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STRAFRECHT/301: Effektiverer Maßregelvollzug beschlossen (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 27. April 2007

Effektiverer Maßregelvollzug beschlossen


Der Deutsche Bundestag hat heute den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Rechts der strafrechtlichen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt verabschiedet.

"Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt wird künftig noch effektiver ausgestaltet; stärker als bislang wird sie von den tatsächlichen Erfolgsaussichten einer Therapie abhängig sein. Die verbesserte Abstimmung von Strafvollzug, Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung fördert therapeutische Erfolge und trägt damit wesentlich zur Sicherheit der Bevölkerung bei", erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries das heute beschlossene Gesetz.

Straftäterinnen und Straftätern, die wegen einer psychischen Erkrankung, Alkohol- oder Drogensucht schuldunfähig sind, werden nicht bestraft, sondern in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Diese so genannten Maßregeln der Besserung und Sicherung können bei vermindert Schuldfähigen neben der Strafe verhängt werden.

Der heute verabschiedete Gesetzentwurf trägt dem Bedürfnis nach mehr Flexibilität und besseren Therapiemöglichkeiten bei gleichem Sicherheitsniveau Rechnung.

Im Einzelnen sind folgende Änderungen geplant:

Verurteilte dürfen künftig nur dann in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden und dort untergebracht bleiben, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlung auch erfolgreich sein wird; gegenwärtig gilt für die Vollstreckung der Grundsatz "Maßregel vor Strafe", wenn gegen einen Straftäter sowohl eine Freiheitsstrafe als auch eine psychiatrische Maßregel verhängt wurde. In Zukunft kann das Gericht den Vollzug von Strafe und Maßregel besser aufeinander abstimmen;

das Gericht soll nach jeweils fünf Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ein externes Sachverständigengutachten einholen;

der Gesetzentwurf begrenzt die Fälle, in denen bei einer Entscheidung über die Aussetzung einer Maßregel ein Gutachten eingeholt werden muss, auf das unter Sicherheitsgesichtspunkten erforderliche Maß;

der Vollzug der einstweiligen Unterbringung wird parallel zur Untersuchungshaft geregelt. Der Unterbringungsbefehl kann - genau wie der Untersuchungshaftbefehl - ausgesetzt werden, wenn weniger einschneidende Maßnahmen ausreichend sind, um die Bevölkerung zu schützen. Nach sechs Monaten einstweiliger Unterbringung muss das Oberlandesgericht überprüfen, ob die Voraussetzungen der Unterbringung noch vorliegen. Eine Entlassung gefährlicher Straftäter allein wegen der verzögerten Bearbeitung des Verfahrens ist aber - anders als beim Untersuchungshaftbefehl - zum Schutz der Bevölkerung nicht vorgesehen.

Der Deutsche Bundestag hat mit seinem Beschluss einzelne Vorschläge aus dem Gesetzentwurf des Bundesrats zur Reform des Maßregelrechts übernommen. Unter anderem ist ein Problem gelöst worden, das vereinzelt entstehen konnte, wenn der Angeklagte für schuldunfähig befunden und deswegen in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wurde: Legte nur der Angeklagte Revision gegen das ausschließlich auf Unterbringung lautende Urteil ein und hatte damit Erfolg, weil im Revisionsverfahren (doch) seine Schuldfähigkeit festgestellt wurde, entfiel einerseits die Anordnung der Unterbringung. Andererseits führte das strafverfahrensrechtliche Verschlechterungsverbot dazu, dass gegen den Angeklagten auch keine Strafe verhängt werden konnte, seine Tat also sanktionslos blieb. Mit dem heute beschlossenen Gesetz wird in vergleichbaren Fällen künftig eine Bestrafung möglich sein.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 27.04.2007
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2007