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UNTERNEHMEN/2226: Daimler AG verkauft EADS-Anteile an KfW Bankengruppe (Gerhard Feldbauer)


Daimler AG verkauft 7,5 Prozent ihrer Anteile von EADS an KfW Bankengruppe

Scharfer Widerspruch in EADS-Führung

von Gerhard Feldbauer, 11. November 2011


Die Daimler AG wird 2012 die Hälfte ihrer Anteile (7,5 Prozent) an der European Aeronautic Defence and Space Company N. V. (EADS) an die Bankengruppe Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgeben. Darüber haben sich die Daimler AG und die Bundesregierung grundsätzlich verständigt, heißt es in der Pressemitteilung aus Stuttgart. Daimler behält von seinem stimmberechtigten Anteil von 22,5 Prozent an EADS 15 Prozent. Eine entsprechende Absichtserklärung zwischen der KfW und der Daimler AG soll noch vor Jahresende unterzeichnet werden. Mit einem Anteil der Bundesrepublik zu vier Fünfteln und einem Fünftel der Bundesländer ist die KfW eine Staatsbank. Die Bundesrepublik haftet für alle Verbindlichkeiten und Kredite der KfW.


Anteilewechsel stärkt deutsche Position

"Wir sind uns mit der Bundesregierung einig: Die Gründung von EADS war eine Pionierleistung europäischer Wirtschaftsprojekte in einem strategisch sehr bedeutsamen und sensiblen Bereich. Aufgrund der strategischen Bedeutung von EADS hat der Bund entschieden, über eine Beteiligung der KfW Bankengruppe die deutsch-französische Balance zu sichern. Damit bleibt einer der Erfolgsfaktoren der EADS gewahrt, und es ergibt sich eine zwischen beiden Seiten ausgeglichene und gleich angelegte Aktionärsstruktur", sagte Bodo Uebber, im Vorstand der Daimler AG zuständig für Finanzen und Controlling und für Daimler Financial Services. Daimler habe die EADS vor mehr als zehn Jahren mitgegründet und seither erfolgreich ihre Entwicklung zum Weltmarktführer begleitet. Daimler wolle auch weiterhin "die industrielle Führung auf der deutschen Seite" übernehmen; das haben "wir immer wieder betont", so Uebber, der die Entscheidung gleichzeitig damit begründete, das entspreche der Strategie des Konzerns, "sich auf sein automobiles Kerngeschäft zu konzentrieren".

In der EADS-Führung ist der Einstieg dagegen auf scharfen Widerspruch gestoßen. Thomas Enders, Kandidat für den Chefposten beim 2012 bei EADS anstehenden Führungswechsel, hält den Einstieg Berlins beim Luft- und Raumfahrtkonzern für eine schlechte Idee. "Wir brauchen nicht mehr staatliche Einflussnahme, sondern weniger", sagte er gegenüber der "Financial Times Deutschland", die hinzufügte, der Airbus-Chef wisse prominente Manager-Kollegen hinter sich. Berlin sei, so die FTD, "eine Einflussnahme auf das deutsch-französische Unternehmen sehr wichtig." Auch der derzeitige Vorstandschef bei EADS, Louis Gallois, wandte sich gegen den Staatseinstieg und ließ Befürchtungen einer "feindlichen Übernahme" anklingen.

In der Pressemitteilung heißt es, Daimler und der Bund haben außerdem vereinbart, zeitnah abschließende Gespräche über die langfristige Gestaltung des 2007 ins Leben gerufenen und 2010 bestätigten Investorenkonsortiums ("Dedalus") zu führen. Das Konsortium hält heute bereits 7,5 Prozent an der EADS. Gemeinsames Verständnis sei, dass das Investorenkonsortium im Grundsatz bestehen bleiben soll.

Daimler bündelt bereits seit der Gründung der EADS seine Stimmrechte zusammen mit der spanischen SEPI und der französischen Sogeade (Holding-Gesellschaft in Besitz von Lagardère mit 33,3 Prozent und dem Französischen Staat mit 66,7 Prozent) in der EADS B.V. ("Shareholder Pakt") zur gemeinsamen Stimmrechtsausübung. Der Shareholder Pakt hält insgesamt 50,4 Prozent der Anteile der EADS. Die Stimmrechte des Banken- und Investorenkonsortiums bleiben bis auf weiteres bei der Daimler AG.. Die Stimmrechte von Daimler und KfW sollen in einer Zwischenholding gepoolt werden. Die Bundesregierung werde in enger Abstimmung mit den Partnern im Aktionärspakt, die notwendigen Anpassungen vorbereiten.


KfW drittgrößte deutsche Bank mit bestmöglicher Bonität

Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau handelt es sich um die 1948 zur Finanzierung des Wiederaufbaus der deutschen Wirtschaft gegründete Bank. Ihr Startkapital stammte vor allem aus Mitteln des Europäischen Wiederaufbauprogramms (European Recovery Program, kurz "Marshallplan" genannt).(1) Von 15 Mrd. Dollar des ERP, die in 17 westeuropäische Staaten gingen, erhielt die Bundesrepublik damals 10,1 Prozent. Der Marshallplan beförderte wesentlich die Expansion des USA-Kapitals nach Westeuropa. Zum Verhältnis des Bundes zur KfW ist hervorzuheben, dass die Bundesrepublik für deren sämtliche Verbindlichkeiten und Kredite haftet. Die Bilanzsumme der KfW betrug 1980 etwa 28 Mrd. Euro. Am 31. Dezember 2010 war sie auf rund 442 Mrd. Euro (für den Gesamtkonzern, nach International Financial Reporting Standards (IFRS) angestiegen. Damit ist die KfW mit Stand 2010 die drittgrößte deutsche Bank. Von internationalen Ratingagenturen hat sie die bestmögliche Bonitätsbewertung (Triple A-Rating/AAA) erhalten. Hauptstandort der KfW ist Frankfurt/Main. In der jetzigen Beteiligungsänderung sehen Experten eine Stärkung der deutschen Position, die auch bei einer möglichen Gefährdung des Euro Bedeutung erlangen könnte.


EADS weltweit zweitgrößtes Luft- und Raumfahrtunternehmen

EADS ist der größte europäische Luft-, Raumfahrt und Rüstungskonzern, der die zivile Luftfahrt und den militärischen Sektor einschließt. Zu EADS gehört der Flugzeughersteller Airbus, das weltweit größte Hubschrauber-Unternehmen Eurocopter und EADS Astrium, die europäische Nummer eins im Raumfahrtgeschäft mit den Programmen Galileo und Ariane.

Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 116.000 Mitarbeiter an 70 Produktionsstandorten, hauptsächlich in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, aber auch in den USA und Australien. Mit einem Umsatz von knapp 40 Milliarden Euro ist EADS nach Boeing das zweitgrößte Luft- und Raumfahrtunternehmen der Welt.

Seit der Gründung des Unternehmens 2000 werden Aktien der EADS an der Börse gehandelt. 49,5 Prozent der Anteile befinden sich in Streubesitz verschiedener Shareholder, zu denen auch Manager der EADS gehören. Der Konzern ging aus einer Fusion der deutschen DASA (DaimlerChrysler Aerospace AG), der französischen Aerospatiale-Matra und der spanischen CASA hervor. EADS ist zu 43 Prozent an dem Konsortium beteiligt, das den Eurofighter produziert.


Anmerkung:
(1) Nach seinem Begründer, dem damaligen US-Außenminister George C. Marshall, so benannt.


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Quelle:
© 2011 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2011