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STRAFRECHT/476: Pflichtverteidigung nur auf Antrag ist ein rechtsstaatlicher Rückschritt (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 19. September 2019

Pflichtverteidigung nur auf Antrag ist ein rechtsstaatlicher Rückschritt

Statement von Rechtsanwalt Stefan Conen, Mitglied des Ausschusses Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV)


Die notwendige Verteidigung wird aufgrund einer EU-Richtlinie reformiert. Am Freitag, 20. September 2019, steht der Gesetzentwurf auf der Tagesordnung im Bundesrat.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) sieht den Gesetzentwurf zur notwendigen Verteidigung aus einem anderen Grund als der Deutsche Richterbund (DRB) kritisch. Die geplanten Änderungen sind ein rechtsstaatlicher Rückschritt. Jeder Beschuldigte hat das Recht auf einen Verteidiger. Dass dieser ihm dem Entwurf nach schon in der ersten polizeilichen Vernehmung zur Seite gestellt werden soll, ist grundsätzlich zu begrüßen. Einen sogenannte Verteidiger der ersten Stunde soll der Beschuldigte nach dem Entwurf allerdings explizit beantragen müssen (Opt-in). Er wird also nicht automatisch zur Verfügung gestellt. Das ist höchst problematisch: Pflichtverteidigung ist nach geltendem Recht unabhängig vom Wunsch des Beschuldigten wie auch von seinem Einkommen. Dieser Automatismus schützt Beschuldigte vor unzulässigem Druck der Ermittler, auf eine Verteidigung zu verzichten. Dieser Schutz würde verloren gehen.

Der DRB kritisiert den Entwurf ebenfalls. Nach seiner Meinung seien "Ermittlungsverfahren von Staatsanwaltschaften und Polizei schwerer zu führen". Warum die Beiziehung eines Pflichtverteidigers das Ermittlungsverfahren erschweren soll, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Die Anwaltschaft und in Ermittlungsverfahren die Strafverteidigung garantiert das rechtsstaatliche Verfahren. Das wird offenbar verkannt.

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Quelle:
Statement vom 19. September 2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2019

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