Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → WIRTSCHAFT

ARBEIT/2079: Bangladesch - 'Grüne' Jobs in Ziegelindustrie bringen Frauen neue Berufschancen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. Juli 2012

Bangladesch: 'Grüne' Jobs in Ziegelindustrie bringen Frauen neue Berufschancen

von Naimul Haq


Die Schülerin Shumi, die nebenbei in einer Ziegelfabrik arbeitet - Bild: © Naimul Haq/IPS

Die Schülerin Shumi, die nebenbei in einer Ziegelfabrik arbeitet
Bild: © Naimul Haq/IPS

Dhaka, 5. Juli (IPS) - Auf den ersten Blick wirken die jungen Frauen in weißen Kitteln, schwarzen Gummistiefeln und Schutzmasken in dem schmutzigsten Industriezweig in Bangladesch völlig fehl am Platze. Doch in der Ziegelfabrik, die wesentlich umweltschonender als andere Anlagen in dem armen südasiatischen Staat arbeitet, kommt es weniger auf Muskelkraft an.

In der Produktionsstätte in Savar, etwa 35 Kilometer von der Hauptstadt Dhaka entfernt, ist ein in Deutschland entwickelter Hybrider Hoffman-Brennofen (HHK) in Betrieb, der die Rauch- und Rußentwicklung, die ansonsten beim Brennen traditioneller Lehmziegel entsteht, drastisch begrenzt. Die Öfen werden zudem halbautomatisch angetrieben und erfordern daher keine Schwerstarbeit mehr. Daher sind auch viele Frauen in dem Bereich beschäftigt.

Seitdem im vergangenen Jahr die Produktion in dem Pilotbetrieb anlief, haben zahlreiche Frauen aus nahegelegenen Dörfern die schlecht bezahlte Feldarbeit gegen einen qualifizierten Job in der Fabrik eingetauscht.

"Früher habe ich jeden Tag neun Stunden auf einer Kartoffelfarm geschuftet und damit monatlich umgerechnet nur 17 US-Dollar verdient", sagte die 34-jährige Salma Begum aus dem nahegelegenen Dorf Bhatiakandi. Als Aufseherin in der Verladeabteilung dieser modernen Ziegelfabrik bringe sie im Monat ein Gehalt von 64 Dollar nach Hause.

Auch für die 42-jährige Rehana Begum, die früher auf einer Gemüsefarm arbeitete, hat sich das Leben vollständig verändert, nachdem sie eine fünfmonatige Ausbildung zur Ziegeleiarbeiterin machte. Seitdem ist sie gemeinsam mit ihrem Mann Motin in der Fabrik beschäftigt. Zusammen verdient das Ehepaar 120 Dollar im Monat. Das reicht für den Unterhalt der sechsköpfigen Familie und der Schwiegermutter.


UNDP will umweltschädliche Brennöfen verbannen

Das UN-Entwicklungsprogramm UNDP hatte 2010 in Bangladesch neue Technologien eingeführt, um die umweltbelastenden fixierten Kaminöfen (FCK) zu ersetzen, die große Mengen an CO2 in die Atmosphäre ausstoßen. Die Ziegelindustrie in Bangladesch war nie reglementiert worden. Bei der Produktion, die während der sechs trockenen Monate vorangetrieben wurde, kamen vorwiegend Männer zum Einsatz.

Hisham Uddin Chisty, der für die Organisation 'Clean Energy Alternatives' (CEA) tätig ist, sieht Frauen durch die Mechanisierung der Arbeit mittlerweile gut in diesen Produktionszweig integriert.

Die Arbeiterinnen sind davon begeistert, sich neue Fähigkeiten anzueignen. "Vor drei Monaten habe ich eine fünftägige Schulung mitgemacht und dann als Lehrling in der Fabrik angefangen. Ich habe gelernt, die neuesten Maschinen zu bedienen und qualitativ gute Ziegel herzustellen", sagte die 27-jährige Shahera Begum.

Murtoja Ali, die in der Marketing-Abteilung von CEA arbeitet, ist der Meinung, dass Frauen in einigen Bereichen, in denen keine Schwerstarbeit geleistet werden muss, weit bessere Leistungen erbrächten als Männer, weil sie mehr Geduld hätten. Etwa 80 Frauen seien mit kurzfristigen Verträgen in der Fabrik beschäftigt, damit sie sich zwischendurch um ihre Familien kümmern könnten. Sie selbst nutzt die einstündige Mittagspause, um nach Hause zu gehen und für die Familie zu kochen.

In dem Dorf Ganakpara lebt auch die 16-jährige Schülerin Shumi, die am Fließband sitzt und zwischen den Schichten den Unterricht besucht. Die jüngste Arbeiterin in der Fabrik verdient 56 Dollar im Monat und will unbedingt die Schule abschließen. "Meine Vorgesetzten sind sehr großzügig", freut sie sich. "In einer solchen Atmosphäre arbeite ich gern."

Die Fabrikanlage, die für rund 842.000 Dollar gebaut wurde, ist mit Umkleideräumen, sauberen Toiletten und Ruheräumen ausgestattet. "Alle Arbeiter sind dazu verpflichtet, nach ihrer Schicht zu duschen. Diejenigen, die in der Nähe des heißen Ofens im Einsatz sind, müssen außerdem Rehydrierungslösungen einnehmen", erklärte der Manager Kabir Hossain.


Kurzzeit-Verträge ermöglichen Ausbildung vieler Arbeitskräfte

Die kurzfristigen Verträge ermöglichten es dem Betrieb, eine große Zahl Arbeiter auszubilden, auf die man in den umliegenden Dörfern jederzeit zurückgreifen könne, sagte Hossain. Wenn das von UNDP finanzierte Projekt 2014 auslaufe und dem Eigentümer der Fabrik übergeben werde, gebe es keinen Mangel an Arbeitskräften, betont Khondker Neaz Rahman, der an der Verbesserung von Brennöfen arbeitet.

Im Rahmen des Pilotprojekts sind in Bangladesch derzeit vier moderne Ziegelfabriken in Betrieb, zwei in Savar und je eine in den Distrikten Natore und Gazipur. Frauen haben überall die Möglichkeit, ihre Babys zu stillen. Alle Beschäftigten können sich außerdem regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. Jeden Monat werden zudem Brandschutzübungen durchgeführt.

Während der Schichten dürfen sich die Arbeiter zwar nicht unterhalten. Dafür stehen ihnen Teepausen zur Verfügung. Wie Kabir berichtete, können kranke Beschäftigte jederzeit die Erlaubnis einholen, nach Hause zu gehen oder sich in der Fabrik auszuruhen. Da es viele ausgebildete Kollegen gibt, kann immer jemand kurzfristig einspringen.

Die Arbeitsbedingungen in dem Industriezweig dürften sich weiter verbessern, wenn die Regierung allen Betrieben weitere Lizenzen verweigert, die bis September noch nicht die neuen Technologien eingeführt haben. Außerdem müssen im nächsten Jahr alle Kaminöfen abgeschafft werden. (Ende/IPS/ck/jt/2012)


Links:

http://www.undp.org/content/undp/en/home/presscenter/articles/2011/06/20/eco- friendly-brick-technique-helps-build-a-cleaner-bangladesh.html
http://www.cea-bd.com/site/
http://www.ipsnews.net/2012/07/green-bricks-pave-future-for-female- workers/

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 5. Juli 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juli 2012