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INTERNATIONAL/228: Brasilien - Vom Auf- zum Absteiger? (FES)


Friedrich-Ebert-Stiftung
Internationale Politikanalyse

Vom Auf- zum Absteiger?
Wirtschaftliche Entwicklung, Macht und halbe Wahrheiten in Brasilien

von Yesko Quiroga
Oktober 2014




Inhalt

1. Einleitung

2. Wirtschaftliche Entwicklung
2.1 Vom Lob ...
2.2 ... zum Tadel

3. Wahlen, Märkte und Entwicklung
3.1 Entwicklungstendenzen jenseits der Konjunktur
3.2 Armut und Ungleichheit, Fort- und Rückschritt
3.3 Sozialstaat zwischen Aufbau und Defiziten
3.4 Proteste und der Wunsch nach Wandel

4. Krise der Industrie, verfehlte Zinspolitik und Aufwertung
4.1 Industriepolitik und Blockaden
4.2 Hohe Zinsen und Investitionsprobleme
4.3 Asymmetrien der Wechselkurse und Krise der Industrie

5. Das regressive Steuersystem
6. Die Machtfrage
7. Ist Brasilien ein Absteiger?

Literatur



• Brasilien wurde über Jahre hinweg als neue Weltmacht und aufstrebendes Schwellenland charakterisiert. Die rundweg positive Einschätzung der Entwicklung des Landes verkehrte sich jedoch mit den großen Protesten des Jahres 2013 sowie mit der massiven Medienaufmerksamkeit im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft in ihr Gegenteil. Brasilien wurde bereits als Unsicherheitsfaktor für die Weltwirtschaft gehandelt. Dennoch überwiegt die insgesamt positive sozioökonomische Entwicklung, die sich trotz aller existierenden Probleme weiter fortsetzt.

• Die letzte Dekade brachte durch Wirtschaftswachstum und die gleichzeitige Verringerung der Ungleichheit einen großen politischen Erfolg. Die geringen Wachstumsraten der letzten drei Jahre und die Folgen der internationalen Finanzkrise haben jedoch ernsthafte wirtschaftliche Probleme offengelegt, die sich vor allem in einer Krise der verarbeitenden Industrie zeigen. Ohne einen währungspolitischen Richtungswechsel, Veränderungen im Steuersystem sowie die Wiederherstellung einer erneuten industriellen Dynamik werden die Spielräume für Wachstum und Umverteilung aber zunehmend enger werden.

• Die großen Proteste des Jahres 2013 waren Resultat der sozialen Mobilität der letzten Jahre und Ausdruck des weiterhin prekären Zustands öffentlicher Güter. Hinter dem Wunsch nach einem schnelleren gesellschaftlichen Fortschritt steht ein machtpolitischer Konflikt um Verteilung und mehr Partizipation in dem Land, das seit nunmehr zwölf Jahren von einer Viel-Parteien-Koalition der Arbeiterpartei (PT) regiert wird. Hinter diesem Konflikt steht die Frage, wem welche wirtschaftliche Entwicklung nützen soll.

*

1. Einleitung

Seit 2001 wird der BRIC-Staatengruppe - Brasilien, Russland, Indien und China - vorhergesagt, dass sie durch ihr Wirtschaftswachstum in der globalisierten Zukunft die alten Industrienationen überholen und die Geopolitik verändern werden. Für Brasilien schien sich diese Vorhersage nach der Übernahme der Regierung durch Luiz Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei PT im Jahr 2003 zu bestätigten. Der Schub wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung sowie eine aktive Außenpolitik veränderten den Blick auf das aufstrebende Schwellenland, das die Folgen der Finanzkrise schnell abschüttelte und im Jahr 2010 alle bisherigen Wachstumserwartungen übertraf.

Mit dem Regierungswechsel 2011 und der neuen Präsidentin Dilma Rousseff (PT) enttäuschte Brasilien, das kurz zuvor noch als Boom-Land und neue Weltmacht gelobt worden war, jedoch mit niedrigen Wachstumsraten. Intern schossen sich die Kritiker_innen auf eine insgesamt verfehlte Wachstums- und Interventionspolitik der Regierung ein und in internationalen Analysen wurde Brasilien nun entweder den »fragilen Fünf« zugeordnet - mit Indien, Südafrika, Indonesien und der Türkei -, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von externer Finanzierung, abrupten Marktkorrekturen und Abwertungen eine neue globale Krise einläuten könnten, oder gleich als Wachstumsmarkt ausgeschlossen - wie im Fall der Staatengruppe MINT (Mexiko, Indonesien, Nigeria, Türkei), die für internationale Anleger als einer der neuen Hotspots der Weltwirtschaft gilt.


2. Wirtschaftliche Entwicklung

2.1 Vom Lob ...

Für eine Beurteilung des sozioökonomischen Fortschritts in Brasilien sowie seiner Entwicklungsdefizite sollte ein längerer Zeitraum berücksichtigt werden als die Regierungsjahre unter Lula und Rousseff. 1985 kehrte das Land zur Demokratie zurück. Zuvor war unter der 21-jährigen Diktatur die Inflation seit Ende der 1970er Jahre zunehmend außer Kontrolle geraten - eine Entwicklung, die sich später zur Hyperinflation entwickelte und erst mit der Währungsreform 1994 beendet werden konnte. In der darauf folgenden Dekade orthodox inspirierter Wirtschaftspolitik, die jedoch nie so radikal wie etwa in Argentinien oder Chile umgesetzt wurde, gelang es nicht, die Arbeitslosigkeit zu senken, die Kaufkraft der Löhne wiederherzustellen oder die weitverbreitete Armut einschneidend zu verringern. Mit Ausnahme der Jahre 1993 bis 1995 - die Zeit der Vorbereitung und Umsetzung der Währungsreform »Plano Real« - stagnierten zwischen 1990 und 2003 die Wachstumsraten pro Kopf der Bevölkerung.(1) Im Vergleich zum Beginn der 1960er Jahre hatte der Mindestlohn bis zum Ende der Militärdiktatur bereits die Hälfte seines realen Wertes verloren; seit Anfang der 1990er Jahre und bis zum Jahr 2003 fiel er schließlich auf ein Drittel. Gleichzeitig wurde die Privatisierungswelle öffentlicher Unternehmen zwischen 1997 und 2001 sowie die Reduzierung der Staatsaufgaben von den »Märkten« mit Enthusiasmus aufgenommen. Die ausländischen Direktinvestitionen stiegen steil an, gingen aber bald wieder zurück, während die Staatsverschuldung ab 1998 wieder zunahm.

Mit der Wahl des Gewerkschafters Lula zum Präsidenten im Oktober 2002 setzte nach Überwindung einer unmittelbaren Währungskrise die Trendwende ein. Zwar hatte die Grundausrichtung der Finanzpolitik sowie die Geld- und Währungspolitik der beiden Vorgängerregierungen unter Fernando Henrique Cardoso (1995 bis 2002) weitgehend Bestand, aber die Rolle des Staates sowie die Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsförderungspolitik veränderte sich. Obwohl die Arbeitsbevölkerung rasch zunahm, begann die Zahl der Arbeitslosen in den folgenden Jahren stetig zu fallen und die formelle Beschäftigung zuzunehmen. Der Mindestlohn und die durchschnittlichen Arbeitseinkommen stiegen, die Vergabe von Konsumkrediten weitete sich aus und durch Sozialhilfeprogramme sowie den Ausbau der Institutionen des Sozialstaates sank die Armut rasch.

Das erste Millenniumsziel, die Reduzierung der extremen Armut um die Hälfte, erfüllte das Land in sechs Jahren. Mit der steigenden Nachfrage zog das Wirtschaftswachstum an und Millionen neue formelle Arbeitsplätze wurden geschaffen. Brasilien setzte auf seinen Binnenmarkt, während die Regierung parallel dazu Konjunkturförderungsprogramme auflegte und sich in der Industriepolitik engagierte. Unter dem Kürzel »PAC 1«, dem ersten sogenannten Wachstumsförderungsprogramm (2007-2010) wurden die öffentlichen Investitionen verdoppelt. Über »PAC 2«, dem zweiten Programm (2011-2014), flossen bisher etwa 290 Mrd. Euro in Infrastruktur, Energieerzeugung und -transport, Schiffsindustrie und Erdölplattformen sowie in sozialen Wohnungsbau, Nahverkehrssysteme, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, aber auch in den Gesundheitssektor, den Bau von Kindergärten und Sportanlagen. Allein die brasilianische Entwicklungsbank BNDES verfünffachte ihr Kreditvergabevolumen seit 2002 auf 63 Mrd. Euro im Jahr 2013 (BNDES 2013).(2)

Aber die brasilianische Regierung hatte nicht einfach ein wie auch in den meisten anderen Ländern Lateinamerikas bisher verfolgtes Modell exportinduzierten Wachstums durch einen nachfrageorientierten Ansatz ersetzt, sondern der Außenhandel stieg ebenso. Hatte sich der Export in den elf Jahren vor dem Regierungswechsel verdoppelt, vervierfachte er sich in den folgenden elf Jahren. Das Land erhöhte seinen Anteil am Weltmarkt, diversifizierte seine Exportprodukte sowie die Abnehmerländer und ist mit Agrarcommodities in vielen Bereichen Weltmarktführer geworden. Insgesamt stellt der Außenhandel aber nach wie vor nur 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) dar, nicht wesentlich mehr als vor zehn Jahren. Damit liegt Brasilien weiterhin nur im hinteren Bereich der weltgrößten Exporteure.

