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EDITORIAL/136: Rauschen (SB)



Wochendruckausgabe 136 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 08.06.2019


Aufgeschlagene Schattenblick-Zeitung in den Händen eines Lesers - Foto: © 2013 by Schattenblick

Foto: © 2013 by Schattenblick

Rauschen

Es flüstert der Wind in den Bäumen, es raschelt und rauscht, wenn die Blätter und Zweige bei seiner Durchfahrt aufeinander schlagen oder sich aneinander reiben.

Jenes stete Rauschen wird es sein, das in seiner Deutlichkeit und Indifferenz zugleich Pate stand bei der Bestimmung jedweder Lärm- oder Lautkulisse, bei der eine sprach- oder verständigungsgestützte Absicht auszuschließen war.

Bis auf den Begriff des Rausches, der dem Verhalten unter dem gleichzeitigen Einfluß unterschiedlichster Ursachen sein zufälliges und spontanes Muster verleiht, ist dem Rausch dieselbe Quelle zuzusprechen, wie sie dem Rauschen abgewonnen wird. Die spinnennetzartige Entuferung eines Musters, wie sie dem Rauschen gerne unterstellt oder dem Geräusch als Ursache oft zugesprochen wird, erweist sich bei näherem Hinsehen einfach nur als Interpretationshilfe.

Bleibt im Kern doch nur das Geräusch, welches sich im Schrecken unserer ersten Aufmerksamkeit findet und sich beim Lauschen dann an jene Reflexion bindet, die im Spektrum der Erinnerung und Erfahrung eine Lösung und längst Vertrautes dafür sucht, um im archaischen Sinne die notwendige Entwarnung geben zu können, sich fortgesetzter Aufmerksamkeit und Anspannung zu entledigen.

Das Geräusch kann jedoch auch zur sprachzugangsfreien Mutmaßlichkeit beitragen, alle damit zu verknüpfenden Eventualitäten begreifen zu wollen und unter Kontrolle zu bekommen. Doch bleibt am Ende das Geräusch, um im Verhältnis zu einem solchen Erklärungsspektrum mehr als die Dauer seiner akustischen Präsenz nachzuvollziehen.

Ihre Schattenblick-Redaktion


7. Juni 2019


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