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ENTWICKLUNGSHILFE/095: Haiti - Verwendung von US-Hilfen nach Beben unklar, Transparenz gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. April 2013

Haiti: Verwendung von US-Hilfen nach Beben unklar - Transparenz gefordert

von Kitty Stapp



Haiti, 8. April (IPS) - Nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti 2010 haben die USA dem Land mehr als eine Milliarde US-Dollar an finanzieller Hilfe bereitgestellt. Wofür die Gelder ausgegeben wurden, lässt sich offenbar nicht ohne Weiteres nachvollziehen.

Zu diesem Ergebnis kommt das 'Centre for Economic and Policy Research' (CEPR) in Washington. Wie aus einem kürzlich erschienenen Bericht der unabhängigen Denkfabrik hervorgeht, hat vor allem die US-Entwicklungsbehörde USAID geschlampt, was Überprüfung und Evaluierung von Projekten anging.

Wie die beiden CEPR-Autoren Jake Johnston und Alexander Main schreiben, wurde seit dem Beben 2010 nur ein kleiner Teil der US-finanzierten Programme evaluiert, der jedoch "ein besorgniserregendes Bild von der Art und Weise zeige, wie die US-Hilfen und Aufbaumaßnahmen durchgeführt wurden".

Die Autoren stellten unter anderem fest, dass weit weniger Haitianer an den Wiederaufbauarbeiten beteiligt worden sind als ursprünglich zugesagt. Haitianische Firmen wurden demnach weitgehend von US-finanzierten Projekten ausgeschlossen. Zudem seien Zielsetzungen nicht erreicht und die Maßnahmen der Konzessionsempfänger nicht angemessen kontrolliert worden, heißt es weiter. USAID hat bisher keine internen Untersuchungen zu den Vertragsunternehmen durchgeführt.


Lokale NGOs und Firmen außen vor

Von den rund 1,15 Milliarden US-Dollar, die die USA seit dem Erdbeben in Form von Verträgen und finanzieller Unterstützung bereitgestellt haben, ging nach Erkenntnissen von Johnston und Main "mehr als die Hälfte an die größten zehn traditionellen Empfänger der USAID-Hilfen", insbesondere an die gewinnorientierte Entwicklungsorganisation 'Chemonics International'. Weniger als ein Prozent der USAID-Hilfen sei direkt an haitianische Unternehmen und Organisationen gegangen.

Außerdem liegen nur wenige Informationen über die Vertragsfirmen vor, an die die Empfänger der USAID-Hilfen das Geld weitergeleitet haben. Dem Bericht zufolge sind bei den 540 Millionen Dollar, die die US-Behörde über Verträge vergeben hat, nur in einem Fall von 'MHW Americas' Informationen über die Subunternehmen in die Datenbank über die US-Ausgaben (http://usaspending.gov/) eingepflegt worden.

"Wir wissen einfach nicht, wo das Geld geblieben ist. Der Mangel an Transparenz ist groß", kritisierte Vijaya Ramachandran vom 'Centre for Global Development' (CGD) in Washington. Sie geht davon aus, dass Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und privaten Vertragsfirmen weltweit mindestens drei Milliarden Dollar an US-Steuergeldern zugeflossen sind. "Was damit passiert ist, wissen wir nicht", sagte die Expertin.

"Die Gruppen müssen der US-Regierung eigentlich jedes Vierteljahr Rechenschaft über die Verwendung der Mittel ablegen. Ob dies tatsächlich geschieht, können wir nicht nachprüfen, da die Daten der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind", berichtete Ramachandran.


Daten zurückgehalten

Johnston und Main merken zudem an, dass die US-Entwicklungsbehörde USAID auch weiterhin versucht, die Informationen geheim zu halten. Mehrere Versuche, eine Freigabe unter Berufung auf das Gesetz über Informationsfreiheit zu erreichen, seien blockiert worden.

Dabei sei Transparenz extrem wichtig, um sicherzustellen, dass die haitianische Regierung die Führungsrolle beim Wiederaufbau des Landes innehabe, meinte Johnston. "Es ist außerdem wichtig, dass sich die US-Steuerzahler, die diese Operationen möglich machen, darauf verlassen können, dass die Gelder effizient eingesetzt werden."

Johnston zufolge hat USAID auch die CEPR-Recherchen zu behindern versucht. Die Behörde selbst wollte die Vorwürfe nicht kommentieren. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.cepr.net/index.php/publications/reports/breaking-open-the-black-box
http://haiti.usaid.gov/
http://international.cgdev.org/
http://www.ipsnews.net/2013/04/u-s-aid-to-post-earthquake-haiti-a-black-box/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 8. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2013