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GEWERKSCHAFT/1993: Pampis Kyritsis zum neuen Generalsekretär des Weltgewerkschaftsbundes gewählt (Gerhard Feldbauer)


18. Kongress des Weltgewerkschaftsbundes in Rom beendet

Der Zyprer Pampis Kyritsis wird neuer Generalsekretär als Nachfolger von George Mavrikos

von Gerhard Feldbauer, 9. Mai 2022


Der 18. Kongress des Weltgewerkschaftsbundes (WGB) hat am Sonntag in Rom zum Abschluss seiner dreitägigen Beratungen den Zyprer Pampis Kyritsis, bisher Generalsekretär der Pancyprian Federation of Labour (PEO), als Nachfolger von George Mavrikos zum neuen Generalsekretär gewählt. Cinzia Della Porta von der italienischen Basis-Gewerkschaft Unione Sindacale di Base (USB), die den Kongress ausrichtete, wurde ins Sekretariat, Pierpaolo Leonardi, ebenfalls USB, zum Koordinator gewählt. Mit der gleichzeitigen Verlegung des Sitzes des WGB nach Rom wurde die kämpferische Rolle der italienischen Basis-Gewerkschaften herausgestellt. Die PEO, aus der Pampis Kyritsis kommt, ist mit über 83.000 Mitgliedern die stärkste Gewerkschaft Zyperns.

An den Beratungen nahmen 435 Gewerkschaftsdelegierte aus 106 Ländern teil. Davon kamen 86 aus Asien, 85 aus Lateinamerika, 83 aus Afrika, 79 aus Europa, 45 aus dem Nahen Osten und 7 aus den USA. Weitere 300 Delegierte waren, bedingt durch Pandemie-Schwierigkeiten, per Live-Streaming zugeschaltet. Mit einer Kranzniederlegung an der Fosse Ardeatine (den Tuffsteinhöhlen bei Rom) hatten die Teilnehmer unter dem Motto "Keinen Faschismus" der 335 Opfer des Geiselmordes der deutschen SS am 24. März 1944 gedacht.

Generalsekretär Mavrikos hatte in seinem Bericht hervorgehoben, dass die globale Wirtschaftskrise des Imperialismus und die Verschärfung des Kampfes um die Kontrolle über Märkte und Energieressourcen sowie das von der NATO ausgehende Kriegsrisiko und die zunehmende Kriegswirtschaft die Arbeiter auf der ganzen Welt sich ständig verschlechternden Bedingungen aussetzt. Der Bekämpfung des Krieges und seiner Ursachen komme im Handeln der Gewerkschaften noch mehr Bedeutung zu. Er verwies darauf, dass die Ursprünge des Krieges in der Ukraine im Expansionismus der NATO liegen und dass die USA, Großbritannien und Australien ihn mit ihrer heftigen Propaganda anheizen. Mavrikos dankte den weltweit kämpfenden WGB-Mitgliedern für den Beitrag, den sie in der Klassenauseinandersetzung dazu leisteten. Wie der neue Generalsekretär Pampis Kyritsis betonte, müsse der WGB seinen Einsatz in den "harten Kämpfen zwischen Arbeit und Kapital noch effektiver gestalten".

Die Gewerkschaftsführerin der USB, Cinzia Della Porta, zeigte in ihrer Rede auf, dass die kapitalistische Produktionsweise ihre Grenzen erreicht hat und das Weltkapital über keine Wachstumsbedingungen mehr verfügt. Deshalb sei das Ziel, mit militärischer Gewalt Marktanteile, Territorien und Arbeitskräfte zu rauben. Daraus ergebe sich die strategische Funktion des WGB und der mit ihm verbundenen Gewerkschaften, gegen den Krieg, gegen Waffenlieferungen und gegen die NATO auf die Straße zu gehen, um die Klassenpositionen und die Rechte von Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt zu vertreten.

Delegierte aus den USA sprachen von bedeutenden gewerkschaftlichen Prozessen bei sich, die insbesondere im Dienstleistungsbereich (von Amazon bis Starbuck) wichtige Tempowechsel im Herzen des Weltkapitalismus markieren. Afrikanische Teilnehmer berichteten, dass in einer Situation sehr starker sozialer und staatlicher Desintegration in den Gewerkschaften eine Neuzusammensetzung stattfindet. Michael Mzwandile Makwayiba, Vorsitzender der National Education, Health and Allied Workers' Union (NEHAWU) in Südafrika und Vizepräsident des WGB, betonte, dass der von den alten Kolonisatoren ausgebeutete afrikanische Kontigent jetzt "zu einer Herausforderung des WGB" werde. Letzten Endes gehe es darum, "den Kapitalismus zu stürzen". Unter stürmischem Beifall beendete Makwayiba seine Rede mit dem Kampfruf "Amandla" Nelson Mandelas, der zum Sieg über die Apartheid geführt hatte.

Der am 3. Oktober 1945 auf seinem ersten Kongress in Paris als einheitliche Vertretung der internationalen Gewerkschaftsbewegung gegründete WGB hatte mit den Folgen des Zusammenbruchs der Sowjetunion und sozialistischer Regierungen in Osteuropa schwer zu kämpfen, konnte diese Rückschläge jedoch 2005 mit dem Kongress in Havanna überwinden. In Europa konnten wichtige Gewerkschaften wie die Rail Maritime Trade Union Großbritanniens und die CGT National Federation of Agri-Food and Forestry Frankreichs gewonnen werden, aus den GUS-Staaten deren Allgemeiner Gewerkschaftsbund.

Aufgrund der Unterstützung des WGB für die Gewerkschaftskämpfe in der Dritten Welt traten ihm u.a. der COSATU Südafrikas, der Internationale Bund Arabischer Gewerkschaften (ICATU) und der Ständige Kongress der Gewerkschaftseinheit Lateinamerikas (CPUSTAL) bei. Den harten Kern bildeten die griechische PAME und die italienische USB, danach die kämpferischen Gewerkschaften oder Gewerkschaftssektoren Frankreichs, Spaniens, Portugals und Osteuropas, darunter bedeutende Teile der französischen CGT, die Basken und die katalanische CGT. Der WGB hat beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen, der ILO, der UNESCO, der FAO und weiteren UN-Organisationen.

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Quelle:
© 2022 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 10. Mai 2022

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