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FAMILIENRECHT/226: Trennungsunterhalt auch ohne früheres Zusammenleben (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 23. Oktober 2019

Rubrik: Ratgeber/Service/Recht/Familie

Trennungsunterhalt auch ohne früheres Zusammenleben


Frankfurt/Berlin (dpa/tmn). Nach einer Trennung kann ein Ehepartner Anspruch auf Trennungsunterhalt haben. Dafür muss das Ehepaar weder zusammen gelebt haben noch muss es zu einer "inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft" gekommen sein. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juli 2019 (AZ: 4 UF 123/19). In dem Fall ging es um eine arrangierte Ehe, wie die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Die Ehe arrangierten die Eltern des Paares mit indischem kulturellem Hintergrund. Die Hochzeit fand im August 2017 statt. Zu diesem Zeitpunkt lebte die Frau bei ihren Eltern in Deutschland, wo sie bei einer Bank arbeitete. Ihr Mann war in Paris als Wertpapierhändler tätig. Sie trafen sich nach der Hochzeit regelmäßig an den Wochenenden. Es gab gemeinsame Übernachtungen ohne sexuellen Kontakt.

Jeder hatte sein eigenes Konto und verbrauchte auch sein Einkommen für sich selbst. Es war geplant, dass die Frau sich nach Paris versetzen lassen würde, um dort gemeinsam mit ihrem Mann zu leben. Nach einer Aussprache im August 2018 trennte sich das Paar allerdings. Die Frau beantragte Trennungsunterhalt, da ihr Mann mehr verdient habe als sie. Sie hätten "ein ganz normales Eheleben" geführt.

Das Amtsgericht lehnte ihren Antrag ab. Das Oberlandesgericht bejahte aber einen Anspruch auf Trennungsunterhalt. Der Anspruch setze weder voraus, dass das Paar vor der Trennung zusammengezogen sei oder zusammengelebt habe. Auch eine Verflechtung der jeweiligen Lebenspositionen sei nicht notwendig. Es gebe keine rein formell bestehende Ehe. Der Unterhaltsanspruch setze auch nicht voraus, dass die Beteiligten sich wirtschaftlich aufeinander eingestellten. Auch könne der Unterhaltsanspruch nicht durch eine Vereinbarung beschränkt werden. Daher ließe er sich auch nicht durch ein Verhalten der Ehepartner für die Zukunft einschränken.

Die Lebensgemeinschaft sei auch nicht verwirkt. Der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer gelte nicht für den Anspruch auf Trennungsunterhalt. Auch liege keine kurze Ehedauer vor, schließlich seien die Partner zum Zeitpunkt der Trennung ein Jahr verheiratet gewesen. Eine Verwirkung könne ebenso wenig darin gesehen werden, dass die Ehepartner nach der Heirat keine eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen hätten. Vielmehr hätten beide geplant, dass die Frau sich nach Paris versetzen lasse, um dort ein gemeinsames Leben mit ihrem Mann zu führen.

Information: www.dav-familienrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung FamR 20/19 vom 23. Oktober 2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2019

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