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PRESSE/1000: Gunnar Gantzhorn "Wir brauchen Klarheit und Toleranz" (Buddhismus aktuell)


Buddhismus aktuell, Ausgabe 4/2015
Zeitschrift der Deutschen Buddhistischen Union

Wir brauchen Klarheit und Toleranz

Ein Gespräch von Ursula Richard mit Gunnar Gantzhorn, dem Vorsitzenden und Ratssprecher der Deutschen Buddhistischen Union


Buddhismus aktuell: Du bist seit 2011 im Rat und seit 2012 im Vorstand und erster Vorsitzender der Deutschen Buddhistischen Union. Hierzulande gibt es eine große Bandbreite an buddhistischen Schulen - wie gelingt dir da die Zusammenarbeit?

Gunnar Gantzhorn: Da, wo Kontakte zu Mitgliedsgemeinschaften bestehen, gelingt das ganz gut. Insgesamt gibt es aus meiner Sicht jedoch noch viel zu wenig Zusammenarbeit. Ich kann daher nur sagen, aus welchem Verständnis heraus ich diese Zusammenarbeit entwickeln möchte. Die DBU ist in erster Linie eine Institution für Buddhistinnen und Buddhisten. Deshalb versuche ich, die Vielfalt des Buddhismus auch abzubilden, zu würdigen, wertzuschätzen und gemeinsam zu entwickeln. Für mich ist es ein ganz wichtiger Antrieb meines Engagements, dass es verschiedene Schulen gibt. Einige können sich recht erfolgreich etablieren und voranbringen. Es gibt aber auch andere, ganz zarte Pflänzchen. Mein Anliegen ist, dieses ganze buddhistische Erbe zu erhalten und zu kultivieren. Schließlich wissen wir nicht, was in dreißig oder mehr Jahren sein wird, und wir erkennen vielleicht auch noch nicht, was mit einem bestimmten Ritual auf einer tieferen Ebene verbunden ist. Es ist auch nicht notwendigerweise so, dass die Medizin, die mir am besten schmeckt, auch die heilsamste für mich ist. Bis wir alles das ganz begreifen, wird es noch dauern; darum sollten wir nicht vorschnell sagen: "Das ist nichts für uns im Westen, das lassen wir mal." Gerade in dem, was uns kulturell fremd ist, liegen große Chancen für Entwicklung.

BA: Das Motto der DBU ist "Einheit in der Vielfalt" - können oder sollten die Buddhistinnen und Buddhisten in ihrer Vielfalt zu einer Einstimmigkeit kommen, was das Denken beispielsweise über gesellschaftliche Belange angeht?

GG: Das halte ich für sehr notwendig und würde das sogar etwas weiter fassen wollen. Die Frage ist: Auf welche Weise setzen wir uns mit diesem Kosmos in Beziehung, und wie unterstützt uns unsere Weltanschauung oder unser Glaube dabei, dass dies wirklich zum Wohl aller Wesen geschieht? Ich glaube, dass wir uns im konkreten Handeln sehr ähnlich sein werden. Darum ist mir die gemeinsame Arbeit an Projekten in der DBU auch so wichtig, denn da können wir Aufgaben formulieren, die einen erkennbaren Nutzen für alle Gruppen mit sich bringen. Ich denke hierbei auch an Themen wie "Buddhismus an Universitäten" oder "Buddhismus auf Wikipedia". Diese Gebiete kann keine buddhistische Gemeinschaft allein bearbeiten und keine kann sie ignorieren. Wenn wir auf solchen Feldern gemeinsam tätig werden, wird uns das helfen, die Einheit der Buddhistinnen und Buddhisten deutlich zu machen. Wir werden sehen und zeigen können: Was sind denn wirklich unsere gemeinsamen Themen, an denen wir arbeiten möchten, die uns im Handeln zusammenbringen und die einen Nutzen für alle schaffen?

BA: Dafür müssen wir uns auf grundsätzliche ethische Fragen verständigen.

