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STRAFRECHT/370: Gesetzentwurf für mehr Gerechtigkeit bei Geldstrafen (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 19. März 2009

Bundestag berät abschließend Gesetzentwurf für mehr Gerechtigkeit bei Geldstrafen


Der Deutsche Bundestag berät heute mit dem Ziel der Verabschiedung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anhebung der Höchstgrenze eines Tagessatzes bei Geldstrafen. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries wird das Gericht künftig einen Tagessatz in Höhe von max. 30 000 Euro - statt wie bisher 5000 Euro - verhängen können.

"Mit dem Gesetz stellen wir sicher, dass es auch in Zukunft kein Gerechtigkeitsdefizit im Bereich der Geldstrafen gibt. Nach unserem Tagessatzsystem sollen Täter mit einem hohen Einkommen Geldstrafen genauso schwer treffen wie einen Normalverdiener. Diese sogenannte Belastungsgleichheit ist aber nicht mehr gewährleistet, wenn das tägliche Nettoeinkommen die bislang geltende Obergrenze von 5000 Euro übersteigt. Mit der Anhebung des Höchstsatzes auf 30 000 Euro wird künftig eine Geldstrafe für jedermann wieder gleichermaßen spürbar sein. Auch Spitzenverdiener, die sich wie auch immer strafbar machen - bei der Führung von Unternehmen genauso wie im Straßenverkehr - werden in Zukunft angemessen erfasst. Nach wie vor gilt aber, dass bei besonders schweren Straftaten eine Freiheitsstrafe verhängt werden muss", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Nach dem Tagessatzsystem wird die Zahl der Tagessätze mit der Höhe des einzelnen Tagessatzes multipliziert. Die Anzahl der Tagessätze spiegelt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat wider. Das Gericht kann bei einer Einzeltat maximal 360 und bei mehreren Taten maximal 720 Tagessätze verhängen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes bemisst sich hingegen nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Ein Tagessatz entspricht daher in der Regel dem Nettoeinkommen, das dem Täter durchschnittlich an einem Tag zur Verfügung steht. Die Tagessatzhöhe liegt seit 1975 unverändert bei max. 5000 Euro. Aus der vorgesehenen Versechsfachung der Tagessatzobergrenze ergibt sich, dass als höchste mögliche Geldstrafe zukünftig ein Betrag von 10,8 Millionen Euro bei einer Einzeltat und 21,6 Millionen Euro bei mehreren Taten verhängt werden kann; die bisherigen Höchstgrenzen liegen bei 1,8 bzw. 3,6 Millionen Euro.

Beispiele:

Ein Spitzenmanager, der über ein Jahresnettoeinkommen von 6 Millionen Euro verfügt, hat Steuern in größerem Umfang hinterzogen. Der aufgrund des täglichen Nettoeinkommens des Täters zu bestimmende Tagessatz würde nach der Neuregelung auf 16.667 Euro (6 Millionen Euro / 360 Tage) festzusetzen sein. Hält das Gericht aufgrund der Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls eine Geldstrafe von 300 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen, müsste der Täter insgesamt eine Geldstrafe von 5 Millionen Euro zahlen.

Hinterzieht derselbe Täter bei gleichbleibendem Jahreseinkommen in zwei aufeinander folgenden Jahren jeweils Steuern in größerem Umfang und legt das Gericht aufgrund der beiden rechtlich selbständigen Taten ("Tatmehrheit") die Gesamtgeldstrafe auf 450 Tagessätze fest, hätte er nach der Neuregelung insgesamt eine Geldstrafe von 7,5 Millionen Euro zu zahlen.

Nach der bisherigen Regelung wäre es in beiden Fällen lediglich möglich gewesen, den Tagessatz auf die Höchstgrenze von 5.000 Euro festzusetzen, so dass die Geldstrafe im ersten Fall 1,5 Millionen Euro und damit weniger als drei Monatseinkommen des Täters betragen hätte. Im zweiten Fall ("Tatmehrheit") wäre er zur Zahlung von 2,25 Millionen Euro verurteilt worden - weniger als fünf seiner Monatseinkommen.

Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts hat sich die Zahl der Personen, deren Einkommen deutlich über der geltenden Tagessatzhöchstgrenze von 5.000 Euro liegt, mehr als verachtfacht. So hatten 1974 lediglich 88 Steuerpflichtige Gesamtbruttoeinkünfte von 10 Millionen DM oder mehr, während der in etwa vergleichbare Eurobetrag von 5 Millionen Euro, der einem Tagesbruttoeinkommen von fast 14.000 Euro entspricht, im Jahr 2003 bereits von 719 Steuerpflichtigen erreicht oder überschritten wurde.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 19.03.2009
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Dr. Henning Plöger, Dr. Isabel Jahn,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2009