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ZIVILRECHT/333: Insolvenzrechtstag - Keine Gläubiger bevorzugen (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 6. März 2008
5. Deutscher Insolvenzrechtstag in Berlin

Deutscher Anwaltverein wendet sich gegen Bevorzugung von bestimmten Gläubigern

Piepenburg: Fehlende Insolvenzfähigkeit verleitet zu Leichtsinn


Berlin (DAV). Anlässlich des 5. Deutschen Insolvenzrechtstages hat sich die Arbeitsgemeinschaft für Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) dagegen gewandt, dass die Insolvenzfähigkeit von Finanzprodukten, von Rechtsträgern und Rechten weiter eingeschränkt wird oder eingeschränkt bleibt. Wie die aktuelle Diskussion um Finanzprodukte zeigt, hat die vor einigen Jahren diskutierte Herausnahme von "modernen Finanzprodukten" aus dem Zugriff von Insolvenzverwaltern offensichtlich den Druck für Bankmanager genommen, Risiken mit der nötigen Sorgfalt zu bewerten. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwalt Horst Piepenburg sieht eine grundsätzliche Gefahr: "Nimmt man den Druck der Insolvenzfähigkeit, verführt dies zu Leichtsinn."

In diesem Zusammenhang kritisierten die Insolvenzrechtler des DAV, dass mit einer Änderung der Insolvenzordnung Lizenzrechte für Pharmaunternehmen aus dem Zugriff von Insolvenzverwaltern herausgelöst wurden. Dies wird die Machtstellung großer Unternehmen gegenüber kleinen innovativen mittelständischen Unternehmen stärken und damit gleichzeitig die Kreditfähigkeit der mittelständischen Unternehmen schwächen.

Als skandalös bezeichnen die Insolvenzrechtler die in Paragraph 28 e, Abs. 1 SGB IV hineingeschmuggelte Bevorzugung von Sozialversicherungsbeiträgen. Entgegen dem eindeutigen Votum der Vertreter aller Parteien im Deutschen Bundestag am 13. Dezember 2006 wurde im November 2007 in einem Artikelgesetz eine eklatante Bevorzugung der Sozialversicherungsträger geregelt. Versteckt waren diese Regelungen im Verfahrensrecht der Sozialversicherung, um solche Regelungen anzupassen an Erfordernisse der betrieblichen Praxis im Unternehmen und bei den Trägern. Damit hat sich die Regierung über den eindeutigen Willen des Parlamentes hinweggesetzt. Der DAV hat angekündigt, gemeinsam mit den übrigen Insolvenzverbänden darauf zu dringen, dass das Vorrecht der Sozialversicherungsträger wieder beseitigt wird. In Paragraph 28 e, Abs. 1 SGB IV ist nunmehr seit dem 01. Januar 2008 geregelt:

Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrages gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht.

Damit können sich die Sozialversicherungsträger zu Lasten aller anderen Gläubiger vorrangig bedienen. Dies widerspricht dem Grundprinzip der Gleichbehandlung aller Gläubiger.

Die Arbeitsgemeinschaft für Insolvenzrecht und Sanierung im DAV begrüßt den Vorstoß der Bundesgesundheitsministerin, Sozialversicherungsträger einer Insolvenzantragspflicht zu unterwerfen. Nur so wird echter Wettbewerb entstehen und ein Druck auf deckungsgerechte Kalkulation bei den Krankenkassen gelegt.


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Quelle:
Pressemitteilung Inso Nr. 01/08 vom 6. März 2008
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
Tel. 030/72 61 52-1 29, Fax 030/72 61 52-1 93
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2008