Schattenblick → INFOPOOL → RECHT → FAKTEN


INTERNATIONAL/246: Kolumbien - Tiefschlag für Volksbefragungen durch Gerichtsurteil (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Kolumbien

Gerichtsurteil: Tiefschlag für Volksbefragungen


(Bogotá, 12.Oktober 2018, colombia informa) - Das kolumbianische Verfassungsgericht hat ein Urteil zu Gunsten des multinationalen Konzerns "Mansarovar Energy" gefällt. Das Verfassungsgericht hat beschlossen, dass von Bergbauprojekten betroffene Gemeinden in Zukunft keine Volksbefragungen mehr verwenden können, um Projekte zu verhindern, die zum Ziel haben, Mineralien abzubauen oder Erdöl zu fördern.

Das Hohe Gericht billigte mit 5:1 Stimmen den Vortrag von Richterin Cristina Pardo Schlesinger. Darin ist festgelegt, dass der Staat Besitzer der Bodenschätze des Landes ist. Damit werden die Interessen der Gemeinschaften der Region bedeutungslos.


Volksbefragungen bei Bergbau nicht mehr bindend

Mit der Entscheidung des Gerichts erhält der kolumbianische Kongress zwei Jahre Zeit, um Umwelt- und Sozialvorschriften zu verfassen. Gleichzeitig erkannte das Gericht Instrumente wie eine Volksbefragung nicht an, indem es darauf hinwies, dass es Verfahren wie das der "Bürgerbeteiligungen" nicht gebe, um eine Ablehnung dieser Art von Projekten kundzutun. Das Gericht forderte daher den kolumbianischen Kongress dazu auf, schnell Verfahren zur Bürgerbeteiligung festzulegen, ebenso wie Verfahren zur Koordination und zum Umgang zwischen Land und Gemeinden. Kritiker*innen unterstellen dem Kongress jedoch, in den Händen von multinationalen Erdöl- bzw. Bergbau- und Energiekonzernen zu sein.

Das Gericht stellte gleichzeitig fest, es sei in der Verfassung zwar vorgesehen, dass die Zuständigkeit für die Bodennutzung bei den Gebietsverwaltungen liege; diese Aufgabe müsse aber in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Stellen des Landes ausgeführt werden. Damit kommt der Rolle des Staates eine größere Bedeutung zu.

Bislang sind neun Volksbefragungen durchgeführt worden: In den Gemeinden Piedras und Cajamarca im Department Tolima, in Tauramena im Department Casanare, in Cabrera und Arbeláez im Department Cundinamarca, in Cumaral im Department Meta, in Pijao im Department Quindío und in den Gemeinden Jesús Maria und Sucre im Department Santander. In all diesen Befragungen haben die Gemeinden gegen die jeweiligen extraktiven Projekte privater Unternehmen gestimmt.


Widerspruch zu früheren Gerichtsentscheidungen

Mit dieser Entscheidung sprach sich das Verfassungsgericht zu Gunsten des multinationalen Konzerns "Mansarovar Energy" aus. Der Konzern hatte geklagt, die Entscheidung des Schiedsgerichtes des Departments Meta zu revidieren. Dieses Gericht hatte erlaubt, mit einer Volksbefragung fortzufahren, die zum Ziel hatte, die Erdölgewinnung in der Gemeinde Cumaral im Department Meta zu stoppen.

Dieses Urteil steht im Widerspruch zu anderen Entscheidungen, die frühere Senate des Verfassungsgerichtes gefällt hatten. Darin war festgelegt worden, dass Volksbefragungen sehr wohl Instrumente seien, die den Bergbau in den Gebieten stoppen könnten. Die wichtigste Befragung war die in Pijao im Department Quindía, wo es die Gemeinde erreicht hatte, den Bergbau in ihrer Region mittels einer Volksbefragung zu beenden.


URL des Artikels:
https://www.npla.de/poonal/tiefschlag-fuer-volksbefragungen-durch-verfassungsgericht/


Der Text ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

*

Quelle:
poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen
Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V.
Köpenicker Straße 187/188, 10997 Berlin
Telefon: 030/789 913 61
E-Mail: poonal@npla.de
Internet: http://www.npla.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang