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FINANZEN/116: Überall dort, wo Banken zögern - Engelsinvestoren im Anflug (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Januar 2012

Finanzen: Überall dort, wo Banken zögern - Engelsinvestoren im Anflug

von Ramesh Jaura


Berlin, 25. Januar (IPS/IDN*) - Für innovative Jungunternehmer sind diese Engel keine mythischen Lichtgestalten oder Götterboten, sondern Menschen aus Fleisch und Blut. Gemeint sind Investoren, die viel versprechende Firmen mit dem nötigen Startkapital ausstatten, das ihnen herkömmliche Banken versagen.

Die sogenannten 'Engelsinvestoren' bringen im Schnitt zwischen 25.000 bis 500.000 US-Dollar für Firmengründungen auf und beraten deren Mitarbeiter. Sie haben sich in den letzten Jahrzehnten in den USA und Europa zu einflussreichen Instrumenten zur Förderung von Hochwachstumsunternehmen entwickelt und gewinnen auch in anderen Teilen der Welt an Boden.

Zu diesem Ergebnis kommt der Bericht 'Financing High-Growth Firms: The Role of Angel Investors'. Autorin ist Karen Wilson von der Strukturpolitikabteilung des Wissenschafts- und Technologiedirektorats der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Sie habe sich mit dem Thema befasst, nachdem OECD-Mitglieder mehr über das Phänomen der Engelsinvestoren hätten wissen wollen, erläutert Wilson die Motivation für die aufwendige Recherche. Das Interesse habe vor allem der Funktionsweise gegolten, der Entwicklungsgeschichte und den Maßnahmen, die nötig seien, um diese alternativen Start-Up-Finanzierungsquellen weiter auszubauen.

Die Untersuchung gibt einen umfassenden Einblick in die Funktionsweise von Engelsinvestitionen. Sie liefert neben Definitionen eine Vielzahl relevanter Informationen über die weltweiten Entwicklungen, Erfolgsfaktoren, Herausforderungen und jüngsten Trends. Zudem werden die politischen Instrumente zur Förderung von Engelsinvestitionen diskutiert.


Hohe Nachfrage nach Engelsinvestitionen

Der Bericht ergab, dass Engelsinvestitionen zunehmen und durchaus höhere Marktanteile halten können als herkömmliches Risikokapital. So umfasste der europäische Markt für Engelsinvestitionen 2009 rund 5,6 Milliarden US-Dollar, während der Risikokapitalmarkt bei 5,3 Milliarden Dollar lag. In den USA brachten es die Engelsinvestitionen auf 17,7 Milliarden Dollar, das Wagniskapital allerdings auf 18,7 Milliarden Dollar.

Politische Entscheidungsträger geben in der Regel Risikokapital den Vorzug. Doch Engelsinvestitionen seien innovativer und generierten mehr Arbeitsplätze, heißt es in dem Report, für den die Aussagen von 100 Finanzexperten aus 32 OECD- und Nicht-OECD-Staaten ausgewertet worden sind: aus Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Chile, China, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Irland, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, den Niederlanden, Neuseeland, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, der Schweiz, Singapur, der Slowakei, Slowenien, Spanien, der Türkei und den USA.

"Wir haben eine gute Mischung aus Industrie- und Entwicklungsländern ausgewählt und uns dadurch einen guten Einblick verschaffen können, wie sich Engelsinvestoren in den letzten Jahren in einem unterschiedlichen Kontext entwickeln konnten", erläutert Wilson. Durch die Bildung von Engelsgruppen und -netzwerken sei es sogar gelungen, den Sektor zu formalisieren und zu organisieren. Außer Gründungskapital stellen Engelsinvestoren auch strategische und operative Expertisen und Sozialkapital (ihre eigenen persönlichen Netzwerke) bereit.


Robuste Investitionen

Der Untersuchung zufolge ist eine Engelsinvestition weniger anfällig für Marktzyklen als Risikokapital, wobei 'Wohlstandseffekte' die Höhe der Gründungskapitalinvestitionen beeinflussen können.

Gleichzeitig hält das Internet Alternativen für die Gründung sogenannter 'Lean Start-Up'-Unternehmen bereit, die über wenig Anfangskapital verfügen. Diese Firmen arbeiten besonders kapitaleffektiv und können Produkte und/oder Geschäftsmodelle schneller testen als andere Firmen und sich selbst besser anpassen.

Dem Bericht zufolge werden häufig Universitäten als geeignete Ausgangpunkte für Start-Ups genannt. Doch meist sind diese Firmengründungen mehr auf Forschung als auf Kommerz abgestellt und haben deshalb auch seltener die Möglichkeit, Engels- oder Risikoinvestitionen anzuziehen.

Wilson zufolge ergibt sich die allgemeine Unkenntnis über die Existenz der Engelsinvestoren aus dem Umstand, dass diese ihre Informationen in der Regel für sich behalten. Selbst in Fällen, in denen der Sektor formalisiert wurde, sei es schwer, an zuverlässige Angaben heranzukommen. (Ende/IPS/kb/2012)


* Der von 'Global Cooperation Council' und 'Globalom Media' erstellte IDN-InDepthNews ist Partner von IPS-Deutschland unter dem Dach von GlobalNewsHub.Net

Links:
http://www.oecd.org/document/30/0,3746,en_2649_33703_49309726_1_1_1_1,00.html
http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/686-angels-invest-where-banks-dither

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Januar 2012