GG: Sicherlich. Was ist gut für die fühlenden Wesen? Was ist gut für die Welt, für die Gesellschaft? Wenn wir uns hier verständigen, werden wir, ganz gleich, aus welcher Inspiration wir kommen - auf der Ebene des Handelns eine Einheit herstellen können. Gerade in unserer heutigen Zeit ist es wichtig, dass alle Weltanschauungen erkennen, dass sie das einzige beständige Gegengewicht zum neoliberalen Kapitalismus sind, der in immer größerem Maßstab die natürliche und soziale Umwelt zerstört. Und dass sie ethische Werte in sich tragen, die dringend als Gegengewicht zu dieser Übermacht nicht nur formuliert gehören, sondern auch in einen gesellschaftlichen Diskurs eingebracht werden müssen.

BA: Eine Zusammenarbeit der spirituellen Bewegungen gegen den Mainstream des Neoliberalismus. Schließt das auch andere Religionen ein?

GG: Unbedingt. Letztlich geht es darum: Dürfen wir unsere Welt mit allen möglichen Giften überziehen und damit unzähligen Wesen Schaden zufügen? Das Prinzip der Gewaltlosigkeit, das im Buddhismus betont wird, sagt ganz klar: Ich muss zunächst einmal aufhören, andere Wesen zu schädigen oder zu verletzen. Und wenn ich dazu noch Mitgefühl kultiviere, eröffnen sich weitere Themen. Vielleicht ist hier die Kongruenz unter den Buddhistinnen und Buddhisten höher als mit anderen Weltanschauungen, weil sich unsere Motivation auf etwas Ähnliches gründet und wir weniger begriffliche Konflikte haben - aber im Endeffekt geht es darum, alte und kranke Menschen liebevoll zu pflegen, die Umwelt zu schützen und so weiter. Auf der konkreten Ebene des Tuns werden wir sehr nah beieinander liegen - und das müssen wir auch klar formulieren.

BA: Bleiben wir mal bei den anderen Religionen. In seiner jüngsten Enzyklika zum Umweltschutz erklärt der Papst, ein zentraler Motor der Zerstörung der Welt - jener, der sie in eine Müllhalde verwandelt - sei der Kapitalismus. Buddhistinnen und Buddhisten gehen vielleicht einen Schritt weiter und benennen die Geistesgifte Gier, Hass und Unwissenheit als die eigentlichen Motoren ...

GG: ... die natürlich auch den Kapitalismus antreiben! Dieses Beispiel zeigt, zu welch spannenden Dialogen es hier kommen kann - und dann auch zu gemeinsamen Handlungen. Um solche Anknüpfungspunkte geht es mir, übrigens auch mit nicht religiösen Menschen. Der Buddha ist möglicherweise einer säkularen Welt sehr zugänglich, Begrifflichkeiten wie die Geistesgifte haben einen modernen Charakter und passen gut in unsere heutige Welt.

BA: Kommen wir noch einmal zum Thema der gemeinsamen Stimme. Die Europäische Buddhistische Union (EBU) hat 2013 bei ihrer Mitgliederversammlung ein Dokument "Visionen - Aufgaben - Werte - Ziele" einstimmig verabschiedet. Dort steht zum Beispiel: "Wir unterstützen die Umsetzung von Menschenrechten, der Gleichheit und die Verantwortung des Einzelnen für alle, ungeachtet von Volkszugehörigkeit, Geschlecht, sexueller Orientierung, Sprache, Religion, Nationalität, sozialer Herkunft oder anderer Unterschiede." Sollte die DBU zu ähnlichen Statements kommen, oder ist für dich eine solche Positionierung nicht so zentral?

GG: Doch, ich finde es auch wichtig, solche Aussagen zu formulieren und könnte dieses Dokument hundertprozentig unterschreiben. Tatsächlich sind wir in der DBU bereits in ein Gespräch darüber eingetreten. Die nächste Stufe wäre natürlich, die Frage zu beantworten: Wie wird so etwas dann wirksam in der Gesellschaft? Also konkret zu werden.

BA: "Gleichheit ungeachtet der sexuellen Orientierung" wirft das nicht Probleme auf? Schließlich gibt es klassische buddhistische Schriften, beispielsweise in der tibetischen Tradition, in denen Homosexualität, oder besser homosexuelle Praktiken, als sexuelles Fehlverhalten bezeichnet wird.

GG: Wenn man zeitgenössische Lehrerinnen und Lehrer des Buddhismus hört, glaube ich ganz bestimmt, dass man zu so einem Statement kommen kann, wie bei der EBU formuliert, und es nach außen hin auch kommunizieren sollte. Wir müssen als Gemeinschaft der Buddhisten, aber auch gemeinsam mit anderen Religionsgemeinschaften, gegen Dinge, die dieser Welt schaden, ganz klare Positionen beziehen. Denn sonst wird es niemand tun. Es ist ungemein wichtig, dass genau solche Grenzlinien gezogen werden und dann auch klar ist: Dahinter gehen wir nicht zurück. Wir stehen gemeinsam dafür ein, dass es keine Diskriminierung oder Gewalt gegen Menschen, Tiere und die Umwelt geben darf.

"Wir stehen gemeinsam dafür ein, dass es keine Diskriminierung oder Gewalt gegen Menschen, Tiere und die Umwelt geben darf."

BA: Wir sprachen vorhin von der Einheit in der Vielfalt innerhalb der DBU. Es gibt aber auch buddhistische Gruppierungen, die außerhalb stehen. Ist es dein Ziel als Vorsitzender, hier eine weitere Öffnung herbeizuführen?

GG: Auf jeden Fall. Ich hatte leider noch keine Gelegenheit zu lernen, warum diese Gruppen noch nicht in der DBU sind. Dafür kann es viele Gründe geben. Einerseits hat es eine starke Entwicklung gegeben in den letzten Jahren, und viele Gruppen sind eher auf sich selbst bezogen - sie haben vielleicht noch gar nicht mitbekommen, dass es die DBU gibt. Selbstkritisch muss man auch sagen: In den letzten Jahren war bei der DBU sicher nicht alles nur anziehend. Da müssen wir auch an unserem eigenen Profil arbeiten und deutlicher machen, warum eine buddhistische Gemeinschaft Mitglied in der DBU werden sollte. Meine Hoffnung ist, dass wir das in den nächsten Jahren erfolgreich bewältigen und deutlicher machen können, sowohl den buddhistischen Gemeinschaften in Deutschland als auch der breiteren Öffentlichkeit, warum es gut ist, dass es die DBU gibt. Wir verstehen uns als Dachverband der Buddhistinnen und Buddhisten in Deutschland und können von unserem Selbstverständnis her keine einzige Gemeinschaft außen vor lassen - auch nicht die, die wir für problematisch halten.

BA: Also keine Politik der Abgrenzung oder Ausgrenzung?

GG: Das ist nicht förderlich. Es fördert weder das Verständnis untereinander noch ist für die Öffentlichkeit nachvollziehbar, warum es diese Brüche gibt. Nur durch gegenseitiges Verständnis haben wir überhaupt eine Chance, voranzukommen. Sicherlich gibt es auch in diesem Prozess Positionen, hinter die wir nicht zurückgehen sollten. Wir haben in unserer Satzung das Buddhistische Bekenntnis und damit ist eine klare Linie gezogen. Wer damit nicht mitgehen kann, kann eben nicht Mitglied in der DBU sein.

BA: Wie soll aber mit Gruppen umgegangen werden, deren leitende Personen sich unheilsam verhalten - etwa durch sexuellen Missbrauch oder andere Grenzüberschreitungen?

GG: Wir haben in der Ethik-Arbeitsgemeinschaft der DBU begonnen, Richtlinien zu formulieren - ein Prozess, den ich gerne fortführen möchte. Es gibt buddhistische Grundhaltungen, die wir für unverzichtbar halten, und wenn es Strukturen und Gemeinschaften gibt, die unheilsam sind, muss das klar benannt werden.

BA: Was ist eine unheilsame Struktur in einer Gemeinschaft? Lässt sich das so einfach formulieren?

GG: Ich habe noch nicht so viele Gemeinschaften kennengelernt, die ich für systematisch fragwürdig halten würde. In der Regel handelt es sich um das Fehlverhalten einzelner Personen. Ich kann deshalb nicht eine ganze Gemeinschaft ausgrenzen - zumal dann auch die Möglichkeit verschüttet wird, miteinander in einen Dialog zu kommen und auch in dieser Gemeinschaft ein Bewusstsein zu wecken, dass manche Dinge heilsam oder unheilsam sind. Solche Dialoge zu führen, das ist mein Anliegen.

BA: Und wie offensiv sollte das passieren?

