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DILJA/173: Haager Kriegstribunal - Das Dilemma Carla del Pontes (SB)


Carla del Ponte, ehemalige Chefanklägerin des Den Haager Kriegstribunals, befindet sich in einem Dilemma

Wollte oder durfte sie gegen kosovo-albanische Statthalter des "unabhängigen" NATO-Protektorats Kosovo nicht ermitteln?


Carla del Ponte, ehemalige Chefanklägerin des von den Vereinten Nationen eingerichteten und von den USA finanzierten Tribunals über Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) in Den Haag und derzeitige Botschafterin der Schweiz in Argentinien, hat mit der Veröffentlichung ihres auf italienisch verfaßten Buches "La caccia. Io e i criminali di guerr", zu deutsch: "Die Jagd - Ich und die Kriegsverbrecher", zumindest in Serbien für helle Empörung gesorgt. In diesem im April im italienischen Feltrinelli-Verlag veröffentlichten Band, in dem sie über ihre Arbeit als Chefermittlerin des Jugoslawien-Tribunals aus ihrer Sicht berichtet, brachte sie bislang von der westlichen Medienwelt vollkommen ignorierte Verbrechen an die Öffentlichkeit, die in der serbischen Provinz Kosovo im Sommer 1999, also kurz nach Beendigung des völkerrechtswidrigen Bombenkrieges der NATO gegen die damalige Bundesrepublik Jugoslawien, begangen worden sein sollen. Demnach habe die kosovo-albanische Befreiungsarmee (UCK) 300 junge Männer, Serben und Roma, aus dem Kosovo entführt und nach Albanien in die Ortschaft Burrell verschleppt. Dort seien sie in einem außerhalb gelegenen Haus ermordet und buchstäblich ausgeweidet worden; ihre Organe sollen in westeuropäische Staaten verkauft worden sein.

Scott Taylor, ehemaliger Soldat und jetziger Herausgeber und Chefredakteur der kanadischen Militärzeitschrift "Esprit de Corps", bereiste als Kriegsberichterstatter zahlreiche Konfliktregionen der Welt. Anfang April kehrte er von einer Visite der kurz zuvor von den führenden westlichen Staaten völkerrechtswidrig zu einem unabhängigen Staat erklärten serbischen Provinz Kosovo zurück mit der beunruhigenden Nachricht, daß ein Aufstand der serbischen Bevölkerung im Norden des Kosovo provoziert werden solle, um einen Vorwand für ihre militärische Niederschlagung durch KFOR-Soldaten zu schaffen. Taylor schilderte nach seiner Reise, daß es im Kosovo von NATO-Soldaten und westlichen Zivilbeamten nur so wimmele und von einer "Unabhängigkeit" des neuen Staates ganz gewiß nicht die Rede sein könne. Er erwähnte auch, daß die Spitzen aller kosovo-albanischen Parteien mit ehemaligen UCK-Kommandeuren besetzt seien.

Der kanadische Militärexperte erklärte in einem am 5. April 2008 in der jungen Welt veröffentlichten Interview, befragt nach der in del Pontes Buch erwähnten Ermordung und Ausschlachtung 300 junger Serben und Roma im Jahre 1999, daß es darüber schon damals Gerüchte gegeben habe, daß sie jedoch als serbische Propaganda abgetan worden seien. Dabei habe es für die Verbrechen, die so abscheulich klangen, daß kaum jemand sie für wahr halten wollte, damals mehr Beweise gegeben als für die Massaker, die von serbischer Seite angeblich in Racak verübt worden sein sollen und die del Pontes Amtsvorgängerin, Louis Arbour, unter anderem zum Anlaß nahm, um gegen den damaligen Präsidenten Jugoslawiens, Slobodan Milosevic, Anklage zu erheben.

Carla del Ponte wiederum will, ihren in ihrem Buch gemachten Angaben zufolge, im Jahre 2001 Informationen erhalten haben, denen sie mit ihrem Team auch nachgegangen sei. Das Haus nahe Burrells habe man im Jahre 2003 ausfindig machen können, dort seien Blutspuren und diverse medizinische Gerätschaften sichergestellt worden. Zu weiteren Ermittlungen oder gar einer Anklageerhebung durch das Den Haager Tribunal führten diese Hinweise jedoch nicht, was deren Chefermittlerin in ihrem Buch folgendermaßen begründete: "Wir beschlossen, daß die Beweise nicht ausreichen. Ohne Leichname oder andere belastbare Hinweise, die zu Verdächtigen hätten führen können, gab es für die Anklage keine Möglichkeit zu weiteren Untersuchungen."

Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Erklärung del Pontes eine Schutzbehauptung der heutigen Schweizer Botschafterin in Argentinien darstellt oder nicht, zumal ohnehin anzunehmen ist, daß die Juristin nicht in vollem Umfang eigenverantwortlich, sondern als Anklägerin eines UN-Sondertribunals weisungsgebunden gehandelt hat. del Ponte selbst erklärte unlängst gegenüber der italienischen Tageszeitung "La Stampa", daß die Verfolgung von Kriegsverbrechen in der modernen Welt eine politische Angelegenheit sei, weshalb es "kein Zufall" sei, daß ihr Buch erst nach der Proklamation der Unabhängigkeit des Kosovo veröffentlicht wurde. In Serbien wurde unterdessen, wie der für die Verfolgung von Kriegsverbrechen zuständige Staatsanwalt Wladimir Vukcevic erklärte, eine offizielle Untersuchung eingeleitet. Schwere Vorwürfe gegen Carla del Ponte, die die wütenden Proteste in Serbien durch ihre Buchveröffentlichung selbst ausgelöst hatte, werden von einer serbischen Vermißtenorganisation erhoben, die die Schweizer Juristin während ihrer Tätigkeit als oberste Anklägerin in Den Haag mit Hinweisen auf diese Verbrechen konfrontiert hatte.

Simo Spasic, ihr Sprecher, erklärte, daß er del Ponte und ihr Team im Jahre 2001 mehrfach getroffen und ihnen Beweise für die Verschleppung und Ermordung der vermißten Serben und Roma vorgelegt habe. Drei Jahre später, so Spasic, sei ihm vom Büro del Pontes lapidar mitgeteilt worden, daß alle vermißten Personen tot seien. Spasic, Vorsitzender der Belgrader "Vereinigung der Familien entführter und ermordeter Zivilisten, Soldaten und Polizisten in Kosovo und Metohien", kündigte im April an, Carla del Ponte wegen der Untätigkeit des Tribunals im Namen der Angehörigen vor dem zuständigen Belgrader, aber auch weiteren Gerichten verklagen zu wollen. In einem in der jungen Welt am 11. April 2008 veröffentlichten Interview begründete er die gegen die Schweizer Juristin erhobenen Vorwürfe folgendermaßen:

Wir werfen ihr vor, von diesen Verbrechen gewußt, sie aber jahrelang verschwiegen zu haben. Warum spricht sie über den Handel mit den Organen entführter Serben erst, nachdem sie das Tribunal verlassen hat? Warum wurden die Verbrecher nicht zur Rechenschaft gezogen? Statt dessen wurden sie von der EU damit belohnt, daß sie einen weiteren albanischen Staat geschaffen haben. Man muß doch fragen, ob Frau del Ponte so leichtfertig über diese Verbrechen hinweggegangen wäre, wenn die Täter Serben gewesen wären.

Tatsächlich scheint Carla del Ponte jedoch nicht die einzige zu sein, der die Verhinderung der Aufklärung dieser Verbrechen vorzuwerfen ist. Es wäre sogar denkbar, daß sie 2001 durchaus gewillt gewesen sein könnte, gegen die kosovo-albanische UCK wegen dieser Verbrechen zu ermitteln - und sei es, um den von Milosevic und anderen immer wieder vorgebrachten Vorwurf, das Den Haager Tribunal sei einzig und allein geschaffen worden, um den NATO-Krieg gegen Jugoslawien durch eine nachträgliche Aburteilung von serbischer bzw. jugoslawischer Seite begangener Kriegsverbrechen zu rechtfertigen, abzuschwächen. Das am 24. März 2001 in Berlin gegründete "Internationale Komitee für die Verteidigung von Slobodan Milosevic" beispielsweise hatte in einem im Februar 2002 an die Staats- und Regierungschefs aller UN-Staaten verfaßten Schreiben die gegen die NATO erhobenen Vorwürfe folgendermaßen auf den Punkt gebracht:

