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FORSCHUNG/891: Erste deutschsprachige Studie - Emojis haben keine Wirkung bei Online-Rezensionen (idw)


Rheinische Fachhochschule Köln - 16.08.2017

Erste deutschsprachige Studie: Emojis haben keine Wirkung bei Online-Rezensionen


Im (Online-)Marketing und bei Online-Rezensionen nehmen grafische Darstellungen wie Emojis oder Emoticons einen immer größeren Stellenwert ein. Die Relevanz ist hoch. Diese Ausgangslage war für zwei Wirtschaftspsychologie (M.Sc.) Studierende der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH) Grund genug, wissenschaftlich zu hinterfragen, welche Wirkung Emojis überhaupt im Kontext von Online-Rezensionen haben. Durch eine experimentelle Onlinestudie mit über 500 Probanden sind die beiden Studierenden zu einem Ergebnis gekommen, dass sie selber überrascht hat. Emojis haben im deutschsprachigen Raum offensichtlich keinen Effekt auf die eigene Meinungsbildung.

Die Anzahl von verwendeten Emojis hat bei den Top 500 Marken in sozialen Netzwerken auf Twitter im Vergleich von 2014 zu 2015 um 32% und auf Facebook sogar um 46% zugenommen. Nicht nur im (Online-)Marketing, auch bei Online-Rezensionen, können inzwischen Emojis verwendet werden. Die Relevanz ist hoch. Bei einer Erhebung in europäischen Ländern zeigt sich, dass immerhin die Hälfte der Konsumenten vor dem Kauf regelmäßig Online-Rezensionen lesen. Zudem werben Unternehmen immer öfter mit Zitaten von Konsumenten, die auch Emojis enthalten können. Diese Ausgangslage war Grund genug, wissenschaftlich zu hinterfragen, welche Wirkung Emojis überhaupt im Kontext von Online-Rezensionen haben.

Befunde aus dem nordamerikanischen und asiatischen Raum zeigen, dass Online-Rezensionen mit Emojis eine Änderung der Produktbewertung bewirken. In Asien kann eine Studie mit einem MP3-Player mit negativen Emojis zum Beispiel eine erhöhte Empathie bei den Lesern nachweisen. Eine nordamerikanische Studie entdeckt in dem Zusammenhang negative Folgen bei Hoteldienstleistungen im Hinblick auf die Einstellung gegenüber dem Hotel und der Buchungsbereitschaft, da Kunden-Rezensionen mit negativen Emojis im Vergleich zu Rezensionen ohne negative Emojis glaubwürdiger auf den Leser wirken.

Diese Studie sollte nun klären, ob die Wirkung der negativen Emojis in diesem Kontext auch auf den deutschsprachigen Raum übertragen werden kann und welche Rolle Konsumgüter bei der Produkteinschätzung spielen.

Um diese Fragestellungen zu beantworten, haben die Kölner RFH-Wirtschaftspsychologie Studierenden Melanie Bender und Roman Schmank eine experimentelle Onlinestudie über das Tool "SoSci Survey" im April 2017 aufgesetzt. Jeder Teilnehmer wurde randomisiert zu einem von insgesamt acht Onlineszenarien zugeteilt. Unterschieden wurde hier zwischen dem Produkt; einem Kugelschreiber (Low-Involvement-Produkt) und einem Laptop (High-Involvement-Produkt), der Produktbewertung (positiv/negativ) sowie dem Einsatz von Emojis (vorhanden/nicht vorhanden). Abgefragt worden sind nach dem Szenario Faktoren wie Nützlichkeit und Glaubwürdigkeit wie auch die Produkteinstellung und Kaufintention im Hinblick auf die Online-Rezension (Produkteinschätzung). Über die sozialen Netzwerke und mittels Schneeballverfahren konnte eine nicht repräsentative Gesamtstichprobe von 515 Probanden für die Studie herangezogen werden, um eine optimale Aussagekraft der Ergebnisse hinsichtlich der Signifikanz zu erhalten. Voraussetzungen zur Teilnahme war ein Mindestalter von 18 Jahren sowie mindestens der gelegentliche Onlinekauf.

Ergebnisse: Überraschenderweise zeigen die Ergebnisse, dass weder der Einsatz von positiven noch negativen Emojis einen Effekt auf die die Faktoren der Produkteinschätzung hat. Auch ist es unabhängig davon, welche Produktart gezeigt wurde. Das heißt, dass für die Leser im deutschsprachigen Raum eine Online-Rezension grundsätzlich die gleiche Wirkung hat - mit oder ohne Emojis.

Erklärung: Interkulturelle Unterschiede sind durchaus möglich. Die Verwendung und Bedeutung variiert von Land zu Land. Des Weiteren wäre auch ein Sättigungseffekt denkbar - da Emojis inzwischen vor allen Dingen in den sozialen Netzwerken ein zentraler Bestandteil der Kommunikation geworden sind, könnte es hier bereits zu einem Gewöhnungseffekt gekommen sein. Aber auch methodisch gibt es Unterschiede: So ist die Anzahl der verwendeten Emojis nicht unerheblich - in dieser Studie sind bewusst nur zwei Emojis in jedem Szenario verwendet worden; andere Studien verwenden deutlich mehr (z.B. drei hinter jedem Satz). Auch spielt die Repräsentativität der Stichprobe eine wichtige Rolle.

"Melanie Bender und Roman Schmank konnten zeigen, dass trotz gegenteiliger Befunde aus dem nordamerikanischen und asiatischen Raum Produkt-Rezensionen mit Emojis keine Änderung der Produkteinschätzung bewirken. Dieses Ergebnis ist nicht trivial und für das Marketing hochgradig relevant. Die durchgeführte Untersuchung ist methodisch den bisherigen internationalen Untersuchungen mindestens ebenbürtig, zumeist überlegen. Die Stichprobe ist mit über 500 Personen sehr umfangreich. Damit ist dieses Ergebnis sehr belastbar." (Prof. Dr. Uwe Neugebauer, RFH Köln)

Empfehlung: In Zukunft sollten weitere Studien im deutschsprachigen Raum zu Emojis im Marketingkontext durchgeführt werden, um die Wirkungsweise besser zu verstehen. Diese Studie gibt einen ersten, wichtigen Hinweis, dass Emojis nicht unbedingt immer einen Effekt erzielen, wie Unternehmen dies bisher oft annehmen. Interessant wäre demnach unter anderem eine Überprüfung mit Dienstleistungen im deutschsprachigen Raum, Variation der Anzahl der Emojis im Text und direkte interkulturelle Vergleiche.


Die RFH ist seit 1971 als Hochschule staatlich anerkannt. Sie hat derzeit ca. 6.500 Studierende und zeichnet sich durch den persönlichen Kontakt der Professoren und Dozierenden zu ihren Studierenden aus. Fast alle Studiengänge werden sowohl in Vollzeit als auch berufsbegleitend angeboten.

Weitere Informationen unter:
http://www.rfh-koeln.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution936

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Rheinische Fachhochschule Köln, Beate Czikowsky, 16.08.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. August 2017

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