Ebenso haben die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) ganz ohne eine Welle weiterer Privatisierungen seit 2007 stetig zugenommen. Sie liegen seit 2011 zwischen 2,7 und 2,9 Prozent des BIP und befinden sich mit jährlich fast 70 Mrd. US-Dollar auf ihrem historischen Höchstwert. Nur die USA und China erhalten mehr ausländische Direktinvestitionen (Stand 2012).

Die siebtgrößte Wirtschaft der Welt hat ihre historische Krisenanfälligkeit abgeschüttelt und verfügt heute mit rund 380 Mrd. US-Dollar über die ebenfalls siebthöchsten Währungsreserven der Welt. Die Bruttoverschuldung ist stetig gesunken und lag im Jahr 2013 bei 57 Prozent des BIP, während die Nettoverschuldung bei einem Drittel des BIP lag und damit deutlich niedriger als 2002 (60 Prozent). Die Inflation ist kontrolliert und das Bankensystem solide. Das einst gegenüber äußeren Kriseneinflüssen so labile Land ist stabil geworden.

Im Energiebereich ist Brasilien weitgehend unabhängig: Je nach klimatischen Bedingungen wurden in den letzten Jahren nur zwischen 10 und 15 Prozent des Energieangebots importiert - in erster Linie Kohle, Petroleumderivate und Gas (Stand 2012). Bis heute wurden laut der staatlichen Agentur für Erdöl, Erdgas und Biokraftstoffe (ANP) etwa 16 Mrd. Barrel an Erdölreserven nachgewiesen; die Schätzungen liegen jedoch bei weiteren 40 bis 100 Mrd. Barrel. Damit würde Brasilien über die sechst- bis neuntgrößten Reserven der Welt verfügen, die das jetzt schon beinahe autarke Land mittelfristig in einen größeren Erdölexporteur verwandeln könnten.

Erdöl und Erdölprodukte waren bereits 2012 der zweitgrößte und 2013 der viertgrößte Posten der Exportstatistik. Im Jahr 2013 wurde von einem Konsortium aus dem brasilianischen Unternehmen Petrobras (40 Prozent), den chinesischen Firmen CNPC (10 Prozent) und CNOOC (10 Prozent) sowie Shell (20 Prozent) und Total (20 Prozent) die Mega-Lagerstätte Lira vor der Küste Brasiliens übernommen. Bis 2020 soll sich die Produktion des Feldes verdoppeln. Die direkten Regierungseinnahmen in den nächsten 35 Jahren werden von der Regierung auf rund 450 Mrd. US-Dollar geschätzt und sollen zum größten Teil in Bildung und Gesundheit fließen.

Diese Entiwcklungsfaktoren bildeten einen Teil der Grundlage für die weltweite Stilisierung Brasiliens als wirtschaftliche Erfolgsgeschichte - und sie sind weiterhin gültig. Bis 2010 waren die Nachrichten und Analysen zur Entwicklung des Landes aber durchweg positiv: »Brasilien hebt ab«, titelte der Economist über den Aufstieg des Landes (The Economist 2009). Nur vier Jahre später sah die Wahrnehmung schon ganz anders aus: »Hat es Brasilien vergeigt?«, lautet nun die Frage, die auch sogleich bestätigt wird (The Economist 2013).

2.2 ... Tadel

Im Zentrum der Kritik stehen das geringe Wirtschaftswachstum der letzten vier Jahre sowie die stagnierenden Exporte. Als Ursachen werden zu viel Staatsinterventionismus durch Regierungen und staatliche Unternehmen, exzessive Steuern, steigende Ausgaben für das Rentensystem statt Investitionen in die marode Infrastruktur, zu hohe Zölle sowie - neben den schneller als die Produktivität steigenden Löhnen - die übertriebene Rigidität eines überkommenen Arbeitsgesetzes diagnostiziert. Darüber hinaus ist das Bildungssystem defizitär, insgesamt ein Entwicklungshemmnis und wie das staatliche Gesundheitssystem zu teuer. Die internationale Konjunktur hat die Fragilität der Zahlungsbilanz nun offengelegt. Ein sinkender Überschuss im Handel sowie ein steigendes Defizit bei Dienstleistungen und Übertragungen werden nur noch teilweise durch die ausländischen Direktinvestitionen ausgeglichen. Das Defizit in der Leistungsbilanz belief sich 2013 auf 3,6 Prozent (BIP), und selbst in der Zahlungsbilanz kam es erstmals wieder zu einem leichten Defizit von 0,7 Prozent des BIP. Kritisiert wird zudem, dass der Primärüberschuss, sprich der Überschuss der öffentlichen Haushalte ohne Zinsleistungen, auf 1,9 Prozent des BIP (etwa 31 Mrd. Euro) und damit auf seinen niedrigsten Wert seit 2002 gesenkt wurde. Dies wird vom Finanzmarkt als negatives Zeichen für den Schuldendienst interpretiert.

Die Rating Agentur »Standard & Poor's« wertete brasilianische Staatsanleihen daraufhin ab, da die Signale an die internationalen Anleger nicht glaubwürdig seien. Die Ausgabenpolitik des Staates, seine allgemeine Wirtschaftspolitik sowie die geringen Wachstumsaussichten für die nächsten zwei Jahre würden die Einschätzung und die Leistungsfähigkeit des Landes beeinträchtigen. Für die wirtschaftsliberal ausgerichtete Kritik ist die Erklärung daher so einfach wie eindeutig: Die Wirtschaft wächst nicht, da die Investitionen zu niedrig sind; und die Investitionen sind zu niedrig, weil die Sparquote nicht ausreichend ist. So muss Brasilien externe Ersparnisse anziehen, wofür es sowohl hoher Zinsen als auch stabiler und in der Praxis eher überbewerteter Wechselkurse bedarf.

In erster Linie wird das Problem vom Staat erzeugt, der einen zu großen Teil des Volkseinkommens konsumiere; aber auch die Lohnkosten werden im internationalen Wettbewerb angesprochen. Die Lösung wäre demnach einfach: Reduzierung der Staatsausgaben und Verbilligung des Faktors »Arbeit«. Darüber hinaus führen die hohen Zollschranken zu Ineffizienzen, hohen Preisen und mangelnden Innovationen. Die Inflation, die zwischen vier und sechs Prozent fluktuiert, sei ebenso einer überzogenen Nachfrage geschuldet, besonders den überhöhten Staatsausgaben, sodass die Zentralbank gezwungen ist, die Zinsen auf hohem Niveau zu halten. Die erfolglosen Versuche der Regierung, das geringe Wachstum der letzten Jahre mit falschen wirtschaftspolitischen Entscheidungen und überkommenen regulatorischen Konzepten wieder in Gang zu bringen, die überteuerte Fußballweltmeisterschaft, verbunden mit der schwelenden Korruption und der daraus entstandenen allgemeinen Unzufriedenheit gegenüber der Regierung haben Mitte des Jahres 2013 schließlich zu den umfangreichsten Protesten der letzten 20 Jahre geführt. Das Land ist durch die Einschränkung marktwirtschaftlicher Freiheiten auf dem besten Weg in eine Krise und setzt den bisherigen Fortschritt aufs Spiel.


3. Wahlen, Märkte und Entwicklung

Gegen die beiden Amtsperioden von Lula (2003-2011) wurden immer wieder ähnliche Argumente ins Feld geführt. Aufgrund des hohen Wirtschaftswachstums und den Erfolgen der Regierungspolitik konnte die Kritik jedoch weder Deutungshoheit erlangen noch die politische Agenda beeinflussen. Dieses Mal konnte sich der pessimistische Ton über die Entwicklungschancen des Landes aufgrund der geringen wirtschaftlichen Dynamik im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft und ihrer massiven Medienaufmerksamkeit jedoch auch international durchsetzen.

Zwar steht Brasilien im G20-Vergleich verhältnismäßig gut da, dennoch war die neue brasilianische Regierung im Jahr 2011 für die kommende Legislaturperiode selbst von deutlich höheren Wachstums- und Investitionsraten sowie einer niedrigeren Inflation ausgegangen. Tatsächlich steht das Land vor grundlegenden wirtschaftspolitischen Herausforderungen. Denn sollte die Wirtschaft in den nächsten Jahren nur langsam wachsen und bisherige Strategien nicht mehr ausreichend greifen, stellt sich die Frage, auf welcher materiellen und umverteilungspolitischen Basis die positive soziale Entwicklung der letzten Jahre fortgesetzt werden soll.