Die NATO warf 25000 Tonnen an Bomben und Raketen ab, darunter über 50000 Geschosse, die etwa 20 Tonnen abgereichertes Uran enthielten, und 152 Behälter mit über 35000 Streubomben, und tötete dadurch Tausende von Zivilpersonen, zerstörte systematisch die Wirtschaft und Infrastruktur des Landes, einschließlich Raffinerien und Chemieanlagen, verursachte Kriegsschäden in Höhe von über 100 Milliarden US-Dollar. Das war Terrorismus aus der Luft. Gleichzeitig ermordeten die Terroristen während der Aggression Tausende von Zivilisten und fuhren damit fort, nachdem die NATO das Kosovo übernommen hatte. Sie zerstörten ferner über 100 christliche Kirchen, darunter einige mittelalterliche Kulturdenkmäler, künstlerische Schöpfungen, die der ganzen Menschheit zur Freude gereichten.

Milosevics vor dem Den Haager Tribunal vorgebrachte Frage, warum ein solches, angeblich mit der Aufklärung der in Jugoslawien verübten Kriegsverbrechen befaßtes Gericht sich ausschließlich mit den angeblich von serbisch/jugoslawischer Seite begangenen Verbrechen, nicht jedoch mit denen der NATO-Staaten sowie der kosovo-albanischen UCK befasse, konnte Carla del Ponte nicht schlüssig beantworten. Bei der dritten Anhörung Milosevics, der sich in Den Haag selbst verteidigte, wurde ihm am 29. und 30. Oktober 2001 auf Geheiß von Richter May das Mikrophon abgestellt, damit die Öffentlichkeit nicht hören könne, was der gestürzte Präsident Jugoslawiens zu seiner Verteidigung und zur Anklage gegen die NATO-Staaten zu sagen hatte.

In dieser nicht gehaltenen und in der jungen Welt am 12. Dezember 2001 gleichwohl veröffentlichten Rede hatte Milosevic begründet, warum er den Ausschluß Carla del Pontes aus dem Verfahren verlangte. Milosevic warf ihr eine "als total zu bezeichnende Parteilichkeit" vor und begründete dies damit, daß der zwischen vom 24. März bis Anfang Juni 1999 erfolgte Bombenkrieg der NATO gegen sein Land in der von ihr zu verantwortenden Anklage nicht als Aggression bewertet wurde. Der im März 2006 in seiner Den Haager Zelle verstorbene ehemalige Präsident Jugoslawiens erklärte del Ponte für befangen und erklärte, das Tribunal sei "nur Teil der Maschinerie zur Ausführung von Verbrechen gegen mein Land und mein Volk".

Einige Jahre später begann der Stern Carla del Pontes zu sinken, obwohl sie sich alle nur erdenkliche Mühe gegeben hatte, als Erfüllungsgehilfin dieses bis dahin einmaligen Justizgebildes von Gnaden Washingtons die an sie und das Tribunal gerichteten Anforderungen zu erfüllen. Im wesentlichen lag es an der souveränen und absolut kompromißlosen und unbeugsamen Haltung des früheren Präsidenten Jugoslawiens und versierten Juristen Milosevic, daß die in Den Haag eigentlich beabsichtigte Justizposse zu einem Boomerang für seine Initiatoren zu werden drohte. Spätestens im Jahre 2004 erfolgte ein deutlicher Meinungsumschwung in Washington, wo das Tribunal und mit ihm del Ponte inzwischen als lästig eingeschätzt wurden. So kolportierte die Washington Times im Oktober 2004 die Meldung, John Bolton, Unterstaatssekretär im US-Außenministerium, habe erklärt, daß Präsident Bush von Carla del Ponte "die Nase voll" habe und daß das Tribunal die Probleme auf dem Balkan nicht löse, sondern "neue Feindseligkeiten" heraufbeschwöre, weshalb es besser sei, das Tribunal aufzulösen.