GG: Insgesamt haben wir im Rat die Übereinkunft, uns eher zurückzuhalten; das ist vor allem den begrenzten Ressourcen in der DBU geschuldet. Die Arbeit innerhalb der DBU wird bisher überwiegend von elf ehrenamtlichen Ratsmitgliedern getragen. In dieser Situation ist es schwer, uns mit belastbaren Informationen zu versorgen, die klarmachen, über welche Fakten man redet. Denn natürlich entsteht in vielen Fällen eine große Gerüchteküche, und es ist schwer herauszubekommen: Was ist wirklich los? Die Ethik-AG hat sich Gedanken darüber gemacht, wie man Menschen unterstützen kann, wenn solche Missbrauchsfälle vorliegen, beispielsweise auf der rechtlichen Ebene. Denn wenn es sich um einen Missbrauch handelt, dann geht es um juristisch relevante Fakten, und die müssen auch auf der juristischen Ebene geklärt werden. Sonst bliebe die Auseinandersetzung im schlimmsten Fall auf der Ebene der Rivalität zwischen verschiedenen buddhistischen Schulen stecken.

BA: Wenn wir mal einige Schritte zurücktreten und eine große Vision ins Auge fassen: Was wäre deine Vision für die DBU in fünfzig Jahren und für den westlichen Buddhismus in Deutschland insgesamt?

GG: Ich wünsche mir sehr, dass wirklich alle Übertragungslinien hier Fuß fassen - im Studium und in der gelebten Praxis. Als ich ein junger Mann war, habe ich mit einer monastischen Karriere geliebäugelt. Doch meine Lehrer sagten mir - obwohl sie selbst alle Mönche waren: Hier im Westen können wir das nicht leisten. Weil es hier keine Kultur gibt, die das trägt! Gleichzeitig ist jedoch ganz klar, dass wir diese monastischen Spezialisten brauchen. Also brauchen wir auch eine Unterstützungsstruktur. Leider ist der Umgang mit den Mönchen und Nonnen derzeit - aus meiner Sicht - ziemlich beschämend, weil es auch im buddhistischen Umfeld zu wenig geschätzt wird, wenn jemand sich für eine Ordination entscheidet. Diese mangelnde Wertschätzung entspricht überhaupt nicht meinem Verständnis der Buddhalehre. Der monastische Weg ist eine wichtige Institution innerhalb des Buddhismus, und deshalb ist es mir ein großes Anliegen, dass wir in der DBU hilfreiche Strukturen aufbauen, beispielsweise über eine Stiftung oder andere Instrumente, um Menschen zu fördern, die wirklich so intensiv meditieren oder studieren wollen.

"Ich wünsche mir sehr, dass wirklich alle Übertragungslinien hier Fuß fassen - im Studium und in der gelebten Praxis."

BA: Und eine solche Stiftung sollte Praktizierende verschiedener Traditionen fördern?

GG: Das schwebt mir vor. Es muss nicht einmal unbedingt die monastische Sangha sein, es können in der tibetischen Tradition natürlich auch Yogis und Yoginis sein. Manche Gemeinschaften sind einfach zu klein, um so etwas aus sich heraus stemmen zu können. Deshalb brauchen alle Buddhistinnen und Buddhisten in Deutschland gemeinsame Förderstrukturen für ernsthaft Studierende und Praktizierende - sowohl was die Örtlichkeiten angeht, wo das gelebt werden kann, als auch finanziell.

BA: Gibt es weitere Visionen?

GG: Pilgerreisen! Ich habe es bisher aus ökologischen Gründen abgelehnt, häufig nach Asien zu reisen. Es ist viel effektiver, einen Meister von dort hierher zu bitten, sodass viele Deutsche ihn gleichzeitig hören und die Lehren empfangen können. Aber eine spannende Vorstellung wäre für mich eine Art buddhistischer Pilgerreise in Deutschland. Auf dem Land, wo ich wohne, ist das Thema Pilgerreise für die Katholiken sehr wichtig. Und vor einigen Jahren hatte ich eine interessante Begegnung mit einer Frau aus Tübingen, die eine solche Pilgerreise durch ganz Europa unternommen und überall buddhistische Plätze aufgesucht hatte. Das fand ich ein sehr spannendes Projekt, auch vor dem Hintergrund des interreligiösen Dialogs, denn sie wurde, weil es ja nicht so viele Buddhisten gibt, von Katholiken sehr unterstützt. Sie haben ihr zum Beispiel Quartier angeboten, weil sie mit dem Konzept der Pilgerreise so vertraut waren und ihre Unternehmung als eine förderungswürdige religiöse Betätigung ansahen.

