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INTERNATIONAL/280: Peru - Gesetzentwurf gegen Kriminalisierung von sozialem Protest (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Peru

Gesetzentwurf gegen Kriminalisierung von sozialem Protest



Reynaldo Vargas Huila auf einem Plakat - Bild: Servindi

"Wenn ich ins Gefängnis gehe, dann nicht wegen Diebstahl oder Mord, sondern weil ich meine Gemeinde verteidige."
Reynaldo Vargas Huila
Bild: Servindi

(Lima, 8. Mai 2019, Servindi/poonal) - Im jahrelangen Konflikt um das Bergbauprojekt Las Bambas [1] sind 115 Gemeindemitglieder, die von ihrem Recht auf Protest Gebrauch gemacht haben, angeklagt. Auch Haftbefehle wurden ausgestellt. Damit soziale Proteste nicht mehr kriminalisiert werden und die Anklagen gegen die Gemeindemitglieder aufgehoben werden, hat die Fraktion Nuevo Perú (Neues Peru) zwei Gesetzesentwürfe im Kongress vorgestellt.


Umsiedelung - Straßenbau - Vertragsverletzungen

Anfang des Jahres hat die Gemeinde Fuerabambas die Zufahrtsstraßen zur Kupfermine Las Bambas zwei Monate lang blockiert [2]. Auslöser war eine weitere Verletzung der Abkommen zwischen der betroffenen Gemeinde und dem Unternehmen MMG (China Minmetals) sowie dem peruanischen Staat. Das Unternehmen hatte die Gemeinde zwischen 2012-14 umgesiedelt, um ungehindert zur Kupfermine gelangen zu können. Es hat eine Zufahrtsstraße ohne vorherige Genehmigung von der Gemeinde Fuerabamba auf ihrem Gebiet gebaut, die - entgegen vorheriger Versprechen - für den Abtransport des Kupfers genutzt wird. Bei früheren Protesten wurden bereits vier Protestierende durch Polizeikugeln ermordet [3].

Sehr viele Gegner*innen des Unternehmens wurden angeklagt und gegen etliche wurden Haftbefehle erlassen. Nun hat die Fraktion Nuevo Perú (Neues Peru) zwei Gesetzesentwürfe im Kongress vorgestellt: Einer soll der Kriminalisierung sozialer Proteste vorbeugen. Der andere zielt auf eine Amnestie für die Gemeindemitglieder ab, die wegen der Teilnahme an Demonstrationen gegen das Bergbauprojekt Las Bambas angeklagt sind. Denn mittlerweile sind bereits 115 Anklagen gegen Mitglieder der Gemeinde Fuerabamba zusammengekommen, auch Haftbefehle wurden erlassen.


Sollen wir die Erpresser gewesen sein?

Der Vorsitzende der bäuerlichen Organisation von Fuerabamba (Rondas Campesinas de Fuerabamba), Reynaldo Vargas Huilca, versicherte gegenüber Servindi, dass sie bis nach Lima gegangen seien, damit der Kongress das Gesetz verabschiedet und die indigenen Gemeinden somit nicht mehr strafrechtlich verfolgt würden (...). Und er fährt fort: "Der Staat bezeichnet uns als "kriminelle Bande", aber wir wissen nicht, was ein Kriminalist (sic!) oder was ein Erpresser sein soll." Er sagte auch, dass zwar sowohl das Unternehmen MMG Limited als auch der peruanische Staat ihren Fehler anerkannt haben, aber sie trotzdem weiterhin für ihre indigenen Gemeinschaften kämpfen werden. "Das Unternehmen Las Bambas hat seinen Fehler, die Straße gebaut zu haben, eingesehen. Sie sagen zu uns, es stimmt, wir haben einen Fehler gemacht, und ja, wir werden dafür bezahlen. Jetzt hat auch der Staat seinen Fehler eingestanden. Ohne Dokumente, ganz ohne technische Bauprüfungen, hat er die Straße zur Nationalstraße erklärt. Also sage ich: Sollen wir die Erpresser gewesen sein? Haben wir etwa zum Vergnügen gekämpft? Ich denke, der Staat hat uns erpresst", urteilt er.


Ein Demonstrant hält ein Plakat mit der Aufschrift 'Fuerabamba gibt nie auf' (auf Spanisch) hoch - Bild: Servindi

Fuerabamba gibt nie auf
Bild: Servindi


"Damit wir, die all das verteidigen, nicht kriminalisiert werden"

Reynaldo Vargas Huilca erwähnt, dass sich auch andere Provinzen dem Gesetzentwurf angeschlossen haben: "Die Provinzen Cotabambas, Grau und Chumbivilcas sind sich einig. Wir haben einen Gesetzesentwurf und einen Antrag auf Amnestie vorgelegt, die der Kongress genehmigen muss. Wir werden nicht aufhören zu kämpfen, bis dieses Gesetz verabschiedet ist, das ist unsere Pflicht", sagt er laut und bestimmt. Es darf nicht vergessen werden, dass viele Gemeinden aus den Provinzen Cotabambas, Grau und Chumbivilas nicht nur Verletzte und Tote zu beklagen haben, weil sie ihr Recht auf Protest ausgeübt haben - also zu Demonstrationen aufgerufen und daran teilgenommen haben - sondern nun auch noch mit Anklagen und Haftbefehlen konfrontiert sind. "Deswegen haben wir einen Gesetzesentwurf vorgelegt, damit wir, die indigenen Gemeinden, nicht mehr von der Justiz verfolgt werden, es keine Haftbefehle mehr gegen uns gibt, nur weil wir unsere Rechte, die Flora und Fauna, das Wasser und die Luft verteidigen. Damit wir, die all das verteidigen, nicht kriminalisiert werden und man uns nicht länger Erpresser nennt."


Anmerkungen:
[1] https://www.npla.de/poonal/den-bergbau-fest-im-blick/
[2] https://amerika21.de/2019/04/224731/uebereinkommen-las-bambas
[3] https://www.npla.de/poonal/die-50-todesopfer-von-praesident-humala/


URL des Artikels:
https://www.npla.de/poonal/gesetzentwurf-gegen-kriminalisierung-von-sozialem-protest/


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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2019

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