Deutliche Worte, doch was war geschehen? Im März 2004 erschütterten Unruhen den Kosovo, die sich alsbald als systematischer und gewaltsamer Vertreibungsversuch ehemaliger UCK-Verbände gegen serbische und andere nicht albanische Bewohner der Provinz Serbiens herausstellen sollten. Sie wurden mit stiller bis offener Duldung der NATO-geführten Kosovo-Truppe (KFOR) sowie der unter dem Dach der Vereinten Nationen laufenden zivilen Verwaltung der Provinz (UNMIK) verübt und ließen erkennen, daß der Dämon, den sich die NATO-Staaten mit ihrem Vasallen UCK zur Vereinnahmung und Kontrolle des Kosovo geschaffen hatten, sich nicht länger hinhalten lassen wollte und zu drohen begann, die vollständige Abspaltung von Serbien notfalls im Alleingang durchzusetzen. Die inzwischen, im Februar 2008, tatsächlich vollzogene "Unabhängigkeitserklärung" des Kosovo dürfte das Ergebnis der seit 2004 intensivierten Bemühungen der westlichen Frontstaaten sein, den für die Kontrolle des Kosovo unverzichtbaren kosovo-albanischen Führern soweit entgegenzukommen, wie es nicht zuletzt der höhere Zweck der Kosovo-Okkupation, nämlich die Absicherung des strategisch bedeutsamen, größten US-amerikanischen Militärstützpunktes in ganz Südost- und Osteuropa, Bondsteel, erforderlich macht.

Daß an den Händen dieser ehemaligen UCK-Kommandeure Blut klebte, störte deren westliche Unterstützer und Nutznießer keineswegs. Die UN-Verwaltungsbehörden im Kosovo, UNMIK, bedienten sich 2004 eines starken kosovo-albanischen Führers, um die Lage in ihrem Sinne zu beruhigen. Dieser Führer war kein anderer als Ramush Haradinaj, der durch die Unterstützung Sören Jessen-Petersens, des damaligen Chefs der UNMIK, im Dezember 2004 sogar zum "Premierminister" des Kosovo gewählt wurde. In dieser Phase agierte die Den Haager Chefanklägerin Carla del Ponte aus Sicht Washingtons und Brüssels absolut kontraproduktiv. Ihre Ermittlungen gegen Haradinaj führten im März 2005 dazu, daß er vor dem Haager Tribunal angeklagt wurde, woraufhin er sich zum Rücktritt von seinem Amt als "Premierminister" gezwungen sah. Damit verlor die UNMIK, zumindest vorübergehend, ihre wichtigste Stütze im Kosovo, was Jessen-Petersen offen bedauerte zu einem Zeitpunkt, an dem der ehemalige UCK-Kommandeur Haradinaj bereits wegen an Serben, Roma und anderen Nichtalbanern verübten schweren Kriegsverbrechen von del Ponte angeklagt worden war.

Kurz vor seiner Abreise nach Den Haag, wo ihm ab März 2007 der Prozeß gemacht wurde, verabschiedete ihn sein Amtsnachfolger und Vertrauter, der ehemalige UCK-Generalstabschef Agim Ceku, in aller Freundlichkeit, aber auch der deutsche Diplomat Joachim Rücker, als Chef der UNMIK mächtigster Mann im Kosovo, erwies Haradinaj demonstrativ die Ehre. Carla del Ponte kritisierte dies in aller Schärfe, sah sie doch die "Unparteilichkeit" der UNMIK durch eine solche Geste gefährdet. Der Prozeßverlauf gegen Haradinaj, der am 3. April dieses Jahres, wenige Monate nach del Pontes Ablösung als Chefanklägerin in Den Haag, freigesprochen wurde, scheint ohnehin einem schlechten Mafia-Thriller entnommen zu sein. Mindestens neun Menschen, die als Zeugen gegen Haradinaj hätten aussagen wollen und sollen, wurden ermordet. Fünf von ihnen starben zwischen 2001 und 2002, als ein UN-Gericht im Kosovo gegen Haradinajs Bruder Daut wegen mehrfachen Mordes verhandelte. Etliche Zeugen verweigerten in diesem Verfahren aus Angst die Aussage, weshalb die Richter in der Urteilsbegründung festhielten, daß die Einschüchterung von Zeugen das Verfahren maßgeblich beeinflußt habe.

Zu einem politischen Skandal kam es im Herbst vergangenen Jahres, als bekannt wurde, daß der Vize-Chef der UN-Mission im Kosovo, der US-amerikanische General Steven Schook, den Namen eines geschützten Zeugen an einen Haradinaj-Vertrauten, den Jugend- und Kulturminister der Kosovo-Regierung, Astrit Haraqia, weitergegeben und der im Exil in Oslo lebende Zeuge daraufhin prompt "Besuch" bekommen hatte. Schook mußte im Dezember 2007 zurücktreten, zumal eine interne Untersuchung der Vereinten Nationen zu dem Ergebnis gekommen war, er unterhielte eine "enge" Verbindung zu Haradinaj. Am 16. Februar 2007 war ein weiterer potentieller Hauptzeuge gegen Haradinaj, Kujtim Berisha, in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica unter ungeklärten Umständen auf offener Straße überfahren worden, woraufhin zwei weitere Zeugen ihre Aussagen zurückzogen.