Die Stimmung ist jedoch schlechter als die Realität. Die generell negative Wahrnehmung der Entwicklungschancen Brasiliens entspringt einer partiellen Sicht, die auf Symptome fokussiert und aufgrund der Konjunktur durchaus interessengeleitet ist. So haben die Präsidentschaftswahlen am 5. Oktober zu einer politisch motivierten Inszenierung und Verallgemeinerung von Problemlagen geführt, die sowohl die existierenden wirtschaftlichen Probleme des Landes überzeichnen als auch deren Ursachen verdecken. Die Konvergenz zwischen dem Wahlkampf der Opposition und der Berichterstattung der großen Medienkonzerne hat zu einer erfolgreichen Beeinflussung der öffentlichen Meinung und den Erwartungen der Akteure im In- und Ausland geführt.(3) Im Grunde verweist die Kritik vehement darauf, dass »die Märkte« Korrekturen oder Kurswechsel bzw. generell eine Liberalisierung einfordern, die für das weitere Wachstum scheinbar unerlässlich seien. Aber sind die besten Anlagevoraussetzungen und Renditen auch mit der gesellschaftlichen Entwicklung vereinbar?

3.1 Entwicklungstendenzen jenseits der Konjunktur

Die insgesamt erfolgreiche Entwicklung des Landes in der letzten Dekade war in erster Linie Ergebnis veränderter politischer Weichenstellungen, deren Resultate zum Teil noch ausstehen. Seit 2003 ist das BIP pro Kopf fast 2,5-mal so stark gewachsen wie im Zeitraum zwischen 1992 und 2002. In US-Dollar hat sich das Pro-Kopf-Einkommen sogar fast vervierfacht. Die niedrigen Wachstumsraten der letzten drei Jahre stellen daher noch keine typische Rezession dar. Brasilien hat sich in den letzten zwölf Jahren geradezu als Jobmaschine erwiesen. Seit 2003 und bis zum Ende der Legislaturperiode sollen netto über 19 Millionen formelle Arbeitsplätze entstanden sein, und selbst in den letzten drei Jahren wurden - bei nur geringem Wachstum - fast fünf Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Arbeitslosigkeit liegt (in den Metropolen) mit fünf Prozent auf ihrem historisch niedrigsten Stand. In vielen Regionen herrscht de facto ein Arbeitskräftemangel, und dies nicht nur bei qualifizierten Stellen.

Nach jahrelangen Steigerungen nimmt die Erwerbsbevölkerung nur noch langsam zu. Zum einen ist dies Resultat des sinkenden Bevölkerungswachstums, zum anderen hat sich seit 2005 das Segment der jungen Erwerbsbevölkerung um über 40 Prozent reduziert. Junge Menschen besuchen heute zu einem wesentlich größeren Anteil die Schule. Gleichzeitig gibt es einen Trend zur Formalisierung des Arbeitsmarktes. Rund 56 Prozent der Erwerbstätigen arbeiteten 2002 im informellen Sektor. 2012 waren dies - trotz des Anstiegs der Erwerbsbevölkerung um 12 Millionen - nur noch 42 Prozent. Nicht zuletzt ist das auch ein Grund dafür, dass die Steuereinnahmen nie so hoch waren wie heute.

In Brasilien wurde der Mindestlohn bereits 1940 eingeführt. Direkt oder indirekt betrifft er heute 48 Millionen Menschen. In den Jahren der Militärdiktatur und neoliberaler Strukturanpassung sank er auf sein Minimum. Der Mindestlohn wurde als Kostenfaktor der Unternehmen interpretiert, dessen Erhöhung zur Verringerung und Informalisierung von Arbeitsplätzen führe. Seit 2003 hat die brasilianische Regierung mit der kontinuierlichen realen Erhöhung des Mindestlohnes auf die gegensätzliche Wirkung gesetzt. Auf Basis einer gesetzlich definierten Formel aus Inflation und Wachstum wurde der Mindestlohn bisher um real 72 Prozent erhöht, womit er seine höchste Kaufkraft seit 1979 erreicht hat. Der Mindestlohn, die an ihn gekoppelte Mindestrente zusammen mit den allgemeinen Steigerungen der Reallöhne sowie ein breiter Zugang zu Konsumkrediten haben zu einem gewaltigen Aufschwung der Nachfrage beigetragen, die wiederum Produktion und Handel angetrieben und massenhaft Arbeitsplätze geschaffen hat. Allein die Erhöhung des Mindestlohnes 2014 um 6,8 Prozent hat rund 9,5 Mrd. Euro an Einkommen und 4,6 Mrd. Euro an Steuereinnahmen generiert. In der letzten Dekade führte die Erhöhung der Einkommen somit auch zu einem Wirtschaftswachstum. Dies stellte - bei aller Kontinuität zu den vorhergehenden Regierungen in den Bereichen der Geld-, Währungs- und Fiskalpolitik - eine politische Trendwende dar. Der Schub der nachfrageinduzierten Entwicklung wird zwar schwächer, aber weiterhin werden grundlegende materielle und immaterielle Bedürfnisse im Land nicht befriedigt.

Brasilien ist auch heute ein zutiefst ungleiches Land, dem es im Gegensatz zu den anderen BRICS-Staaten jedoch gelungen ist, Wirtschaftswachstum mit einer sich verbessernden Einkommensverteilung zu verknüpfen. Der Gini-Index hat sich in einer Dekade von 0,6 auf etwa 0,5 Punkte verbessert und die ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung konnten ihren Anteil an den Einkommen von 2,5 auf 3,4 Prozent (2002-2012) erhöhen. Auch bei der Verteilung der wirtschaftlichen Leistung hat es Fortschritte gegeben. Die funktionelle Einkommensverteilung hatte sich stark zugunsten der Unternehmertätigkeit und der Vermögen verändert. Die Lohnquote(4) war zwischen 1995 und 2003 auf 46 Prozent des BIP gefallen, konnte sich bis 2009 aber wieder auf 51 Prozent erhöhen.(5)

Der gesellschaftliche Wohlstand in Brasilien hat sich erhöht. Der von Amartya Sen angewandte Maßstab - eine Funktion, die Einkommen mit Verteilung verknüpft - belegt die Stagnation der Wohlstandsentwicklung zwischen 1995 und 2004 sowie die anschließenden beachtlichen Veränderungen (+66 Prozent) (IPEA 2013: 13f.) Erfolgreich war das Land besonders bei der Reduzierung von Armut und Hunger. Noch 2003 war Lula nicht zuletzt deswegen gewählt worden, weil er versprach, den Hunger auszurotten. Eine Dekade später ist dieser Begriff nicht nur als mobilisierendes Wahlkampfthema von der Agenda verschwunden. Alle Indikatoren zu Kindersterblichkeit, Unterernährung und Gesundheit der Bevölkerung verweisen auf den Erfolg der Regierungsprogramme. Also alles in bester Ordnung? - Nein, bei weitem nicht!

3.2 Armut und Ungleichheit, Fort- und Rückschritt

Trotz der Fortschritte existiert in Brasilien weiterhin Armut bei deutlichen regionalen Disparitäten. Im Jahr 2003 lagen 9,2 Prozent der Bevölkerung (15,5 Millionen Menschen) unterhalb der Linie extremer Armut von etwa einem US-Dollar pro Tag. 2012 waren dies nur noch 3,5 Prozent, etwa 6,9 Millionen Menschen. Auch die Armut, die mit unter etwa zwei US-Dollar pro Tag als Einkommen definiert wird, hat sich in diesem Zeitraum von 41 auf 15,7 Millionen Menschen verringert (ebd.: 18). 2012 waren dies etwa 8,5 Prozent der Bevölkerung. Diese sinkende Tendenz setzte sich dank neuer und aktiv auf Arme zugeschnittener Programme fort. Es waren aber nicht nur »bolsa familia« und andere Sozialprogramme, die zu dieser Dynamik geführt haben, sondern vor allem die massenhafte Schaffung von Arbeitsplätzen, die Erhöhung des Mindestlohns sowie die daran gekoppelten Renten.

Durch die insgesamt stetigen Reallohnzuwächse hat sich die Einkommensverteilung verbessert. Der Sachverhalt, dass die niedrigen Löhne die stärksten Zuwächse hatten, führte zu einer tendenziellen Verringerung der Spanne zwischen niedrigen und höheren Löhnen. Der Gini-Index dokumentiert zwar, dass sich die Einkommensverteilung rasch verbessert hat, aber die Einkommensunterschiede sind weiterhin extrem. Nach Daten der Weltbank gehört Brasilien zu den 15 Ländern mit der ungerechtesten Einkommensverteilung der Welt (Weltbank 2014).

Das durchschnittliche Einkommen der Erwerbstätigen hatte seit 2004 einen realen Zuwachs von 37 Prozent. Dennoch sind die Löhne insgesamt immer noch niedrig. Die Millionen an neuen Arbeitsplätzen wurden vor allem im Niedriglohnbereich geschaffen. 68 Prozent der Bevölkerung verfügen nur über ein Einkommen von bis zu zwei Mindestlöhnen (etwa 483 Euro). Die in der letzten Dekade entstandene soziale Mobilität entspricht weniger einer immer wieder zitierten neuen Mittelschicht, sondern vielmehr einer neuen Arbeiter_innenschicht, die der Armut zwar entronnen ist, aber weiterhin unter prekären Lebensumständen lebt und täglich um den sozialen Aufstieg kämpft. Der Anteil von Einkommen zwischen zwei und fünf Mindestlöhnen (21 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahre) hat sich ungefähr entsprechend des allgemeinen Wachstums der Bevölkerung entwickelt.

Deutlich abgenommen, sowohl absolut als auch relativ, hat der Anteil der Bevölkerung, deren Einkommen bei über fünf Mindestlöhnen liegt (sieben Prozent der Bevölkerung) - und zwar umso mehr, je höher das Einkommen ist. Die Ausnahme stellt somit eine - auch nach westeuropäischen Maßstäben - Mittelschicht dar, die ihre gesellschaftliche Position durch die Erhöhung der Kosten bedroht sieht - vor allem für private soziale Absicherung, Privatschulen sowie Immobilien. Parallel haben die Spitzeneinkommen besonders stark zugelegt, während ihre absolute Zahl aber ebenso stark abgenommen hat, da aus der Rechnung weitgehend all diejenigen herausfallen, deren Einkommen vor allem aus Renten und Kapitaleinkommen bestehen.

Verschlechtert hat sich ebenfalls die schon zuvor extrem ungleiche Besitzverteilung, auch wenn hierzu kaum Daten vorliegen. Gewinne aus Boden- und Kapitaleinkommen stiegen stärker als Wirtschaftswachstum und Arbeitseinkommen und werden zudem niedriger besteuert. Dieser Trend wird sich in den letzten Jahren aufgrund des niedrigen Wachstums noch verstärkt haben. Die sehr hohen Einkommen werden dabei gar nicht erfasst, da dort nur noch ein geringer Teil aus Gehältern besteht. In Brasilien sind seit 1996 Dividenden und Gewinnbeteiligungen steuerfrei, auch wenn diese ins Ausland überwiesen werden.

Die Zahl der brasilianischen Superreichen ist stark gestiegen. Das Vermögen der 200 reichsten Brasilianer_innen ist laut Forbes im Verhältnis zum BIP inzwischen genauso hoch, wie das der 200 reichsten Deutschen (Antunes 2013). Gleichzeitig sind die in diesem Vergleich nicht enthaltenen ausländischen brasiliansichen Guthaben aber wesentlich höher. Nach China, Russland und Südkorea verfügt die brasilianische Elite mit geschätzten 520 Mrd. US-Dollar über die höchsten Guthaben in Finanzparadiesen. Das spekulative Wachstum des urbanen Bausektors hat aufgrund der Wertsteigerungen von Immobilienbesitz zu einer verstärkten Vermögenskonzentration geführt. Auch auf dem Land hat sich mit dem Wachstum der exportorientierten Agrarwirtschaft die historisch ungleiche Besitzstruktur nicht verbessert, zumal die derzeitige Regierung in den letzten Jahren deutlich weniger Erfolge bei der Umsetzung der mit starken sozialen Konflikten umkämpften Landreform aufweisen kann als ihre Vorgängerregierung. Reformiert wurde ebenso wenig das regressive Steuersystem, das niedrige Einkommen am stärksten belastet.

3.3 Sozialstaat zwischen Aufbau und Defiziten

Parallel haben die brasilianischen Regierungen trotz aller existierenden Mängel Anstrengungen unternommen, das Sozialsystem auszubauen. Zu berücksichtigen ist dabei die extrem prekäre Ausgangssituation im Jahr 2003. Bereits mit der Verfassung aus dem Jahr 1985 wurde ein universelles steuerfinanziertes Gesundheitssystem unter dem Kürzel SUS eingeführt. Heute ist der SUS eines der größten öffentlichen Systeme der Welt. Etwa drei Viertel der Bevölkerung hängen ausschließlich von der öffentlichen Gesundheitsversorgung ab. Das System leidet zwar unter zahlreichen Problemen, die in erster Linie aus Unterfinanzierung und Ärztemangel herrühren - vor allem in der Provinz sowie im Norden und Nordosten des Landes mangelt es an Material und Medikamenten, werden Patient_innen schlichtweg nicht behandelt oder es kommt zu extrem langen Wartezeiten, medizinischer Nachlässigkeit sowie Fehlbehandlungen. Dennoch hat das System die Gesundheitssituation des Landes seit Anfang der 1990er Jahre grundlegend verbessert: Transplantate, AIDS-Behandlungen, Chemotherapie, Dialyse, Herzoperationen - es gibt wenig, was das System nicht abdeckt. Gleichzeitig ist es auch noch für die Behandlung der privat Versicherten zuständig, deren Kassen regelmäßig und erfolgreich versuchen, teure Behandlungen durch Ausschlüsse auf das öffentliche System abzuwälzen. Mit dem Programm »Mais Medicos«, das von der Bundesregierung nach den Juni-Protesten 2013 aufgelegt wurde, wird dem Ärztemangel durch Neuanwerbungen begegnet. In fast 4.000 Gemeinden arbeiten trotz des Protests der Standesvertretungen bereits rund 15.000 ausländische Ärzt_innen mit guten Resultaten.

Das 2009 eingeführte soziale Wohnungsbauprogramm »Minha casa minha vida« hat in seiner ersten Phase etwa eine Million Einheiten zur Verfügung gestellt. In seiner zweiten Phase werden bis Ende 2014 voraussichtlich insgesamt 2,75 Millionen Sozialwohnungen fertiggestellt.

Die Arbeitslosenversicherung mit einer Dauer von maximal fünf Monaten, die zwischen einem und zwei Mindestlöhnen beträgt, ist mit einem Arbeitsmarkt konfrontiert, auf dem im Gegensatz zur gängigen Argumentation bei Entlassungen eine hohe Flexibilität besteht. Nur so lässt sich erklären, dass 2012 65 Prozent der beendeten Arbeitsverhältnisse weniger als ein Jahr bestanden hatten und 31 Prozent nicht einmal auf drei Monate kamen. Trotz fallender Arbeitslosenrate erhielten so im Jahr 2013 8,5 Millionen Menschen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Die Sozialversicherung umfasst ein Rentensystem (beitragsabhängige Altersrenten, Sozialrenten, Witwen- und Invalidenrenten) sowie verschiedene Hilfsleistungen. Rund 70 Prozent der 16 bis 59-Jährigen sind durch das System abgedeckt (2011; 2004: 62 Prozent). 2012 wurden über 30 Millionen Renten ausgezahlt, zwei Drittel davon in der Höhe eines Mindestlohnes. Eine Besonderheit ist die Rente für sechs Millionen Landarbeiter_innen oder Mitglieder von Familienbetrieben, die zum großen Teil auch ohne vorhergehende Beitragsleistungen in Höhe eines Mindestgehalts geleistet wird.

Das öffentliche Bildungssystem perpetuiert weiterhin die gesellschaftlichen Ungleichheiten. Jedoch hat sich die desaströse Ausgangssituation in der letzten Dekade deutlich verändert. Laut OECD ist Brasilien das Land, welches den Bundeshaushalt für Bildung am stärksten erhöht hat. Auch in den Pisa-Untersuchungen haben die Veränderungen ihren Niederschlag gefunden. Gemessen am Produkt lag Brasiliens Bildungshaushalt bereits im Jahr 2010 über dem OECD-Durchschnitt (OECD: 5,4 Prozent; Brasilien: 5,6) und steigt weiterhin. Einschließlich der Subventionierung von Privateinrichtungen, Stipendien und Rentenbeitragszahlungen der Lehrer_innen waren es 2011 6,1 Prozent. Der Bildungsplan setzt aufgrund des hohen Nachholbedarfs für 2022 zehn Prozent als Zielmarke an. Hierfür sind bereits 50 Prozent der Einnahmen aus den Royalties der Erdölförderung bestimmt.

Trotz aller Anstrengungen ist das Schulsystem aber weiterhin von einer defizitären Ausbildung, einer zu geringen Zahl an Lehrkräften und der damit einhergehenden mangelnden Qualität sowie von geringen absoluten Ausgaben pro Schüler geprägt. Das Verhältnis der Ausgaben zwischen Primar-, Sekundär- und Universitätsausbildung spiegelt das Problem wider: Während Brasilien bei Letzterer bereits das Niveau von Spanien (dem OECD-Durchschnitt) erreicht hat, liegen die Ausgaben für Sekundär- und vor allem Primarausbildung mit einem Drittel des OECD-Durchschnitts weit darunter.

Die Zahl der Studierenden an den Hochschulen hat sich seit 2001 mehr als verdoppelt (2012). Das Programm ProUni hat seit 2005 fast 1,3 Millionen Stipendien für private Lehranstalten vergeben und mit dem neuen Bundesprogramm »Wissenschaft ohne Grenzen« sind für drei Jahre über 100.000 Stipendien für Postgraduiertenstudien im Ausland vergeben worden. Hinzu kommt eine Reihe weiterer Programme(6) und vor allem die Anwendung von Quoten zugunsten der afrobrasilianischen und indigenen Bevölkerung für die Universitäten des Bundes. Seit 2003 hat sich die Zahl der Bundesuniversitäten von 45 auf 59 und die Zahl der Studierenden von 3,9 auf 5,9 Millionen erhöht.

Neben der Erhöhung der Einkommen und der Transferprogramme ist es vor allem dem Aufbau des Sozialstaates geschuldet, dass sich die Lebensqualität in Brasilien verbessert hat: Im Jahr 2000 wiesen 42 Prozent der heute beinahe 5.600 Gemeinden Brasiliens einen sehr niedrigen HDI auf.(7) Nur 2,5 Prozent der Gemeinden hatten einen hohen oder sehr hohen HDI. Zehn Jahre später haben nur noch 0,6 Prozent der Gemeinden einen niedrigen und 35 Prozent einen hohen oder sehr hohen HDI.

3.4 Proteste und der Wunsch nach Wandel

Die Verringerung der Armut sowie die wichtige, wenn auch beschränkte soziale Mobilität haben angesichts der oftmals kruden Realitäten neue Erwartungen und konkrete Ansprüche an den Staat und seine Dienstleistungen geschaffen, denen dieser unter den gegebenen Bedingungen, den finanziellen Spielräumen und den existierenden Machtverhältnissen nicht gerecht werden konnte. Dies ist einer der ursächlichen Gründe für die seit 2013 stattfindenden Demonstrationen gewesen.

Der durch steigende Beschäftigung und Einkommen ausgelöste soziale Fortschritt hat Millionen Brasilianer_innen erst in die Lage versetzt, für die Verbesserung der Lebensqualität zu protestieren. Gefordert werden breitere und qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen für die Mehrheit der Bevölkerung, die sich die private Absicherung nicht oder nicht mehr leisten kann, deren sozialer Aufstieg jedoch von besserer Bildung, sicheren Arbeitsplätzen, einem funktionierendem Gesundheitssektor und einem bezahlbarem Nahverkehr abhängt. Die existierenden Defizite legitimieren den Wunsch nach einem rascheren Wandel, gegen den wirtschaftliche und auch entwicklungspolitische Blockaden sowie das Beharrungsvermögen des politischen Systems wirken. Die deutliche Verringerung des Wirtschaftswachstums aufgrund der Folgen der internationalen Finanzkrise und der Krise der brasilianischen Industrie werden politischem Versagen zugeschrieben. Dies stellt jedoch nur die halbe Wahrheit dar.


4. Krise der Industrie, verfehlte Zinspolitik und Aufwertung

Brasilien hat im Gegensatz zu anderen südamerikanischen Ländern weiterhin eine relativ umfangreiche und komplexe Industriestruktur. In den siebziger und achtziger Jahren erwirtschaftete die verarbeitende Industrie etwa ein Drittel des brasilianischen BIPs. Heute umfasst diese nur noch knapp 13 Prozent und könnte bei fortlaufendem Trend bis 2029 unter zehn Prozent fallen (FIESP 2013: 16). Eine Untersuchung der 25 größten Exportökonomien verarbeiteter Industrieprodukte durch die Boston Consulting Group (2014) belegt eine globale Verschiebung der wettbewerbsfähigsten Standorte. Hauptgründe seien hierfür nachhaltige Lohnzuwächse, hohe Energiekosten, fallende Arbeitsproduktivität sowie volatile Währungsschwankungen. Brasilien ist dabei auf die Verliererseite gerutscht, während die USA und Mexiko als neue Aufsteiger gelten, da sie ihre Produktivität gegenüber allen Ländern verbessern konnten.

Aus Sicht der Anleger weist Mexiko hinsichtlich der Arbeitskosten tatsächlich klare Vorteile auf: Nur 41 Prozent der Beschäftigten sind in Mexiko durch ein Rentensystem abgesichert (Brasilien: 76 Prozent) und nur etwa ein Viertel der Rentner_innen erhält eine Rente (Brasilien: 85 Prozent). Die mexikanischen Reallöhne stiegen in der letzten Dekade deutlich weniger als in Brasilien und gingen zwischen 2011 und 2012 sogar zurück. Gleichzeitig ist Mexiko das einzige lateinamerikanische Land, in dem die Armut zwischen 2005 und 2012 stetig angestiegen ist (CEPAL 2013: 5). Die öffentlichen Ausgaben für die Sozialpolitik liegen deutlich niedriger als in Brasilien, dafür ist die wöchentliche Arbeitszeit zusammen mit Kolumbien die höchste des Kontinents.

Die brasilianische Regierung ist nicht den Weg der Anpassung über die Senkung sozialer Standards oder der Einkommen gegangen. Letztlich steht sie eher für ein binnenmarktzentriertes Wachstumsmodell. Tatsächlich kann die brasilianische Industrie im internationalen Wettbewerb immer weniger mithalten. Die Exportmärkte für brasilianische Industrieprodukte werden kleiner und auf dem internen Markt halten zahlreiche Branchen der ausländischen Konkurrenz nicht mehr stand. Die Auslastung ist gesunken und ein wichtiger Teil der brasilianischen Industrie durchläuft eine Krise. Produktionsketten lösen sich auf, die Produktionstiefe reduziert sich und immer mehr Zwischengüter werden importiert. Insgesamt befindet sich das Land in einem frühzeitigen Deindustrialisierungsprozess. Der Anteil verarbeiteter Produkte an den Exporten, der zwischen 2003 und 2006 noch bei über 54 Prozent lag, ist auf 37,4 Prozent (2012) gefallen. Gehalten hat sich der Export halbverarbeiteter Produkte (zwischen 14 und 15 Prozent), während der Wert der Primärprodukte an der Ausfuhr von 29 auf 47 Prozent angestiegen ist. Diese Entwicklung hat in Brasilien eine umfangreiche und kritische Diskussion über die »Reprimarisierung« der Wirtschaft ausgelöst.

Bei verarbeiteten Gütern und Kapitalgütern weist die Handelsbilanz inzwischen ein hohes Defizit auf, das gerade noch von den Überschüssen aus dem Export von Commodities und halbverarbeiteten Gütern ausgeglichen wird. Am stärksten in Mitleidenschaft gezogen ist die Produktion in den Sektoren Elektronik, Chemie und Pharmazie, Maschinen- und Ausrüstungsbau, in der Metallverarbeitung, im Fahrzeugbau sowie der Informatik. Ebenso betroffen sind die Bereiche Bekleidung, Textil und Schuhe, die ihre Marktanteile vor allem an Importprodukte aus China verloren haben (IEDI 2014). Die Folge ist, dass die Beschäftigung in verschiedenen Sektoren seit 2011 stagniert oder abnimmt, was versetzte Auswirkungen auch auf andere Sektoren haben wird. Jeder Arbeitsplatz im Fahrzeugbau erzeugt beispielsweise fast sechs weitere Arbeitsplätze in anderen Produktionsbranchen bzw. im Bereich der Forschung, im Transport oder in der Verwaltung.

Nicht nur die Industrie beklagt eine lange Liste von Wettbewerbsnachteilen unter dem Begriff »brasilianische Kosten«. Hierzu gehören eine ineffiziente Logistik und eine prekäre Infrastruktur, ein unflexibles und bürokratisches Steuersystem, bürokratische Auflagen der verschiedenen Gebietskörperschaften, der späte Einstieg in neue Energien, der Mangel an qualifiziertem Personal, hohe Finanzierungskosten sowie wenig Innovationen in Dienstleistungen und Zukunftsmärkten. Auch ein übertriebener Staatsinterventionismus und exzessive Lohnsteigerungen werden als Begründung herangezogen.

