung eingefunden hatten, forderte die Organisation 'Impact Leadership 21' mit Sitz in New York Maßnahmen, die die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen UN-Entscheidungsebenen ermöglichen.

Insbesondere setzt sich die Bewegung dafür ein, dass eine Frau dem derzeitigen UN-Generalsekretär (UNSG) Ban Ki-moon nach dessen Ausscheiden 2016 ins Amt folgt. Bisher wurde das UN-Sekretariat ausschließlich von Männern geführt: von Trygve Lie (Norwegen), Dag Hammarskjold (Schweden), U. Thant (Burma, dem heutigen Myanmar), Kurt Waldheim (Österreich), Javier Perez de Cuellar (Peru), Boutros Boutros-Ghali (Ägypten), Kofi Annan (Ghana) und Ban Ki-moon (Südkorea).


Alten Denkweisen verhaftet

Nach Ansicht von Chowdhury, einem ehemaligen ständigen Vertreter Bangladeschs bei den Vereinten Nationen und früheren UN-Untergeneralsekretär, besteht der größte Reformbedarf bei der Besetzung der UN-Spitze in den Köpfen der Vertreter der Mitgliedsstaaten. "Dass es der UN zu diesem Zeitpunkt menschlichen Fortschritts und nach ihrem 69-jährigen Bestehen nicht möglich war, einer Frau die Führung zu übergeben, ist eine Schande", erklärte er im IPS-Gespräch und fügte hinzu, dass eine Frau noch nicht einmal für das höchste UN-Amt nominiert worden sei.

Nach Ansicht von Chowdhury, Mitglied des internationalen Beratungsstabs von Impact Leadership 21, die sich dafür einsetzt, den Frauen des 21. Jahrhunderts den Aufstieg in die höchsten Entscheidungssphären zu ermöglichen, macht die Diskriminierung der Geschlechter die Vereinten Nationen zweifelsfrei ärmer.

Wie Yasmeen Hassan, die Direktorin von 'Equality Now', berichtet, setzt sich ihre Organisation bereits seit 1996 für die Wahl einer Frau zur UNSG ein. Eine solche Option sei seit der wichtigen Rolle, die Eleanor Roosevelt beim Zustandekommen der Allgemeinen Menschenrechtserklärung 1948 gespielt habe, nicht mehr abwegig gewesen.

Ermutigt durch die kürzlich geschaffene UN-Frauenorganisation will Impact Leadership 21 nun die internationalen Entscheidungsträger und die Staaten, die sie vertreten, dazu bewegen, sich für vier Ziele einzusetzen: die Nominierung und Wahl einer Frau zur nächsten UN-Generalsekretärin, die Nominierung und Wahl von Frauen zu Präsidentinnen der UN-Vollversammlung, die Wahl von Frauen zu Leiterinnen verschiedener und bislang ausschließlich Männern vorbehaltenen UN-Verwaltungsorgane und die Ernennung von Frauen zu Botschafterinnen ihrer Länder bei den Vereinten Nationen in New York und den UN-Missionen in Genf.


"Ohne Frauen kein Weltfrieden"

Wie Chowdhury gegenüber IPS betonte, sind Entwicklung ohne Frieden und Frieden ohne Entwicklung nicht möglich. Frauen seien aber von fundamentaler Bedeutung, um beide Ziele zu erreichen, fügte er hinzu. "Wir sollten nicht vergessen, dass die Marginalisierung der Frauen jede Chance für einen wirklich nachhaltigen Weltfrieden zunichte macht."

Auch Barbara Crossette, von 1994 bis 2001 Bürochefin der 'New York Times', hält die Wahl einer Frau zur UNSG und zur Präsidentin der UN-Vollversammlung für lange überfällig. Sie fordert eine offene Kandidatur. Wenn die Anwärter - sowohl Männer als auch Frauen - offen gegeneinander antreten würden, hätte dies gleichzeitig positive Auswirkungen auf das Ansehen der UN.

Wie Crossette gegenüber IPS berichtete, hatte ihr die ehemalige kanadische UN-Vizegeneralsekretärin Louise Fréchette einmal geklagt, von den Regierungen nicht ernst genommen worden zu sein, als sie diese zur Nominierung von Frauen als Kandidatinnen aufgefordert habe. Viele Staaten hätten auf ihre Frage gar nicht erst reagiert.

Dabei stehen Frauenrechte ganz oben auf der UN-Agenda. So waren der Weltfrauengipfel in Peking 1995 ebenso wie die Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats von 2000 über Frauen, Frieden und Sicherheit Meilensteine auf dem Weg der Gleichberechtigung. Die UN-Resolution verpflichtet alle UN-Mitgliedstaaten dazu, für eine gleichberechtigte Teilnahme von Frauen an den Friedensverhandlungen zu sorgen. (Ende/IPS/kb/2013)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2013