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MELDUNG/457: Erster Jahrgang der Weiterbildung "Psychosoziale Prozessbegleitung" zertifiziert (idw)


Hochschule Koblenz - University of Applied Sciences - 06.10.2016

Erster Jahrgang der Weiterbildung "Psychosoziale Prozessbegleitung" zertifiziert


KOBLENZ. Ab 2017 tritt bundesweit ein neues Gesetz zum Opferschutz in Kraft: Opfer schwerer Gewalttaten haben dann in Gerichtsverfahren einen Rechtsanspruch auf Psychosoziale Prozessbegleitung. Dementsprechend steigt der Bedarf an speziell ausgebildetem Fachpersonal. Bislang einzigartig in Rheinland-Pfalz bietet die Hochschule Koblenz in Kooperation mit dem Justizministerium eine berufsbegleitende Weiterbildungsmöglichkeit, die einen besonderen Schwerpunkt auf die Prozessbegleitung von Kindern und Jugendlichen legt. Im ersten Durchgang erreichten nun 11 Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Zertifikat als Psychosoziale Prozessbegleiterinnen und -begleiter.

Gemeinsam mit dem Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften, Prof. Dr. Günter J. Friesenhahn, und dem wissenschaftlichen Leiter der Weiterbildung, Prof. Dr. jur. Winfried Hetger, gratulierten Justizminister Herbert Mertin und Robert Haase, Referatsleiter in der Strafvollzugsabteilung im Ministerium der Justiz, den zehn Absolventinnen und dem einen Absolventen. Hetger zeigte sich hocherfreut über den erfolgreichen Jahrgang: "Die ersten Psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter in Rheinland-Pfalz wurden nun an der Hochschule Koblenz ausgebildet und zertifiziert. Ich beglückwünsche Sie Alle und bewundere Ihren Mut." Als der Bundestag Ende 2015 die Gesetzesnovelle zum Opferschutz erst verabschiedete, sei der neu eingerichtete Lehrgang in Koblenz längst auf Hochtouren gelaufen. Dies betonte auch Mertin, der dem Fachbereich Sozialwissenschaften für die hervorragende Kooperation dankte: "Wir haben diesen Kurs gerne in Zusammenarbeit mit Ihnen auf den Weg gebracht. Schneller als die Polizei erlaubt, Monate vor Inkrafttreten des Rechtsanspruchs, hat nun der erste Jahrgang seinen Abschluss erreicht."

Die frisch zertifizierten Fachkräfte, die mehrheitlich durch die Mitarbeit in Kinder- oder Opferschutzverbänden bereits beruflich mit der Thematik vertraut sind, erwartet eine anspruchsvolle Tätigkeit: Künftig begleiten sie besonders schutzbedürftige Verletzte in Strafverfahren. Ziel ist eine professionelle Betreuung, Informationsvermittlung und Unterstützung von Opfern, um deren individuelle Belastung zu reduzieren und die Aussagetüchtigkeit als Zeugin oder Zeuge im Strafverfahren zu fördern. Die Begleiter sollen verhindern, dass beispielsweise missbrauchte Kinder in einem Prozess retraumatisiert werden. So sind sie auch berechtigt, bei Vernehmungen anwesend zu sein und bei unsensiblen Fragen einzuschreiten. "Oft geht es bei jungen Menschen erst einmal darum, ihnen die Angst vor dem Gerichtsverfahren zu nehmen", erklärt Susanne Ibald, die in der Heimerziehung für Jugendliche tätig ist und zu den ersten erfolgreichen Seminarteilnehmerinnen gehört. Ihre Kurskollegin Anette Fleck ergänzt: "Für Betroffene kann ein Gerichtsverfahren enorm belastend werden. Im Rahmen der Weiterbildung war ich als Beobachterin in verschiedenen Prozessen zugegen und aus dieser Erfahrung heraus muss ich sagen: es ist wirklich gut, dass ab Januar die gesetzliche Grundlage für die professionelle Prozessbegleitung geschaffen wird." Yulia Konstantinova, die schon vor der Fortbildung für ein Frauenschutzhaus gearbeitet hat, stimmt zu: "Ab 2017 habe ich als offiziell beigeordnete Begleiterin das Recht, meinen Klientinnen auch im Gerichtssaal zur Seite zu stehen. Zuvor konnte ich sie zum Beispiel in Prozessen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, nicht unterstützen." Als einziger Mann absolvierte Markus Michael, Mitarbeiter der Kinderschutzdienste Rheinland-Pfalz, die Weiterbildung. Sein Resümee: "Soziale Arbeit ist ja generell eine eher weibliche Domäne. Dabei wird oft übersehen, wie wichtig männliche Ansprechpartner sind, denn es gibt auch Täterinnen und auch Jungen werden Opfer von Missbrauch oder anderen Straftaten. Deshalb würde ich mir wünschen, dass mehr Männer eine Tätigkeit als Psychosoziale Prozessbegleiter für sich in Betracht ziehen."

An der Weiterbildung der Hochschule Koblenz schätzten die Absolvierenden besonders die Vertiefung ihres Wissens in Kriminologie und Psychologie, speziell Psychotraumatologie, aber auch den praxisnahen Bezug durch die Prozessbeobachtung. In zehn mehrtägigen Präsenzmodulen, per E-Learning und mit praktisch orientierten Anteilen bereitet das Ausbildungskonzept auf die komplexen Aufgaben der Psychosozialen Prozessbegleitung vor.

Parallel zur Verleihung der ersten Zertifikate startete nun ein neuer Kurs in die einjährige Fortbildung. Bis zum 14. Oktober 2016 besteht für spontan Interessierte noch die Möglichkeit, sich um einen Platz zu bewerben. Voraussetzung ist, dass in Absprache mit der Seminarleitung eine Ersatzleistung für das erste Modul erbracht wird. Für die Teilnahme zwingend erforderlich ist zudem ein Hochschulabschluss in den Fächern Soziale Arbeit, Sozialpädagogik oder Psychologie. Des Weiteren müssen geeignete Kandidatinnen und Kandidaten über mindestens zwei Jahre Berufserfahrung verfügen und ihre Bewerbung mit beruflichem Lebenslauf und Motivationsschreiben einreichen.

Weitere Informationen sind online verfügbar unter:
www.hs-koblenz.de/psychosoziale-prozessbegleitung

Weitere Informationen unter:
http://www.hs-koblenz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution324

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hochschule Koblenz - University of Applied Sciences,
Dipl.-Ing. (FH) Melanie Dargel-Feils, 06.10.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2016

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