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ARBEITSRECHT/137: ver.di will BAG-Entscheidung zum kirchlichen Arbeitsrecht prüfen lassen (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 15. April 2013

ver.di will BAG-Entscheidung zum kirchlichen Arbeitsrecht vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen



Berlin, 15.04.2013 - Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat gegen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum kirchlichen Arbeitsrecht Verfassungsbeschwerde eingelegt. "Weil das Bundesarbeitsgericht beim Arbeitskampfrecht als eine Art Ersatzgesetzgeber fungiert, halten wir es für zwingend notwendig, die vom BAG vorgenommene Einschränkung des Streikrechts für mehr als 1,2 Millionen Beschäftigte verfassungsrechtlich überprüfen zu lassen", sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske in Berlin. "Das BAG hat das kirchliche Selbstordnungsrecht über das Grundrecht auf Streik nach Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes gestellt. Auch wenn ver.di aktuell in kirchlichen Einrichtungen streiken darf, wird uns das Streikrecht bei der Umsetzung der vom BAG festgelegten Bedingungen für den Dritten Weg dauerhaft bestritten."

Zudem ist nach Auffassung von ver.di der Schutzbereich der kirchlichen Dienstgemeinschaft durch Streiks gar nicht beeinträchtigt. Der Dienst am Nächsten wird durch entsprechende Aktionen nicht berührt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hätte das BAG diese Frage erörtern müssen. Die Entscheidung des BAG vom 20. November 2012 ist aus Sicht von ver.di auch völkerrechtlich bedenklich, weil die Richter die Vorgaben der Europäischen Sozialcharta und vor allem von Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht ausreichend in die Abwägung einbezogen haben.

Weiterhin verkenne das BAG bei der Abwägung die Bedeutung der Zugehörigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Kirche des Arbeitgebers. In vielen Regionen werden Einrichtungen wie Krankenhäuser, Kindergärten oder Pflegeeinrichtungen ausschließlich von kirchlich gebundenen Anbietern betrieben. Die Beschäftigten hätten also bei der Suche nach einem Arbeitsplatz gar keine Wahl zwischen kirchlichen Einrichtungen (und dem Dritten Weg) und öffentlichen oder privaten Arbeitgebern (und damit dem für alle geltenden allgemeinen Arbeits- und Tarifrecht).

Ungeachtet der Verfassungsbeschwerde wird ver.di weiterhin auf den Abschluss von Tarifverträgen in kirchlichen Einrichtungen hinwirken und gegebenenfalls dort, wo es notwendig ist, die betroffenen Beschäftigten auch zu Arbeitsniederlegungen aufrufen.

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Quelle:
Presseinformation vom 15.04.2013
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Christoph Schmitz - ver.di-Bundesvorstand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2013