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ENTWICKLUNGSHILFE/104: China - Süd-Süd-Kooperation, fünf Milliarden Dollar Entwicklungshilfe für Afrika (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. November 2015

China: Süd-Süd-Kooperation - Fünf Milliarden Dollar Entwicklungshilfe für Afrika

von Martin Khor*


Bild: © Jeffrey Moyo/IPS

Straßenhändler in Afrika
Bild: © Jeffrey Moyo/IPS

Genf (IPS/IDN) - China ist zu einem der wichtigsten Abnehmer südafrikanischen Weins geworden. Nachdem der Export nach Europa in diesem Jahr stark eingebrochen ist, hat sich die Ausfuhr südafrikanischen Weins nach China 2015 verdoppelt. Die asiatische Wirtschaftsmacht ist damit der sechstgrößte Abnehmer von Wein aus Südafrika, wie mehrere Zeitungen aus der Region berichten. Doch nicht nur auf diesem Gebiet blüht die Süd-Süd-Kooperation. China will fünf Milliarden US-Dollar in die Entwicklungsfinanzierung Afrikas stecken.

Der größte Teil des Geldes soll in einen Süd-Süd-Klimafonds fließen. 3,1 Milliarden Dollar will China in Klimaschutz- und -anpassungsprojekte stecken. Das ist mehr als die USA für den globalen Grünen Klimafonds vorgesehen haben, mit dem die Länder des Nordens die Klimaanpassung der Länder des Südens finanzieren sollen. 3 Milliarden US-Dollar wollen die USA in den Fonds, der im Rahmen der UN-Klimakonvention gegründet wurde, einzahlen. Bisher haben sie das allerdings noch nicht getan.

Weitere 2 Milliarden US-Dollar will die chinesische Regierung an Entwicklungsländer zahlen, um sie bei der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen, auf die sich die UN-Mitgliedstaaten im September geeinigt hatten.

China ist in der Vergangenheit wiederholt als Finanzierer der Entwicklungshilfe im globalen Süden aufgefallen. Doch die jetzt angekündigte große Summe von zusammen 5,1 Milliarden Dollar macht aus dem asiatischen Land einen neuen politischen Akteur auf dem internationalen Teppich.

Entwicklungshilfe wird in der Regel in Nord-Süd-Kooperationen und Süd-Süd-Kooperationen unterteilt. Mit der Nord-Süd-Kooperation hat sich der Norden zur Zahlung von Hilfsgeldern verpflichtet, um seine historische Schuld an der Kolonialisierung und der jahrzehntelangen Ausbeutung des Südens wiedergutzumachen. Die Ansichten darüber, ob die heutige Entwicklungshilfe nicht letztlich auch wieder dem Norden nutzt, weil vor allem Wirtschaftsbeziehungen gestärkt werden, von denen europäische und US-amerikanische Firmen profitieren, ist umstritten.


Industrieländer zahlen weniger Entwicklungshilfe

Industrieländer hatten sich darauf geeinigt, je 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes an Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. Doch selbst davon sind die meisten Länder weit entfernt. In absoluten Zahlen haben im Jahr 2014 die USA am meisten Hilfsgelder zur Verfügung gestellt, darauf folgte Großbritannien. Deutschland stand mit 12,2 Milliarden US-Dollar an dritter Stelle. Das bedeutete allerdings lediglich 0,42 Prozent des Bruttoinlandsproduktes - nur etwas mehr als die Hälfte der anvisierten Höhe.

In den vergangenen Jahren haben die westlichen Staaten ihre Entwicklungshilfe insgesamt immer weiter zurückgefahren und versucht, wirtschaftsstärkere Länder des Südens auch zur Zahlung zu verpflichten. Das widerspricht allerdings den Grundprinzipien der sogenannten Offiziellen Entwicklungshilfe ODA.