Die Krise der brasilianischen Industrie ist aber nicht erst mit der aktuellen Regierung entstanden. Auch die internationale Finanzkrise, die zu einer Verringerung der Nachfrage nach brasilianischen verarbeiteten Produkten geführt hat, war ein Verstärker für die seit den 1990er Jahren verfolgte Hochzinspolitik und die stetige Aufwertung des Reals. Hinzu kamen seit 2010 zunehmende Schwierigkeiten, das konsuminduzierte Wachstum mit der Stimulierung von privaten Investitionen und Produktivitätswachstum zu verbinden, obwohl die öffentlichen Investitionen sich in einer Dekade verdoppelt hatten.(8)

4.1 Industriepolitik und Blockaden

Unter dem Kürzel PBM (Programa Brasil Maior) legte die Regierung 2011 ein umfangreiches industriepolitisches Programm auf, das zu einer robusteren Wettbewerbsfähigkeit beitragen soll. Bis Ende 2012 wurden 69 Einzelmaßnahmen in Gang gesetzt: Mit der Vergabe von Konzessionen an den Privatsektor zur Ausweitung des Schienennetzes, für Hafen- und Straßenbau, Erdöl- und Gasförderung, die Erweiterung von Flughäfen und den Ausbau des urbanen Nahverkehrs sollen für die Verbesserung der Infrastruktur bis 2018 ca. 100 Mrd. Euro mobilisiert werden. 56 Industriesparten wurden von den Kosten der Sozialversicherung (INSS) in Höhe von 20 Prozent befreit und zahlen stattdessen eine Abgabe zwischen ein und zwei Prozent auf den Umsatz. Dies entspricht einer effektiven Reduzierung der Lohnnebenkosten in Höhe von sieben Mrd. Euro allein für 2014.

Steuern auf Industriegüter wurden ebenfalls zeitweise gesenkt. Mit dem Programm »Reintegra« wird der Export verarbeiteter Produkte mit einer Steuergutschrift von drei Prozent über ihren Wert gefördert. Die Entwicklungsbank BNDES vergibt subventionierte Kredite für Investitionen, Investitionsgüter wurden von Bundessteuern befreit, Regierungskäufe werden zur Stimulierung der Produktion eingesetzt und Steuerschulden gestreckt. Spezielle Sektorregime wurden eingeführt, die weitere Steuererleichterungen mit einem definierten lokalen Produktionsanteil, der Stimulierung von Forschung und technologischer Innovation sowie steigender Energieeffizienz und verbesserten Sicherheitsstandards verknüpfen. Zudem wurden 2013 die Stromkosten für Industrieunternehmen um etwa 20 Prozent reduziert. Bereits 2011 hatte die Bundesregierung mit PRONATEC ein Programm zur beruflichen Qualifizierung aufgelegt, dessen Kurse bisher mehr als sieben Millionen Menschen durchlaufen haben. Die Zielmarke für 2015 liegt bei 12 Millionen.

Die Resultate dieses »neuen staatlichen Aktivismus« sind noch nicht abzusehen. Eine Untersuchung des staatlichen Forschungsinstituts IPEA kommt zu dem vorläufigen Schluss, dass die industriepolitischen Maßnahmen eher als Korrektiv systemischer Probleme technisch administrativer, politischer oder steuerrechtlicher Natur wirken denn als Katalysator eines industriellen Transformationsprozesses (vgl. Schapiro 2013). Doch selbst als Korrektiv bewirken diese Maßnahmen nur wenig gegen die prioritären Ursachen der Krise der verarbeitenden Industrie, welche die gesamte wirtschaftliche Dynamik in Mitleidenschaft gezogen haben. Auch die von wirtschaftsliberaler Seite geforderte einseitige Öffnung gegenüber dem Weltmarkt sowie eine Reduzierung des Staates würden hier keinen Erfolg versprechen, da die Blockaden zu einem erheblichen Maß genau aus den Entwicklungen herrühren, die Brasilien für viele Anleger interessant gemacht haben und nun von einer mächtigen Interessenkoalition verteidigt werden.

4.2 Hohe Zinsen und Investitionsprobleme

Mit der Währungsreform im Jahr 1995 konnte die Inflation auf einem relativ hohen Niveau stabilisiert und die Inflationserwartungen eingegrenzt werden. Seit 2005 liegt die angestrebte Bandbreite zwischen 2,5 und maximal 6,5 Prozent. Teuerungsschübe werden mit der Erhöhung der Zinssätze bekämpft. Der Leitzins SELIC lag bis 2006 bei über 20 Prozent und sank erst in den Folgejahren unter die 15-Prozent-Marke. Brasilien gehört seit fast 20 Jahren zu den Ländern mit den höchsten Realzinsen. Keine brasilianische Regierung hatte bisher versucht, diesen Sachverhalt zu verändern.

Die Ausnahme stellte 2012 der Versuch der Regierung Rousseff dar, den Leitzins deutlich zu senken. Von Oktober 2012 bis April 2013 lag der Zins mit 7,25 Prozent und real 1,4 Prozent (Dezember 2012) auf seinem bisherigen Tiefststand. Parallel wurde mithilfe der Staatsbanken erfolgreich auf eine Senkung der Zinsen der Geschäftsbanken hingewirkt. Die Kritik gegenüber dieser nicht marktkonformen Regulierung der Preise sowie der Druck auf die Regierung waren deutlich, wurden die Gewinne im Finanzsektor dadurch doch erheblich geschmälert. Die spreads, also die Differenz zwischen Kredit- und Guthabenzinsen, sind immens. Eine Finanzierung über Kreditkarte kann gut 30 Prozent und mehr betragen - monatlich! Die durchschnittlichen jährlichen Kreditzinsen liegen bei 100 Prozent für Privatpersonen und für Unternehmen bei etwa 50 Prozent (März 2014). Nicht nur aufgrund der jahreszeitlich bedingten inflationären Entwicklung, der Fixierung auf eine Überschreitung der Bandbreiten sowie der hieraus abgeleiteten negativen Erwartungshaltung der »Märkte«, sondern auch wegen der erfolgreichen Intervention der beeinträchtigten wirtschaftlichen Interessen konnte der Kurs niedriger Zinsen nicht gehalten werden. Seither erhöhte der SELIC sich schrittweise wieder auf elf Prozent. Die Realzinsen liegen so erneut bei fünf Prozent und gehören zu den höchsten der Welt.

Bis 2005 waren hohe Zinsen noch direktes Resultat der Krisenanfälligkeit der brasilianischen Wirtschaft, seither ist Brasilien aber wirtschaftlich weitgehend stabil. Der wachsende Binnenmarkt und Finanzmarktapplikationen sind für Anleger seit dem Ausbruch der Finanzkrise zunehmend attraktiv geworden.

Die dauerhaft hohen Zinsen reduzierten jedoch die Investitionsmöglichkeiten des brasilianischen Staates, z.in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit. Genau diese Mängel motivierten die großen Demonstrationen seit Juni 2013, werden aber ebenso von der produzierenden Wirtschaft beklagt. Trotz einer im internationalen Vergleich mittleren Verschuldung wurden 2013 40 Prozent des Bundeshaushaltes für Schuldendienst und Amortisierungen aufgebracht; immerhin knapp vier Prozent weniger als im Vorjahr (Auditoria Cidadã da Dívida 2013). Das eingesparte Volumen entsprach in etwa dem gesamten Bildungshaushalt der Union und überstieg auch den Haushalt für Sozialleistungen. 2010 lag der Schuldendienst mit etwa 5,3 Prozent des BIPs beim 15-fachen der Kosten des Transferprogramms »bolsa familia«. Brasiliens Schuldendienst liegt sowohl relativ als auch absolut deutlich über dem Deutschlands, der 2012 etwa 5,3 Prozent der Staatseinnahmen betrug (Burth 2013).

Einer der Gründe für das Wachstum der brasilianischen Wirtschaft in der letzten Dekade lag in der Ausweitung des Kreditmarktes, wenn auch bei extrem hohen Zinsen. Die oftmals kritisierte Überschuldung der Bevölkerung als negativer Effekt der politisch gewollten Erleichterung des Zugangs zu Krediten liegt aber weniger am Volumen als an der Alltäglichkeit von Wucherzinsen. Das entsprechende Gesetz gegen Wucher wurde unter der Regierung Cardoso modifiziert. Zwischen 2002 und 2014 hat sich das Verhältnis der Verschuldung von privaten Haushalten und Unternehmen zum BIP von 24 auf 56 Prozent erhöht, davon entfallen 46 Prozent auf die Haushalte. Dies ist deutlich weniger als in den Ländern der EU oder anderen lateinamerikanischen Staaten. In Deutschland entspricht die Verschuldung der privaten Haushalte etwa 60 Prozent des BIP.

