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ZIVILRECHT/355: Piercing-Studio muß ausführlich aufklären (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 22. Juli 2008

Ressort: Medizinrecht/Urteile/Gesundheit

Piercing-Studio muss ausführlich aufklären


Koblenz/Berlin (DAV) Ein Piercer muss seine Kunden vor dem Eingriff ausführlich über die Risiken des Piercings aufklären. Sonst ist die schriftlich erteilte Einwilligung des Kunden unwirksam, und der Piercer haftet für etwaige Folgeschäden. Über dieses Urteil des Landgerichts Koblenz vom 24. Januar 2006 (AZ: 10 O 176/04) berichtet die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Eine Frau wollte ein Brustwarzen-Piercing vornehmen lassen. Nach dem Gespräch mit dem Betreiber eines Piercing-Studios entschied sich die Frau für ein Piercing noch am selben Tag. Dafür musste sie eine Einverständniserklärung unterschreiben, die auch darauf hinwies, dass ein Piercing unter Umständen zu gesundheitlichen Schäden führen könne. Außerdem enthielt das Formular den Satz: "Zur Dienstleistung des Studios gehören eine umfassende Aufklärung über etwaige Gefahren und Risiken ..." Diese ausführliche Information fand jedoch nicht statt. Etwa acht Wochen nach dem Eingriff entwickelten sich an der gepiercten Brust zwei Abszesse, die sich trotz ärztlicher Behandlung zu einer massiven Brustentzündung ausweiteten. Mehrere stationäre Aufenthalte und operative Eingriffe wurden notwendig. Die Frau, die lange Zeit unter starken Schmerzen zu leiden hatte, verklagte den Studiobetreiber auf Schmerzensgeld.

Das Gericht verurteilte den Mann zu einer Zahlung von 10.000 Euro Schmerzensgeld und der Rückerstattung der Kosten für das Piercing. Der Studiobetreiber habe die Kundin nicht umfassend informiert. Allein der Hinweis auf mögliche gesundheitliche Schäden reiche nicht aus. Zwar könne man hier nicht dieselben Maßstäbe anlegen wie an die Aufklärungspflicht eines Arztes. Aber auch ein Piercing-Studio müsse über die bekannten gesundheitlichen Risiken eines Piercings, wie zum Beispiel Infektionen, umfassend informieren. Ohne eine ordnungsgemäße Aufklärung sei auch die unterschriebene Einverständniserklärung unwirksam.

Bei gesundheitlichen Schäden, die durch einen medizinischen oder kosmetischen Eingriff verursacht wurden, empfiehlt es sich, die Unterstützung eines Anwalts zu suchen. Weitere Informationen findet man im Internet unter www.arge-medizinrecht.de.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 1/08 vom 22. Juli 2008
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
Tel.: 0 30/72 61 52-1 29, E-mail: walentowski@anwaltverein.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2008