Dennoch hat vor allem China in den vergangenen Jahren seine Fühler immer mehr in andere Länder des Südens ausgestreckt, vor allem nach Afrika. Neben stärkerem Handel und der Unterstützung mit technischem Know-how hat China auch verstärkt Entwicklungsgelder zur Verfügung gestellt.


"Gleichheit, Vertrauen, Solidarität"

Für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping sorgt die Süd-Süd-Kooperation dafür, den Zusammenhalt der Entwicklungsländer zu stärken. Die Kooperation baue auf "Gleichheit, gegenseitiges Vertrauen, gegenseitigen Nutzen und Solidarität" und könne letztlich für mehr Wohlstand sorgen, wie er bei einem UN-Treffen zur Süd-Süd-Kooperation im September in New York erläuterte.

Neben den Hilfsgeldern verkündete die chinesische Regierung, auch eine 'Akademie für die Süd-Süd-Kooperation und Entwicklung' gründen zu wollen. Diese solle wissenschaftliche Untersuchungen in den Ländern des globalen Südens ermöglichen und den Austausch zu Theorie und Praxis der Entwicklungsmodelle fördern.

Als nächsten Schritt muss China die Rahmenbedingungen abstecken und eine institutionelle Basis für die Hilfsgelder schaffen. Will die Regierung einen Süd-Süd-Klimafonds einrichten, braucht dieser ein Rahmenwerk, in dem seine Ziele und seine Funktion festgelegt werden. Außerdem braucht es Personal, das die Hilfsgelder verteilt, sowie Strukturen, um Gelder zu verwalten und zu versenden.


Auch BRICS-Bank will Entwicklungshilfe leisten

Im Sommer dieses Jahres hatten die Staaten der BRICS-Gruppe, zu der neben China auch Brasilien, Russland und Indien gehören, die Gründung einer eigenen Entwicklungsbank angekündigt. Die NDB, die mit 100 Milliarden Dollar an den Start gehen soll, ist zum Teil aus der Unzufriedenheit der Schwellenländer mit den traditionellen und von westlichen Ländern dominierten internationalen Entwicklungsinstitutionen wie Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) hervorgegangen.

Die BRICS-Bank soll unter anderem die Finanzierungslücken schließen, die die internationalen Kreditanstalten in Entwicklungs- und Schwellenländern hinterlassen haben. In einem Papier der internationalen Hilfsorganisation 'Oxfam' aus dem letzten Jahr heißt es, dass die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) und die Zuwendungen der multilateralen Entwicklungsbanken den Bedarf der Entwicklungsländer an Mitteln zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten gerade einmal zu zwei bis drei Prozent decken können.

Allein Brasilien, Russland, Indien und China generieren ein Viertel des globalen Bruttoinlandsproduktes (BIP). Mit rund drei Milliarden Menschen tragen sie zu 41,4 Prozent zur Weltbevölkerung bei. Die Grenzen dieser Länder umschließen ein Viertel der Landmasse des Planeten Erde.

NGOs zweifelten daran, dass die neue Bank eine Alternative im Sinne der Armutsbekämpfung und nachhaltigen Entwicklung darstellt. Die NGOs befürchten, dass die BRICS-Bank wie die Weltbank Großprojekten den Vorzug geben könnte, die bei der Armutsbekämpfung und dem Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen versagt hätten. Damit sie doch eine Alternative werden könne, müsse sie nach Ansicht der NGOs vier Prinzipien folgen. So sollte sie eine Entwicklung für alle anstreben, Transparenz und Demokratie walten lassen, für die Einhaltung starker Standards sorgen und sich auf die Förderung wirklich nachhaltiger Entwicklungsvorhaben verlegen. (Ende/IPS/jk/12.11.2015)


* Martin Khor ist Exekutivdirektor des 'South Centre'. Der Artikel erschien in einer längeren Fassung am 10. November online in dessen Reihe 'SouthViews'.


Link:

http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/2553-two-chinese-initiatives-game-changer-in-international-relations

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 12. November 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2015

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