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ARBEIT/2478: Sachsen-Anhalt - Zugewanderte Fachkräfte, Es kommen viele, aber es bleiben wenige (idw)


Zentrum für Sozialforschung Halle e. V. an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg - 08.10.2015

Zugewanderte Fachkräfte: Es kommen viele, aber es bleiben wenige


Um die Fachkräftelücke zu decken, ist Zuwanderung eine Chance. Doch viele Flüchtlinge, die in Deutschland auch arbeiten wollen, zieht es in Ballungsräume. "Wir beobachten eine hohe Mobilität von ausländischen Fachkräften" sagt Kay Senius, Chef der Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt auf einer Podiumsdikussion des 5. Workshops im Rahmen des ZSH-Projektes Ankommen-Willkommen.


Sachsen-Anhalt schrumpft. Zwischen 2012 und 2030 wird ein Bevölkerungsrückgang von 13,6 Prozent erwartet. Keine andere EU-Region ist so dramatisch vom demografischen Wandel betroffen. Durch die Alterung der Gesellschaft werden die Auswirkungen auch auf dem Arbeitsmarkt zu spüren sein. Bis Ende 2020 werden mindestens 80.000 Fachkräfte benötigt.


Andere Regionen entfalten größere Sogwirkung

Um diese Fachkräftelücke zu decken, ist Zuwanderung eine Chance. Doch viele Flüchtlinge, die in Deutschland auch arbeiten wollen, zieht es in Ballungsräume. "Wir beobachten eine hohe Mobilität von ausländischen Fachkräften" sagt Kay Senius, Chef der Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt. Gerade gut ausgebildete Spezialisten zieht es schnell und vorrangig in die Metropolen Westdeutschlands. "Dort sind die Verdienstchancen noch besser und zudem leben dort Landsleute. Das entfaltet eine große Sogwirkung" beschreibt Senius.

Diese Erfahrung hat auch die Landrätin von Mansfeld-Südharz gemacht. "Es kommen sehr viele, aber es bleiben sehr wenige!" sagt Angelika Klein. Es geht also um Anreize, wie Zugewanderte in Sachsen-Anhalt gehalten werden können. Das Zentrum für Sozialforschung Halle geht genau dieser Frage nach. Gemeinsam mit Partnern am Arbeitsmarkt analysieren die Wissenschaftler, wie die Attraktivität erhöht werden kann. "Menschen gewinnen, Migration ermöglichen" beschreibt Andreas Siegert vom Zentrum für Sozialforschung in Halle die Ziele des Projektes Ankommen-Willkommen.


Bindungskraft der Region

Erste Ansätze gibt es bereits. "Berufliche und soziale Integration sind ein Erfolgsfaktor" sagt Siegert. "Gehaltsunterschiede werden auch mal toleriert, wenn ich mit einem Ort verwurzelt bin und dort gern lebe" beschreibt Senius eine Erkenntnis der innerdeutschen Pendelbewegung. Viele Ostdeutsche, die seit Jahren nach Westdeutschland zur Arbeit pendeln, wollen hier in Sachsen-Anhalt leben. Übertragen auf Zuwandernde heißt das, eine klare Botschaft zu senden. "Ein Willkommensschild ist zu wenig, dieses Gefühl muss von der Gesellschaft vermittelt werden", so Senius. "Willkommenskultur heißt für uns, Bewusstsein für ausländische Mitarbeiter zu schaffen, andere Kulturen zu verstehen und sich gegenseitig zu akzeptieren" sagt Sigrun Trognitz, Geschäftsführerin des Allgemeinen Arbeitgeberverbands der Wirtschaft. Die Wirtschaft werde den Fachkräftebedarf auch mit ausländischen Arbeitskräften decken. "Diese werden nicht anstatt deutsche Fachkräfte benötigt, sondern zusätzlich" hebt sie hervor.

Und es geht auch darum, nicht nur auf Spezialisten zu schauen. "Natürlich gibt es qualifizierte Einwanderer, etwa Ärzte" sagt Klein. "Wir möchten aber auch diejenigen willkommen heißen, denen zuerst mit einer Qualifizierung geholfen werden muss" erläutert die Landrätin.


Einwanderung und demographischer Wandel sind eine Einheit

"Einwanderung und demografischer Wandel müssen landespolitisch als Themeneinheit verstanden und vermittelt werden" beschreibt Siegert eine weitere Herausforderung.

Neue Formate flächendeckender politischer Diskussionen sind wichtig, um die ortsansässige Bevölkerung mitzunehmen. Zudem muss die Mittelausstattung der Kommunen Integrationsangebote von Flüchtlingen ermöglichen. Die soziale und berufliche Integration von Flüchtlingen in ländlichen Gemeinden bedeutet eine Herausforderung, birgt aber große Chancen für das Land. Denn regionale Arbeitsmärkte und der Bedarf an Unternehmensnachfolgern bieten Ansätze für erfolgreiche Integrationsstrategien. Integrationshürden sollten dabei nicht zu hoch eingeschätzt werden.


Weitere Informationen unter:
http://www.ankommen-willkommen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1578

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Zentrum für Sozialforschung Halle e. V. an der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg, Ingo Wiekert, 08.10.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2015

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