Hierzu sei erwähnt, daß Haradinaj und die von ihm mitbegründete Partei Zukunftsallianz Kosovas (AAK) als ein wichtiges Instrument der Einflußnahme Washingtons gelten. John Crossland, früherer Militärattaché Britanniens in Belgrad, hatte 2007 in einer Zeugenaussage erklärt, der frühere US-Präsident Bill Clinton habe 1998 den Entschluß gefaßt, die UCK als Mittel zum Sturz Milosevics zu unterstützen und zu benutzen. Dabei seien, so Crossland, Ramush und Daut Haradinaj die "hauptsächlichen und wichtigsten Spieler" im Kosovo gewesen. del Pontes Anklageschrift gegen Ramush Haradinaj bezieht sich auf diese frühe Phase. Sie legte dem zwischenzeitlichen Kosovo-Premier zahlreiche zwischen März und September 1998 begangene Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last.

Laut Anklageschrift habe Haradinaj nicht nur die serbische Polizei angegriffen, sondern einen gezielten Krieg gegen die nicht-albanische Zivilbevölkerung geführt, wobei es zu Morden, Folter, Entführungen und gewalttätigen Vertreibungen gekommen sei mit dem Ergebnis einer "ethnischen Säuberung" des Dukagjin-Gebietes von Serben und Roma. Bei den Wahlen von 2001 erreichten Haradinaj und seine AAK zwar nur acht Sitze im neuen Kosovo-Parlament, doch das focht seine westlichen Freunde nicht an. Die "Zukunftsallianz" Haradinajs, der nach seinem Freispruch in Den Haag eine triumphale Rückkehr feierte, konnte, obwohl sie nur 11 der insgesamt 120 Abgeordneten stellt, zwei Vasallen Haradinajs ins Amt des Regierungschefs bringen.

Die heutigen Ankläger am Den Haager Tribunal fordern allerdings, das Verfahren gegen den freigeprochenen Expremier des Kosovo, Ramush Haradinaj, wieder aufzurollen, da Augenzeugen eingeschüchtert worden seien und die Richter des Tribunals den Anklägern nicht genug Zeit eingeräumt hätten, neue Zeugen zur Aussage zu bewegen. Da das Jugoslawien-Tribunal als ein Instrument politischer Machtausübung ins Leben gerufen wurde und die maßgeblichen Freunde Haradinajs offensichtlich einflußreicher sind als die ehemalige Chefermittlerin des UN-Tribunals, del Ponte, steht nicht zu erwarten, daß hier zu Lasten der ehemaligen UCK-Kommandeure eine kosmetische Korrektur des Ansehens des Den Haager Tribunals vorgenommen werden könne. Und so wird auch die Ermordung und Ausschlachtung der 300 jungen Serben und Roma aller Voraussicht nach unaufgeklärt bleiben, denn auch in dem Fall dieser schweren Verbrechen führt die Verdachtsspur in die Hauptstadt des nun von dem ehemaligen UCK-Kommandeur Hashim Thaci regierten "unabhängigen" Kosovo, Pristina.

Thaci ist ein enger Vertrauter Haradinajs und Mitbegründer der AAK; die russische Prawda behauptet von ihm, er habe "Millionen von Dollar durch Organhandel" verdient. Die westlichen Staaten, die ein so starkes Interesse an einem "unabhängigen", das heißt vollkommen von ihnen abhängigen Kosovo haben, daß dessen Abtrennung in einem völkerrechtlich bislang beispiellosen Akt durchgesetzt wurde, werden an der Aufklärung dieser Vorwürfe so wenig interessiert sein, wie die ehemalige Anklägerin del Ponte tatsächlich in der Lage war, durch Ermittlungen in Richtung ehemaliger UCK-Kommandeure ihren schlechten Ruf als "Serbenhasserin" oder die Glaubwürdigkeit des zu Recht als einseitiges juristisches Organ der NATO-Staaten gescholtenen Den Haager Tribunals zu verbessern.

6. Mai 2008



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