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ENERGIE/1983: Strompreiserhöhung kommt (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 5 vom 30. Januar 2015
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Strompreiserhöhung kommt
Über das Wie streiten Energiekonzerne und Bundesregierung

von Bernd Müller


Der Konflikt zwischen den Energiekonzernen und der Bundesregierung erlebt in diesen Tagen ein Comeback. Gestritten wird über den Strommarkt der Zukunft und ob dabei Subventionen an die Konzerne fließen sollen. Leidtragende dürften auf jeden Fall die Bürger sein.

Die Energiewende ist der Grund des Streits. Das Angebot von Strom aus Wind, Sonne und Biomasse hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen und die Kohle- und Atomkraftwerke stark unter Druck gesetzt.

Bescherte der deutsche Energiemarkt bisher Konzernen wie Eon und RWE satte Gewinne, mit denen sie ihre Expansion im Ausland vorantreiben konnten, haben sie heute mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Das Überangebot am Strommarkt, das auftritt wenn reichlich Ökostrom produziert wird, drückt den Börsenpreis und die konventionellen Kraftwerke fahren entsprechend weniger Profite ein. Knapp 50 Kraftwerke wollen die Konzerne deshalb stilllegen, was ihnen aber erst nach Genehmigung durch die Bundesnetzagentur möglich ist.

Das ist die Crux: Einerseits lassen sich die konventionellen Kraftwerke mit den jetzigen Börsenpreisen kaum wirtschaftlich betreiben; andererseits werden sie aber auch künftig benötigt. In Flautezeiten, wenn die Sonne nicht ausreichend scheint oder kein Lüftchen geht, müssen sie die Versorgungslücke füllen. Die Konzerne wollen nun die Kosten dafür, dass sie unrentable Kraftwerke vorhalten müssen, auf die Endverbraucher abwälzen. Dazu haben sie eine Extraabgabe vorgeschlagen, die auf den Strompreis aufgeschlagen werden soll.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat im Interview mit dem Handelsblatt diesem Vorschlag eine Abfuhr erteilt - im Interesse der energieintensiven Industrie. Diese fürchte sich vor einem neuen Umlagesystem, das den Strompreis in die Höhe treiben könnte. So argumentiert Gabriel, auf dem deutschen Kraftwerksmarkt gebe es erhebliche Überkapazitäten, die abgebaut werden müssen. Nicht wenige von denen, die einen Kapazitätsmarkt verlangen, würden hinter dieser Forderung das Interesse verstecken, eben diese Überkapazitäten auf Kosten der Stromverbraucher zu konservieren. Es seien alte Kraftwerke am Netz gehalten worden, weil Deutschland wegen des niedrigen Börsenpreises immer mehr Strom ins Ausland liefert.

Gabriel hat anderes vor. Im Handelsblatt-Interview sagte er: "Vertrauen Sie dem Markt." Der Preis für Elektrizität solle der einzige Maßstab sein. Alte, unrentable Kraftwerke würden so als erstes aus dem Markt gedrängt. Werden in der Folge die Kapazitäten knapper, steigt der Strompreis wieder und mit ihm der Ertrag der Konzerne. In Zeiten besonderer Knappheit könnten dann die Preise auch kurzzeitig um das Tausendfache steigen und - so das Kalkül des Wirtschaftsministers - den Konzernen einen Ausgleich bescheren für jene Zeiten, in denen sie mit ihrem Strom nichts oder nur wenig verdienen. "Weil solche Preisspitzen drohen, werden sich Unternehmen auch wieder langfristig mit Stromlieferverträgen eindecken", meint Gabriel und glaubt, das bringe wieder mehr Investitionssicherheit für Stromerzeuger und -lieferanten. Welche Auswirkungen diese Preisspitzen aber auf die Rechnung der Bürger haben werden, sagte er dagegen nicht.


Bernd Müller, Dipl.-Ing., freier Journalist

Weitere Informationen unter:
www.bernd-mueller.org

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 47. Jahrgang, Nr. 5 vom 30. Januar 2015, Seite 4
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2015

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