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ARBEIT/2154: Neue Studie - Hochqualifizierte Einwanderer sind keine Bedrohung (idw)


Universität Bayreuth - 17.04.2013

Neue Studie: Hochqualifizierte Einwanderer sind keine Bedrohung für einheimische Hochqualifizierte



In den westlichen Industrieländern ist die Befürchtung verbreitet, die Einwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte wirke sich nachteilig auf diejenigen einheimischen Arbeitskräfte aus, die ebenfalls über hohe Qualifikationen verfügen. Deren Einkommen würden tendenziell sinken, wenn sie mit einer wachsenden Zahl hochqualifizierter Zuwanderer konkurrieren müssten. Doch diese Befürchtungen sind unbegründet. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, im World Bank Economic Review veröffentlichte Studie. Die Autoren sind Prof. Dr. David Stadelmann, Professor für Entwicklungsökonomik an der Universität Bayreuth, und Prof. Dr. Volker Grossmann von der Université Fribourg (Schweiz).

Für ihre Untersuchung haben die beiden Autoren ein neues volkswirtschaftliches Modell entwickelt. Damit wird es erstmals möglich, die Auswirkungen von Migration auf Einkommens- und Produktivitätsunterschiede zwischen einzelnen Ländern zu betrachten. Ergänzt wird dieses theoretische Modell durch umfassende Einwanderungsdaten, die von den Ökonomen Frederic Docquier und Abdeslam Marfouk für die Weltbank zusammengestellt und veröffentlicht wurden. Die Daten beziehen sich auf die Jahre 1990 und 2000. In diesem Zeitraum ist die Zahl der Einwanderer mit einem Hochschulabschluss und einem Alter von über 25 Jahren weltweit von etwa 12,5 Mio. auf 20,4 Mio. gestiegen. Auf dieser Datenbasis haben Stadelmann und Grossmann das Bruttoinlandsprodukt, die Produktivität und die Einkommen hochqualifizierter Arbeitskräfte sowohl in den OECD-Mitgliedsländern als auch in den Herkunftsländern der Einwanderer untersucht und zueinander ins Verhältnis gesetzt.

Dabei zeigt sich, dass die Produktivität in den Ländern, die hochqualifizierte Einwanderer aufnehmen und ihren eigenen Arbeitsmarkt öffnen, im Vergleich zu deren Herkunftsländern steigen kann. Die wirtschaftliche Stärkung durch höhere Produktivität führt wiederum dazu, dass einheimische Arbeitskräfte mit ebenso hohen Qualifikationen keine Einbußen erleiden. "Folgt man einfachen ökonomischen Standardmodellen, dann sollten diesem Personenkreis schädliche Auswirkungen - insbesondere in Bezug auf das eigene Einkommen - drohen, wenn die Zahl hochqualifizierter Einwanderer steigt", erklärt Stadelmann. "Doch in der Wirklichkeit kommen derartige Nachteile nicht vor. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Einwanderung hochqualifizierter Arbeitnehmer erhebliche Produktivitätszuwächse mit sich bringt. Diese kommen allen Hochqualifizierten im Land zugute. Zudem profitieren auch tendenziell gering qualifizierte Arbeitnehmer davon, wenn die Zahl hochqualifizierter Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt steigt."

Insgesamt zeigt die Untersuchung, dass Länder, die eine große Anziehungskraft auf hochqualifizierte Migranten ausüben, erhebliche wirtschaftliche Vorteile daraus ziehen können. Hingegen müssen Länder, aus denen hochqualifizierte Arbeitnehmer abwandern, mit den negativen wirtschaftlichen Folgen kämpfen.

Mit ihrer Studie wollen die beiden Autoren die bisweilen sehr emotional geführten Diskussionen entschärfen, die in jüngster Zeit in einigen westlichen Industrieländern - beispielsweise in Österreich und in der Schweiz - aufgeflammt sind. "Hochqualifizierte haben die Zuwanderung von Hochqualifizierten nicht zu fürchten", fasst Stadelmann ein zentrales Ergebnis der Studie zusammen. Aufgrund weiterführender volkswirtschaftlicher Überlegungen ist er geneigt, sogar noch einen Schritt weiter zu gehen: "Manches spricht dafür, dass einheimische Hochqualifizierte sogar davon profitieren können, wenn die Zahl der hochqualifizierten Arbeitskräfte auf dem einheimischen Arbeitsmarkt wächst."

Veröffentlichung:
Volker Grossmann and David Stadelmann,
Wage Effects of High-Skilled Migration: International Evidence
in: World Bank Economic Review (2013), published ahead of print,
DOI: 10.1093/wber/lht002

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution4

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bayreuth, Christian Wißler, 17.04.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2013