BA: So könnten buddhistische Orte in Deutschland und Europa allmählich zu "heilige Orten" werden.

GG: Zumindest könnte ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie viel Übertragung wir tatsächlich schon erreicht haben. Der Begriff "heilige Plätze" ist vielleicht etwas hoch gegriffen. Auf der anderen Seite muss man sich fragen, warum so viele Menschen meinen, sie müssten nach Asien reisen, denn nur dort gebe es die heiligen Plätze. Wodurch wird denn ein Platz heilig? Er wird durch die Aktivität heilig, die ich dort ausübe, zum Beispiel eben auch durch Pilgerfahrten. Und wenn heute niemand dorthin pilgert, werden wir nie heilige Plätze bekommen. In dem Sinn würde ich mir das wünschen - dass wir ein Bewusstsein dafür bekommen: Wir sind hier zu Hause.

BA: Wirft das für dich auch die Frage auf, in welcher Sprache wir die heiligen Texte rezitieren?

GG: Das ist eine Auseinandersetzung, die ich tatsächlich immer wieder geführt habe. Ich praktiziere ja in der tibetischen Tradition und habe mich immer geweigert, auf Tibetisch zu rezitieren. Stattdessen habe ich die deutsche Übersetzung genommen. Viele haben das kritisiert mit dem Argument, die Übersetzung sei vielleicht falsch und fehlerhaft. Meine Antwort ist dann immer: Das mag sein. Aber ich habe schließlich sehr gute Lehrer, die mir die Texte richtig erklären - also wird eine schlechte Übersetzung im Laufe der Zeit korrigiert werden. Denn ich sehe es so: Wenn wir nicht beginnen, auf Deutsch zu rezitieren, wird es nie einen deutschen Buddhismus geben; im besten Fall einen deutsch-tibetischen oder deutsch-japanischen Buddhismus usw. Darum ist eine systematische Übersetzungsarbeit an wichtigen buddhistischen Texten aus allen Schulen auch so unverzichtbar. Es gibt so viel Material, an dessen Übersetzung eigentlich alle deutschen Buddhistinnen und Buddhisten ein dringendes Interesse haben sollten. Die Beförderung einer solchen systematischen und traditionsübergreifenden Übersetzungsarbeit ist meines Erachtens eine der zentralen Aufgaben der DBU.

"Wir brauchen beides, die inhaltliche und die begriffliche Klarheit - das ist mir ein großes Anliegen."

BA: Das klingt wichtig und zukunftsweisend. Die meisten Menschen kommen aber zum Buddhismus, um ihre persönlichen Probleme zu transformieren. Kann der Buddhismus das leisten?

GG: Natürlich, auf vielen Ebenen und mit vielen unterschiedlichen Methoden. Dazu kommen Entwicklungen wie MBSR, die vom Buddhismus inspiriert sind. (MBSR steht für Mindfulness Based Stress Reduction, eine Methode der Stressreduktion, die auf Achtsamkeitsübungen basiert, die Red.) Solche Entwicklungen sehe ich einerseits mit Freude, weil die Verfahren Menschen helfen können. Andererseits geht der Buddhismus natürlich weit darüber hinaus, deshalb sehe ich das auch mit einer Träne im Auge. Möglicherweise sind solche Angebote so etwas wie ein niederschwelliger Zugang zum Buddhismus, der aber sehr viel existenziellere Fragen anspricht und ein umfassenderes Angebot zur Problemlösung unterbreitet. Darum liegt mir an einer klaren Unterscheidung. Bei allem Respekt vor anderen Religionsgemeinschaften und psychologischen Verfahren sollten wir doch jeweils deutlich machen: Sprechen wir über Buddhismus oder Christentum oder Psychologie? Denn ansonsten können wir den buddhistischen Beitrag nicht klar herausarbeiten und stiften Verwirrung. Wir brauchen beides, die inhaltliche und die begriffliche Klarheit - das ist mir ein großes Anliegen.


Der zweite Teil des Interviews erscheint in einer der nächsten Ausgaben von Buddhismus aktuell.

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Quelle:
Buddhismus aktuell, Ausgabe 4/2015, S. 42-46
Herausgeberin: Deutsche Buddhistische Union e.V.(DBU)
Buddhistische Religionsgemeinschaft
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2015

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