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MELDUNG/136: Abzug der letzten US-Atombomben in Büchel - Klage abgewiesen (IALANA)


IALANA
Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen
Für gewaltfreie Friedensgestaltung
Deutsche Sektion der International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms
Presseinformation vom 20. Juli 2011

Presseinformation zum Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zum Abzug der letzten amerikanischen Atombomben aus Büchel


Das Verwaltungsgericht Köln hat gestern [19.07.11] das Urteil im Prozess Dr. Elke Koller gegen Bundesrepublik Deutschland wegen Abzugs der US-Atombomben in Büchel und Beendigung der nuklearen Teilhabe zugestellt. Die Klage wurde abgewiesen.

Die Klägerin wird Berufung einlegen. Die tragenden Erwägungen sind die folgenden:

1. Das Gericht hat eine Überraschungsentscheidung getroffen, mit der das Grundrecht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Artikel 19 Abs. 4 GG) verletzt wurde. Nach der Prozessordnung hatte das Gericht die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. Die Rechtsanwälte hatten um richterliche Hinweise zu den maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen gebeten. Ein solches "Rechtsgespräch" hat nicht stattgefunden. Offenbar war das Urteil schon fertig; das Gericht wollte aber seine Annahmen nicht in der mündlichen Verhandlung zur Diskussion stellen.

2. Der Internationale Gerichtshof hat in seinem Atomwaffengutachten von 1996 Atomwaffen für "generally illegal" gehalten. Für den Fall einer extremen Notwehrsituation konnte er keine Aussage treffen. Das Verwaltungsgericht hält für Deutschland eine solche extreme Notwehrsituation für möglich und zitiert in diesem Zusammenhang das "iranische Atomprogramm": Abgesehen davon, dass bis heute ungesichert ist, ob der Iran an Atomwaffen arbeitet, war gerade die Frage, ob im Falle einer extremen Notwehrsituation der Einsatz von Atombomben zulässig ist - das Gericht geht offenbar davon aus. Aber das waren gerade die Fragen, die zu erörtern gewesen wären.

3. Nach Artikel 25 GG gehören die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zum Bundesrecht. Diese Regeln "erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes", wie es in Artikel 25 heißt. Zu diesen Regeln gehört das humanitäre Kriegsvölkerrecht, das nach Ansicht des IGH Atomwaffen illegal macht. Die Erörterung dieser Frage umgeht das Gericht und reklamiert für dieses Vorgehen die einzige Meinung in der Literatur, die aus Artikel 25 keine individuelle Klagebefugnis ableitet. Gerade für diesen Fall war in der mündlichen Verhandlung aber angeregt worden, das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, um dort klären zu lassen, ob die Atombomben in Büchel und die von ihnen ausgehenden Gefahren insbesondere durch terroristischen Flugzeugabsturz eine Klagebefugnis begründen. Eine solche Vorlage hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.

Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Köln vom 19.07.2011
Klage gegen Atomwaffenlagerung in Büchel abgewiesen
- 26 K 3869/10 -
http://www.vg-koeln.nrw.de/presse/pressemitteilungen/15_110719/index.php


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Quelle:
Presseinformation vom 20. Juli 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2011