Brasilien verfügt über ein stabiles und entwickeltes Bankensystem. Das relativ geringe Kreditangebot überrascht auf den ersten Blick, erklärt sich aber dadurch, dass das bevorzugte Geschäftsfeld der Banken die Refinanzierung der öffentlichen Schulden ist und weniger die Förderung produktiver Investitionen. Das Volumen kann bei Privat- und Unternehmenskrediten bei den existierenden Zinsen und spreads nicht erhöht werden, ohne gleichzeitig das Ausfallrisiko zu erhöhen. Auch die niedrige private Investitionsrate, vor allem in der verarbeitenden Industrie, erklärt sich mit der Höhe der Zinsen und nicht umgekehrt. Nicht nur, dass die Finanzierung von Investitionen durch hohe Zinsen in vielen Sektoren nicht infrage kommt, sie fördert gleichzeitig die Entwicklung anderer spekulativer Sektoren wie den Immobiliensektor. Auch der Präsident des Industrieverbandes bestätigte in einem Interview, dass es viele Unternehmen vorziehen, aufgrund der wesentlich höheren Renditen im Finanzsektor zu investieren.

Eine Erhöhung der öffentlichen und privaten Investitionen sowie des Kreditangebots würde die Flexibilisierung einer der makroökonomischen Grundlagen der Wirtschaftspolitik voraussetzen, ohne die eine Fortsetzung der Politik des »Wachstums mit Umverteilung« aber zunehmend behindert wird. Die hohen Zinsen stellen heute eines der wichtigsten Investitions- und Wachstumshindernisse dar. Gleichzeitig haben die Erfahrungen gezeigt, dass der Versuch, die Zinsen zu senken, schnell auf den Widerstand der Anleger stößt - darunter an erster Stelle der Großbanken, die einen bedeutenden Teil der brasilianischen Schuldverschreibungen halten, deren Verzinsung wiederum durch den Leitzins definiert wird.

Die hohen Zinsen sind zudem für internationale Anleger höchst attraktiv. Die hohen Direktinvestitionen fließen nicht nur in den Ausbau von Industrie und Dienstleistungen oder in Übernahmen und Fusionen, sondern eben auch in Finanzmarktanlagen. Gleichzeitig finanzieren die FDI seit mehreren Jahren das steigende Defizit in der Leistungsbilanz. Beide Phänomene wirken sich auf den Wechselkurs aus und forcieren das zweite grundlegende wirtschaftliche Problem, dass sich direkt auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie auswirkt.

4.3 Asymmetrien der Wechselkurse und Krise der Industrie

Die starken Kapitalzuflüsse aufgrund von Direktinvestitionen, spekulativer Bewegungen und steigender Exporteinnahmen haben zu einer stetigen Aufwertung des Reals geführt. Diese Tendenz hat sich durch die hohe Liquidität sowie Niedrigzinsen in den USA und Europa seit der Finanzkrise verstärkt. Die Geldmengenausweitung der USA im Jahr 2010 soll nach Berechnungen der brasilianischen Zentralbank den Kapitalzufluss um 100 Mrd. US-Dollar erhöht haben. Der Wert des US-Dollar fiel in der Folge von 1,80 auf 1,60 Real, während der Wert der brasilianischen börsennotierten Unternehmen um 12 Prozent stieg.

Mitte 2010 wies der Big-Mac-Index (The Economist 2014) eine Überbewertung gegenüber dem US-Dollar von über 50 Prozent aus. Nach den Abwertungen dürfte die Asymmetrie heute etwa die Hälfte betragen. Die Unterbewertung der chinesischen Währung lag laut diesem Index bei etwa 40 Prozent. Etwas weniger reduktionistische Berechnungen bestätigen den Sachverhalt ebenfalls (IEDI 2012). Für 2010 soll die Asymmetrie zwischen den Währungen abzüglich der Zölle einen durchschnittlichen Anreiz von 25 Prozent für Importe dargestellt haben.

Die im zweiten Semester 2013 in Brasilien, wie auch in anderen Schwellenländern, erfolgten deutlichen Abwertungen setzten eine internationale Debatte um die »fragil five« in Gang. Deren mechanistische Logik aus Währungsabsturz, Schuldenanstieg, Rezession, Zahlungsengpässen bis zu Staatsbankrott bzw. internationalen Hilfsprogrammen traf die Situation in Brasilien aber nicht mal ansatzweise. Wenige Monate später lag der US-Dollar trotz Abwertung gerade mal bei seinem nominalen Wert von 2005.

Die chronische Aufwertungstendenz des Reals hat die Wettbewerbsfähigkeit der brasilianischen verarbeitenden Industrie untergraben. Die Asymmetrie zwischen den Währungen förderte trotz hoher Zölle den Import von verarbeiteten Gütern insbesondere aus China. Die Überbewertung stellt de facto eine effektive Handelsliberalisierung dar, die mit der Substituierung nationaler Produktion durch Importe einen Deindustrialisierungsprozess in Gang gesetzt hat. Die mangelnden Investitionen sind so nicht Resultat zu geringer Ersparnis, sondern einer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit. Aufgrund der hohen Zinsen und der Überbewertung sind Investitionen in die verarbeitende Industrie schlicht nicht attraktiv. Der entstandene Wettbewerbsnachteil für die heimische Industrie war durch die industriepolitischen Maßnahmen der letzten Jahre nicht ausgleichbar. Auch die gern angeführte ursächliche niedrige Arbeitsproduktivität bzw. die angeblich im internationalen Vergleich zu hohen Löhne in Brasilien stehen so in einem anderen Licht: Während die Lohnstückkosten in Real seit 2002 etwa gleich geblieben sind, sind diese in US-Dollar seit 2008 um rund 40 Prozent angewachsen.

Die Aufwertung der Währung beschränkte mit ihren Auswirkungen auf Export und Import die Produktion verarbeiteter Güter sowie das Wachstum. Gleichzeitig stimulierte eine Erhöhung der Kaufkraft in internationaler Währung die Nachfrage und wirkte dabei inflationsmindernd. Die erhöhte Nachfrage wurde wiederum zunehmend durch Importe befriedigt. Die Überbewertung führte so auch zu Defiziten in der Handelsbilanz.



5. Das regressive Steuersystem

Die brasilianischen Steuern liegen zwar deutlich über denen anderer lateinamerikanischer Länder, der häufig angeführte Vergleich, dass sich bei einer fast so hohen Steuer- und Abgabenquote wie der deutschen (35 vs. 40 Prozent) die Dienstleistungen auf Entwicklungsländerniveau befinden, trifft jedoch nicht die Realität. Da die Steuerquote sich in ihrem Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ausdrückt, sind die deutschen Steuereinnahmen pro Kopf der Bevölkerung um mehr als den Faktor vier von den brasilianischen entfernt und somit auch der Umfang der finanzierbaren Leistungen.

Die Höhe der Steuern sowie die staatliche Ineffizienz bei der Verwendung der Einnahmen ist ein oft angeführtes Argument gegen den brasilianischen Staatsinterventionismus. Bei aller gerechtfertigter Kritik, vor allem in Bezug auf die Steuerbürokratie, liegt das wahre Problem jedoch nicht in der Höhe der Steuerquote, sondern in der Regressivität des brasilianischen Steuersystems, das die unteren Einkommen bedeutend stärker als die hohen belastet. So gibt es vier Steuersätze ohne linearen Anstieg, die ab einem Gehalt von etwa 600 Euro greifen. Der höchste Steuersatz beträgt 27,5 Prozent und setzt ab einem monatlichen Verdienst von etwa 1.490 Euro ein. Das Steuersystem besteuert hohe Einkommen nur gering, Kapitaleinkommen zu wenig oder gar nicht. Im Vergleich mit den anderen Ländern der G20 werden hohe Einkommen mit Ausnahme von Saudi Arabien und Russland in Brasilien am geringsten besteuert. Grund- und Bodensteuer trugen lediglich 0,07 Prozent zum Steueraufkommen bei. Auch Erbschaften werden mit durchschnittlich vier Prozent nur gering besteuert. Jachten, Hubschrauber und Privatflugzeuge sind gleich steuerfrei. Gleichzeitig wird ein großer Anteil der Steuereinnahmen über den Konsum erhoben, wodurch geringere Einkommen stärker belastet werden als hohe. Rund ein Viertel des Aufkommens kommt aufgrund von Steuerhinterziehung zudem erst gar nicht beim Staat an. So trägt das brasilianische Steuersystem ebenfalls zur Einkommenskonzentration und zu einer Reduzierung der Nachfrage bei.



6. Die Machtfrage

Inwieweit auf die grundlegenden Ursachen wirtschaftlicher und entwicklungspolitischer Blockaden eingewirkt werden kann, ist auch eine machtpolitische Frage. Hauptproblem Brasiliens ist nicht ein übermächtiger Staat, sondern dessen Schwäche, die Erfolge bei der Armutsbekämpfung sowie der Dynamik der sozialen Mobilität bei geringeren Wachstumsraten auf einer höheren Entwicklungsstufe und in einem vergleichbaren Rhythmus weiterzuführen. Politisch stellt sich die Frage, wie allgemeinen Wohlstandsgewinnen Priorität gegenüber den Interessen einer wachsenden Renten- und Finanzwirtschaft eingeräumt werden kann. Zwar gäbe es durchaus politische Spielräume, die auch immer wieder genutzt wurden, nur werden diese Spielräume bei geringeren Wachstumsraten und ohne einen geldpolitischen Richtungswechsel oder strukturelle Veränderungen, etwa im Steuersystem, zunehmend geringer. Im Rahmen des gesellschaftlichen Konflikts um Verteilung und mehr Partizipation steht die nächste Regierung vor einer wirtschaftspolitischen Grundsatzentscheidung in der sich entwickelnden brasilianischen Demokratie.

Hohe Zinsen liegen im Interesse aller Anleger sowie des Finanzsektors im Aus- und Inland, verhindern aber gleichzeitig Investitionen, vor allem im Industriesektor, überhöhen die Gewinnerwartungen und fördern spekulative Entwicklungen. Auch die Überbewertung des Reals liegt im Interesse der Anleger und Importeure sowie eines wachsenden Teils der Industrie, da diese durch die langanhaltende Verzerrung der relativen Preise heute stärker denn je von internationalen Zulieferern abhängig ist. Eine Abwertung würde kurzfristig zu einer Reduzierung der Kaufkraft und damit der Löhne breiter Teile der Bevölkerung führen, was hohe politische Kosten nach sich ziehen könnte.

Trotzdem wird die brasilianische Industrie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit in vielen Sektoren nur mit einer deutlichen Verringerung der Währungsasymmetrien zurückgewinnen können. Die zukünftige sozioökonomische Entwicklung ist dabei durchaus von der Wirtschaftsstruktur abhängig. Eine Konzentration auf den Export von Commodities und den Import von verarbeiteten Gütern unter Ausnutzung des starken Reals würde zu weiterer Deindustrialisierung und schließlich zu negativen Beschäftigungseffekten führen, die über die Industrie hinausgingen. Die Deindustrialisierung gefährdet die gesamte wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Die Landwirtschaft und der Dienstleistungssektor sind mit der verarbeitenden Industrie eng verknüpft, besonders stark in den Bereichen Innovation und Forschung sowie in allen Branchen, in denen hohe Gehälter bezahlt werden. Ein postindustrielles Brasilien wird den Rhythmus des sozialen Fortschritts kaum aufrechterhalten können.

Der richtige Wechselkurs ist wirtschaftlich, aber auch politisch nur schwierig auszutarieren und ruft verschiedene Interessengruppen auf den Plan. Eine Abwertung würde die Anlagen internationaler Investoren empfindlich reduzieren, die bei hohen Zinsen und steigendem Außenwert des Reals in den letzten Jahren hohe Gewinne eingefahren haben. Bei anhaltend niedrigeren Wachstumsraten führen hohe Zinsen aber zu einer noch einseitigeren Verteilung gesellschaftlichen Reichtums zugunsten der Kapitalbesitzer_innen. Hierzu gehört auch ein Teil der brasilianischen Mittelschicht. Die brasilianische Regierung befindet sich in einer »orthodoxen Zwangsjacke« (Almeida, zit. nach Drummond 2014). Auf dem Spiel steht ihr Slogan: »Wachstum und Umverteilung«.

Politisch ist dem Dilemma schwer beizukommen - nicht zuletzt aufgrund der Schwierigkeit, im brasilianischen »Koalitionspräsidentialismus« eindeutige Mehrheiten herzustellen. Die brasilianischen Regierungen hängen von einer heterogenen Viel-Parteien-Koalition ab. Zudem ist der Einfluss verschiedener wirtschaftlicher Sektoren, die (erfolgreich) versuchen, politische Entscheidungen zu verhindern oder zu revidieren, sehr hoch. Darüber hinaus sieht das politische System keine öffentliche Wahlkampffinanzierung vor, sodass zu den größten Spendern der Wahlkämpfe, deren Kosten sich in den letzten Jahren extrem erhöht haben, Bauunternehmen, Immobilienfirmen und Banken gehören.



7. Ist Brasilien ein Absteiger?

Drei Viertel der Weltbevölkerung besitzen laut dem letzten Weltbericht zur sozialen Sicherung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) keinen Zugang zu sozialen Sicherungssystemen. In der EU ist in der Folge der Finanzkrise fast ein Viertel der Bevölkerung vom Sozialabbau betroffen. Hinzu kamen steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Einkommen. Konsum und Nachfrage fielen zurück, das Wirtschaftswachstum sank. Im Endeffekt verlängerte sich die Krise. Im Gegensatz hierzu werden im Bericht Länder wie Brasilien und China hervorgehoben, die ihre sozialen Sicherungssysteme ausweiteten, Löhne erhöhten und so die wirtschaftliche und soziale Entwicklung vorangebracht haben. Trotz einer seit 2003 um 22 Millionen angewachsenen Bevölkerung wurden unter den letzten drei Regierungen die Armut in Brasilien stark reduziert, die Masseneinkommen verbessert und das soziale Sicherungssystem ausgebaut. Zudem ist die Einkommensverteilung ein wenig gerechter geworden. Die wachsende externe Nachfrage nach brasilianischen Exportgütern, aber vor allem die Binnennachfrage haben zu relativ hohen Wachstumsraten geführt. Wachsende Staatseinnahmen ermöglichten höhere öffentliche Investitionen in praktisch allen Feldern, ohne dass damit der extreme Nachholbedarf des Landes befriedigt werden konnte.

Der mit der Präsidentschaft Luiz Inácio Lula da Silvas im Jahr 2003 einsetzende expansive Wachstumszyklus ist wegen der übernommenen wirtschaftspolitischen Definitionen unter dem Einfluss der internationalen Finanzkrise an Grenzen gestoßen. Die staatlichen Spielräume waren und sind geringer, als sie auf den ersten Blick erscheinen - jedoch weniger aufgrund der so oft angeführten endemischen Korruptionen oder der Ineffizienz der öffentlichen Verwaltung. Stattdessen sind es die zwei Fünftel des Bundehaushaltes, die in den Zinsdienst der öffentlichen Schulden fließen, und damit weder für Bildung oder Gesundheit noch für den Ausbau der Infrastruktur eingesetzt werden können. Gleichzeitig werden die Nutznießer von Finanzmarktgewinnen bzw. große Vermögen von der Finanzierung des Gemeinwesens de facto freigestellt.

Die Vermögensverteilung wurde nicht angetastet, da fast alle in den letzten Jahren davon profitierten. Gleichzeitig ist anzunehmen, dass der Abstand zwischen Vermögenden und Gehaltsempfänger_innen bei niedrigeren Wachstumsraten in den letzten Jahren wahrscheinlich noch schneller gestiegen wäre. Eine Erhöhung der Produktivität erneut mit einer Abnahme der Ungleichheit zu verbinden, hängt also nicht mehr nur von der umverteilenden Rolle des Staates und dem Druck sozialer Organisationen ab, sondern gerade von den wirtschaftspolitischen Entscheidungen hinsichtlich der Zinsen, des Wechselkurses und seiner Fiskalpolitik. Nur so kann die strukturelle Verknüpfung zwischen der Krise der Industrie und der Stagnation des Wirtschaftswachstums sowie dem Defizit in der Leistungsbilanz beeinflusst werden.

Brasilien hat nicht nur Wachstumspotenzial, sondern auch Umverteilungspotenzial. Beide Potenziale für die Steigerung eines breiten gesellschaftlichen Wohlstands zu nutzen, ist nicht zuletzt eine Frage politischer Willensentscheidungen und der Machtverhältnisse. Die neue Regierung wird sich diesen Richtungsentscheidungen stellen müssen.


Anmerkungen

(1) In den 1980er Jahren durchschnittlich -0,56 Prozent, in den 1990er Jahren 0,95 Prozent und in den 2000er Jahren dann 2,37 Prozent.

(2) Zum Vergleich: KfW 72,5 Mrd. Euro 2013 (KfW 2013).

(3) Dies betraf auch die Fußballweltmeisterschaft: Im Politikbarometer der »Forschungsgruppe Wahlen« vom Juni 2014 wurde nach Einschätzungen zu Brasilien gefragt: 53 Prozent glaubten - trotz der Distanz -, dass die Proteste die Ausrichtung der WM beeinträchtigen würden, was nicht der Fall war.

(4) Einschließlich der Selbstständigen.

(5) Neuere Daten liegen nicht vor.

(6) Die Programme: Ciência Sem Fronteiras, Inglês Sem Fronteiras, Jovens Talentos, Programa Institucional de Bolsa de Iniciaçoã à Docência, Prouni und Reuni.

(7) Entwicklungsindex des UNDP.

(8) Private Investitionen lagen in der Dekade von 1972 und 1982 zwischen 20 und 25 Prozent des BIP. Bis Mitte der 1970er Jahre beliefen sich die öffentlichen Investitionen auf durchschnittlich 5 Prozent des BIP. Beide Raten fielen seither. 2003 lagen private Investitionen bei 15 Prozent und öffentliche bei 2 Prozent des BIP (Luporinies 2010: 8).


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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2014