Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → WIRTSCHAFT

BANK/464: Weltbank - Schutzbestimmungen für Whistleblower nur auf dem Papier (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. März 2011

Korruption:

Schutzbestimmungen für Whistleblower nur auf dem Papier

Von Charles Davis


Washington, 9. März (IPS) - Multilaterale Finanzorganisationen wie die Weltbank haben nach eigenen Angaben wirksame Maßnahmen gegen Korruption in den eigenen Reihen ergriffen. Doch beim Schutz von Mitarbeitern, die interne Missstände zur Sprache bringen, besteht noch immer Nachholbedarf. In den meisten Fällen müssen die sogenannten Whistleblower mit Einschüchterungen, Schikanen und dem Verlust ihrer Stelle rechnen.

Im Juni 2008 hatte die Weltbank verschiedene Mechanismen eingeführt, die Mitarbeiter ermutigen sollen, Fehlverhalten und Unregelmäßigkeiten in der Organisation anzuzeigen. "Diese Maßnahmen senden die unmissverständliche Botschaft aus, dass Vergeltungsschläge gegen Whistleblower nicht geduldet werden", sagte damals Hasan Tuluy, der Weltbank-Vizepräsident für humanitäre Ressourcen.

Die Schutzvorkehrungen für Informanten erfolgten gut ein Jahr nach dem Rücktritt des ehemaligen Weltbankpräsidenten Paul Wolfowitz, eine treibende Kraft hinter dem US-geführten Einmarsch in den Irak 2003. Zahlreiche Whistleblower hatten in den zwei Jahren seiner Amtszeit eine Korruptionsaffäre nach der anderen publik gemacht wie etwa eine Gehaltserhöhung von 47.000 Dollar für eine Weltbankmitarbeiterin, mit der er liiert war. Wolfowitz reagierte auf die Vorwürfe mit Untersuchungen, um die undichten Stellen in der Organisation aufzuspüren.

Die Lage der Informanten habe sich bisher nur auf dem Papier verbessert, meint dazu Beatrice Edwards vom 'Government Accountability Project' (GAP), das sich für den Schutz von Whistleblowern einsetzt. Diejenigen, die bei GAP um Hilfe ansuchten, seien bereits zahlreichen Schikanen ausgesetzt gewesen, so die ehemalige Weltbankmitarbeiterin. "Wenn sie bei uns vorstellig werden, stehen sie meist kurz vor dem Ende ihrer Laufbahn."


Problem der diplomatischen Immunität

Einschüchterungsmaßnahmen und die Auflösung ihrer Arbeitsverträge sind nach wie vor das, was Whistleblower erwartet - möglicherweise wegen der diplomatischen Immunität, die Weltbank und anderen internationalen Institution genießen. Korrupte Vorgesetzte unterliegen nicht etwa den Gesetzen des Landes, in denen sie tätig sind. Sie müssen sich vor dem 'System zur Lösung von Konflikten' verantworten, das nach Ansicht seiner Kritiker vor allem politischen Prinzipien verpflichtet ist.

"Die internen Rechtssysteme der Banken kranken an Disfunktionalität und Parteilichkeit", meint Edwards. "Das lässt sich besonders gut in Fällen beobachten, in denen Whistleblower die Banken in Misskredit brachten." Obwohl interne Stellen wie das Büro der Weltbank für Ethik und Geschäftsgebaren Whistleblower schützen sollen, sind sie letztendlich auch nur Mitglieder ein und derselben Weltbankfamilie.

Eine Revision der Whistleblowing-Fälle der Jahre 2000 bis 2008 hat ergeben, dass die an der Aufklärung beteiligten Mitarbeiter zu 85 Prozent unverschuldet ihren Job verloren. Edwards zufolge hat sich die Lage seither nicht verbessert. (Ende/IPS/kb/2011)



Links:
http://www.whistleblower.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=54766

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 9. März 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2011