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ORGANISATION/583: Ban Ki-moon bestätigt Versagen bei Prüfung von Mißbrauchsvorwürfen gegen Blauhelme (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Dezember 2015

UNO: Ban Ki-moon bestätigt Versagen bei Prüfung von Mißbrauchsvorwürfen gegen Blauhelme

von Tharanga Yakupitiyage


NEW YORK (IPS) - Die Vereinten Nationen sind laut einer von Generalsekretär Ban Ki-moon in Auftrag gegebenen Untersuchung Missbrauchsvorwürfen gegen Blauhelme in der Zentralafrikanischen Republik nicht gründlich genug nachgegangen.

Der Bericht 'Independent Review on Sexual Exploitation and Abuse by International Peacekeeping Forces in the Central African Republic' mache deutlich, "dass die Vereinten Nationen nicht angemessen auf Informationen über verwerfliche Verbrechen an wehrlosen Kindern reagiert haben", sagte Ban, nachdem er den Bericht am 17. Dezember erhalten hatte. "Ich drücke mein tiefes Bedauern darüber aus, dass diese Kinder von Personen getäuscht wurden, die sie eigentlich schützen sollten."

Im Frühjahr 2014 waren Soldaten der UN-Friedensmission in der Zentralafrikanischen Republik (MINUSCA) beschuldigt worden, Kinder in dem Vertriebenenlager M'Poko für Sex Geld und Nahrungsmittel gegeben zu haben. Auch wenn es sich überwiegend um Mitglieder der französischen Sangaris-Truppen handelte, die nicht unter dem Kommando der UN stehen, hätte die Weltorganisation laut dem Report die Vorfälle eingehend untersuchen und darüber Bericht erstatten müssen.


Auch UNICEF wird unterlassenes Handeln vorgeworfen

Die Abteilung für Menschenrechte und Justiz (HRJS) von MINUSCA führte demnach keine gründliche Überprüfung der Vorwürfe durch und hielt den UN-Hochkommissar für Menschenrechte und die französische Regierung nicht über die Vorfälle auf dem Laufenden.

Ebensowenig hätten das Weltkinderhilfswerk UNICEF und UN-Menschenrechtsexperten in dem Land sichergestellt, dass die missbrauchten Kinder die notwendigen medizinischen Behandlungen erhielten. Weitere mögliche Opfer seien zudem nicht geschützt worden. "Stattdessen wanderten die Informationen in mehreren UN-Büros von Schreibtisch zu Schreibtisch und von Mailbox zu Mailbox. Niemand wollte die Verantwortung dafür übernehmen, auf die gravierenden Menschenrechtsverletzungen zu reagieren", heißt es in dem Report.

Die Untersuchung, die von einem Ausschuss unter Vorsitz von Marie Deschamps, einer ehemaligen Richterin am Supreme Court von Kanada, durchgeführt wurde, kam außerdem zu dem Ergebnis, dass mehrere hochrangige UN-Beamte keine Maßnahmen ergriffen, als sie über die Anschuldigungen informiert wurden. Unter ihnen war auch der ehemalige Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs für MINUSCA, Babacar Gaye, der im vergangenen August auf Aufforderung Bans von seinem Amt zurücktrat, sowie die UN-Sonderbeauftragte für Kinder in bewaffneten Konflikten, Leila Zerrougui.

Gaye und Zerrougui bestritten jedoch, verifizierte Informationen erhalten zu haben. Anderenfalls hätte sie die Task Force in dem Land und die französischen Behörden in Kenntnis gesetzt, um über das weitere Vorgehen zu beraten, erklärte Zerrougui.

Um das Vertrauen der Opfer, der lokalen Bevölkerung und der internationalen Staatengemeinschaft wiederherzustellen, müssten die Vereinten Nationen und die Truppen stellenden Länder unverzüglich handeln, forderte der Ausschuss. Sexuelle Ausbeutung und Missbrauch durch Blauhelme müssten als gravierende Menschenrechtsverletzungen anerkannt werden, die strafrechtlich verfolgt werden könnten.


Koordinierungssstab zur Überwachung von Missbrauchsfällen angemahnt

Der Ausschuss verlangte zudem die Schaffung eines Koordinierungsstabs am Sitz des UN-Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR), der Missbrauchsvorwürfe melden und weiterverfolgen solle. Überdies solle es zur Pflicht werden, unverzüglich über derartige Anschuldigungen Bericht zu erstatten. Ein neu einzurichtender Treuhandfonds solle die Opfer sexueller Gewalt unterstützen. Mit den Truppenstellern müsse ferner vereinbart werden, dass Soldaten überprüft und sexuelle Übergriffe rechtlich geahndet würden.

Ban versicherte, er werde "ohne Verzögerung" die Lösung der Probleme angehen, die mit den sexuellen Übergriffen auf Kinder in Zusammenhang stünden. "Den Opfern ist es gleich, welche Farbe die Helme und Uniformen haben, die von denjenigen getragen werden, die sie schützen sollen", sagte der UN-Generalsekretär. "Sexuelle Ausbeutung und Machtmissbrauch haben keinen Platz bei den Vereinten Nationen und in einer Welt, in der alle Menschen in Würde leben können."

Seit den frühen 1990er Jahren haben sich UN-Friedenssoldaten in vielen Ländern der Welt sexuelle Übergriffe zuschulden kommen lassen. Die im Jahr 2003 von dem damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan verkündete Null-Toleranz-Politik, die in diesem Jahr von seinem Nachfolger Ban bekräftigt wurde, hat bisher kaum Auswirkungen gezeigt.

Allein im Jahr 2014 wurden 79 Fälle von sexueller Ausbeutung und Missbrauch registriert. In 51 Fällen wurden Mitglieder von Friedensmissionen und politischen Sondermissionen beschuldigt. (Ende/IPS/ck/21.12.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/12/report-exposes-flawed-un-response-to-sexual-abuse-allegations/

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IPS-Tagesdienst vom 21. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2015

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