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INTERNATIONAL/130: Mexiko - Schlechte Beziehungen zu zweitgrößtem Handelspartner China (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Januar 2013

Mexiko: Forderung nach durchdachter China-Strategie - Schlechte Beziehungen zu zweitgrößtem Handelspartner

von Emilio Godoy



Mexiko-Stadt, 21. Januar (IPS) - Mexiko und China sind schon seit Jahrzehnten enge Handelspartner, doch dem lateinamerikanischen Land fehlt es nach Ansicht von Experten an einer ausgewogenen China-Politik.

Nach den USA ist China der zweitgrößte Handelspartner Mexikos. "Was China angeht, herrscht in Mexiko totale Konfusion vor. Es gibt keine politische Strategie, die die Bedeutung, die China für Mexiko hat, widerspiegelt", kritisiert Enrique Dussel, Direktor des Zentrums für China-Mexiko-Studien, gegenüber IPS. Schlimmer als jetzt könnten die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern kaum mehr werden.

Dussel hat daher eine "Strategische Agenda China-Mexiko" vorgeschlagen. Unterstützt wird er von rund 100 Wissenschaftlern, Politikern und Unternehmern. Darin heißt es unter anderem, dass die fehlende China-Strategie der Regierung die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern kurz-, mittel- und langfristig behindere.

Die Unterzeichner fordern die Regierung auf, die politischen Beziehungen zu China zu pflegen, da Unstimmigkeiten auf dieser Ebene auch die Handelsbeziehungen erschwerten. Im Text heißt es, China sei unter anderem wegen der allgemein unsicheren Situation in Mexiko vorsichtiger geworden, im Land zu investieren. Darüber hinaus habe es die Regierung bisher versäumt, Handelsbeziehungen zu stärken und mexikanisch-chinesische Joint-Ventures zu fördern.

Ein Beispiel für eine mangelnde Wirtschaftspolitik und eine verschärfte Distanzierung zwischen den beiden Staaten ist der Bau des gigantischen Einkaufszentrums 'Dragon Mart', das außerhalb der südöstlichen Hafenstadt Puerto Morelos mit Geldern mexikanischer und chinesischer Firmen gebaut werden soll. Ein ähnliches chinesisches Megaprojekt gibt es bereits seit 2004 in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Erste Pläne wurden im Jahr 2011 bekannt. Demnach soll der Komplex 192 Hektar umfassen. Neben Ausstellungsflächen und Marktbereichen sollen auch Luxuswohnungen gebaut werden. Die Gesamtkosten sind auf 1,5 Milliarden US-Dollar angesetzt. 6.000 Arbeitsplätze soll das Zentrum schaffen.

Von Puerto Morales aus sollen chinesische Produkte in ganz Lateinamerika Verbreitung finden. Die Investoren erhoffen sich zu einer Touristenattraktion zu werden. Die Lage ist gut gewählt: Nur 34 Kilometer entfernt liegt der beliebte Badeort Cancún im Bundesstaat Quintana Roo.


Eintrittstor für Schmuggelware

Doch Unternehmerverbände, Wissenschaftler und Umweltschützer lehnen das Projekt ab: Sie fürchten, dass Dragon Mart das Eintrittstor für Schmuggelware und Piratenprodukte sein wird und dass es der Region große ökologische Probleme bereiten wird. "Dragon Mart muss auf Eis gelegt werden, bis seine soziökonomischen und ökologischen Auswirkungen untersucht sind", fordert entsprechend Ricardo Samaniego, Direktor des Zentrums für angewandte Wirtschaft und öffentliche Politik.

"Das Projekt ist lediglich Teil einer Strategie Chinas, billig an natürliche Ressourcen und an Energie zu kommen", fürchtet Samaniego. Er kritisiert darüber hinaus, dass die chinesische Regierung die Unternehmen massiv subventioniert, damit diese Zentren wie Dragon Mart bauen können.

Die Handelsbeziehungen zwischen China und Mexiko sind höchst ungleich. Während sich die Importe aus China im Jahr 2011 auf 52 Milliarden Dollar summierten, lagen die Exporte lediglich bei zwei Milliarden. Ungleich sind auch die Direktinvestitionen verteilt. Nach Angaben des mexikanischen Wirtschaftsministeriums beliefen sich die Direktinvestitionen Chinas in Mexiko auf 157 Millionen Dollar im Jahr 2011. Den Angaben der chinesischen Regierung zufolge waren es sogar 614 Millionen Dollar. Im Gegensatz dazu geben beide Seiten an, dass die Direktinvestitionen Mexikos in China im Jahr 2011 bei höchstens 100 Millionen Dollar lagen.


Streit vor Welthandelsorganisation

Wenn sich die Politik mit dem Thema China beschäftigt, dann nicht gerade auf freundschaftlicher Ebene. Im vergangenen Oktober hatte der damalige Präsident Felipe Calderón (kurz darauf abgelöst durch Enrique Peña Nieto) China vor der Welthandelsorganisation beschuldigt, die chinesische Textilindustrie mit wettbewerbsschädigenden Subventionen auszustatten. Beide Länder kämpfen mit günstigen Textilien um den US-Markt. Und Anfang Januar war eine der ersten Amtshandlungen des neu gewählten Präsidenten Peña Nieto, eine Verringerung der Importzölle für chinesische Textilien von 25 auf 20 Prozent auf 2014 zu verschieben.

Die schlechten politischen Beziehungen haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. 2011 scheiterte der mexikanische Azteke Agustín Carstens mit seiner Kandidatur um die Leitung des Internationalen Währungsfonds (IWF). China hatte dem Kandidaten seine Unterstützung verweigert. (Ende/IPS/jt/2013)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2013