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ENTWICKLUNGSHILFE/086: Zerstörerische Palmölproduktion - Entwicklungsagenturen leisten Schützenhilfe (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Mai 2011

Afrika: Zerstörerische Palmölproduktion - Entwicklungsagenturen leisten Schützenhilfe

Von Julio Godoy


Paris, 12. März. (IPS) - In den Ländern südlich der Sahara wird immer mehr Palmöl industriell von ausländischen Firmen produziert. Dadurch wird die Lebensgrundlage Tausender Afrikaner und die Artenvielfalt der Ökosysteme zerstört. Dennoch setzen die Industriestaaten und internationalen Entwicklungsagenturen ihre Förderung für diesen Wirtschaftszweig fort.

Palmenplantagen und Ölfabriken gibt es mittlerweile in mindestens der Hälfte aller Länder der Subsahara, vor allem in Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo und Ghana. Zu den Produzenten gehören der französische Konzern Bolloré, der brasilianische Erdölriese Petrobras, das italienische Unternehmen ENI und die in Singapur ansässige Firma Wilmar International. Insgesamt machen Unternehmen mit Sitz in Europa den größten Anteil aus.

Wie Ricardo Carrere von der Organisation 'World Rainforest Movement' (WRM) erklärt, stützt sich die industrielle Palmölproduktion auf großflächig angelegte Monokulturen. "In den meisten Fällen wird den Anwohnern Land weggenommen, für das sie keine oder nur eine geringe Entschädigung erhalten", kritisierte er. Artenreiche Ökosysteme, insbesondere Wälder, würden dabei vernichtet.


Modernes Sklaventum

Zudem seien die Arbeitsbedingungen entsetzlich, sagte Carrere IPS. Die Arbeiter würden fast wie Sklaven behandelt und schlecht bezahlt. Als eines der 'schwarzen Schafe' unter den Palmölproduzenten nannte er die Bolloré-Niederlassung in Kamerun. Die Beschäftigten seien in unhygienischen Quartieren untergebracht und hätten keinen regelmäßigen Zugang zu Wasser oder Strom. Die Arbeiter mit befristeten Verträgen erhielten besonders wenig Geld.

Auch andere Experten bestätigten, dass auf den Plantagen hunderte Arbeitskräfte sechs Tage pro Woche oftmals bis zu zwölf Stunden schufteten. Sie sind nicht sozialversichert und verdienen am Tag umgerechnet nur etwa zwei US-Dollar.

Die neuen Produktionsmethoden seien zudem wesentlich weniger effizient als die traditionellen, bemängelte Carrere. Das Land werde jetzt stark entwässert und mit Agrochemikalien behandelt, die die lokalen Gewässer belasten.

Beobachter führen die Ausweitung der Plantagen für die Palmölproduktion vor allem auf die steigende Nachfrage nach so genanntem Biosprit in den Industrieländern zurück. Mehrere Untersuchungen belegen inzwischen, dass die vermeintlich umweltfreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen in Wirklichkeit verheerende Auswirkungen auf die Natur hat.

Deutlich sichtbar sind die negativen Folgen auf der ugandischen Bugala-Insel im Victoriasee. Lokalen Nichtregierungsorganisationen zufolge, die im 'Kalangala-Bezirksforum organisiert sind, ist der Waldbestand zunehmend gefährdet, die Böden erodieren und Feuchtgebiete trocknen aus. Darüber hinaus werden die Menschen von ihrem Land vertrieben. Auch verlieren sie den Zugang zu den natürlichen Ressourcen.

Das Forum beklagte zudem, dass die Plantagen die Grundstückspreise jäh in die Höhe getrieben und die lokale Wirtschaft vernichtet haben. Den regionalen und multilateralen Organisationen, die diesen Prozess unterstützt haben, warf Carrere vor, ihre Augen vor den negativen sozialen und ökologischen Folgen der Palmölproduktion verschlossen zu haben. Die Vorzüge der traditionellen Arbeitsweisen seien zudem völlig ignoriert worden.


Auch Vorwürfe gegen GIZ

Der Umweltexperte kritisierte in diesem Zusammenhang die Afrikanische Entwicklungsbank, die Afrikanische Investitionsbank, den Europäischen Entwicklungsfonds, die Europäische Investitionsbank und die 'Partnership Dialogue Facility', ein im Rahmen der EU-Energieinitiative (EUEI) entwickeltes Finanzierungsinstrument.

Auch die US-Entwicklungsbehörde USAID und das Landwirtschaftsministerium in Washington und die britische Entwicklungsbehörde Dfid und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) machte Carrere für das Dilemma mitverantwortlich.

Doch auch UN-Agenturen, monierte der Experte und nannte die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO und den Internationalen Fonds für ländliche Entwicklung (IFAD). Sie seien zugunsten der Palmölproduktion in Afrika aktiv geworden. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Mai 2011