Schattenblick →INFOPOOL →RELIGION → BUDDHISMUS

PRESSE/617: Chogye Tri Rinpoche verstorben (Buddhismus heute)


Buddhismus heute 43 - Sommer 2007
Das Diamantweg-Magazin der Karma-Kagyü-Linie

Chogye Tri Rinpoche verstorben

Von Detlev Göbel


Am 22. Januar 2007 starb der große Sakya-Meister Chogye Tri Rinpoche im Alter von 87 Jahren in seinem Kloster in Kathmandu. Er gehörte zu den letzten großen alten Meistern, die ihre Ausbildung noch in Tibet bekamen und viele Jahre Meditation in Zurückziehung praktizierten.

Chogye Tri Rinpoche wurde 1929 in Shigatse in Tibet geboren, wo er auch seine Ausbildung erhielt. 1959 floh er vor den kommunistischen Chinesen nach Mustang in Nepal. Seine Schwester war mit dem König von Mustang verheiratet. Von 1962 bis 1969 hatte Rinpoche das Amt des Generalsekretärs für Religiöse und Kulturelle Angelegenheiten der tibetischen Exilregierung in Dharmasala inne. Danach errichtete er mehrere Klöster und Retreatstellen in Nepal.

Nach seinem Tod verweilte er für 16 Tage im so genannten Thugdam, einem tiefen Meditationszustand, in dem der Körper nicht verfällt und das Herzzentrum warm bleibt. Von dieser Zeit an bis zu seiner Verbrennung wurden in seinem Hauptkloster Jamchen in Kathmandu von Hunderten von Schülern Pujas abgehalten. Anfang März wurde Rinpoches Körper dann in diesem Kloster verbrannt. Die Reliquien aus der Asche werden später in zwei Stupas in Nepal aufbewahrt, von denen einer in seinem Audienzzimmer im Kloster Jamchen am Boudha-Stupa stehen soll.

Chogye Tri Rinpoche war das Oberhaupt einer der drei Unterschulen der Sakya Schule, der Tsharpa-Sakya. Er hatte aber auch für uns Karma-Kamtsang Praktizierende eine große Bedeutung, denn er war derjenige, der schon im Jahre 1986 Shamar Rinpoche auf ein Kind in Tibet aufmerksam machte, dass die Wiedergeburt des 16. Karmapa sein könnte. Shamar Rinpoche erzählte am 28. März 1996 in New Delhi:

"Im Jahr 1985 also besuchte mich ein großer Sakya Lama namens Chogye Tri Rinpoche, der ein Kloster in Kathmandu in Nepal hat. Ich empfinde tiefen Respekt für Chogye Tri Rinpoche und betrachte ihn als einen hoch qualifizierten geistigen Meister. Viele Leute in den verschiedenen Schulen des tibetischen Buddhismus sehen ihn als Heiligen an. So haben zum Beispiel S. H. der Dalai Lama und auch der verstorbene Gyalwa Karmapa große Hochachtung vor ihm. Meine Beziehung zu Chogye Tri Rinpoche ist von Respekt und Wertschätzung geprägt und Chogye Tri Rinpoche hat mir gegenüber viel Wohlwollen gezeigt.

Chogye Tri Rinpoche verkürzte den Besuch eines Sakya-Klosters in Mussoorie, um mich in Delhi zu treffen. Er sagte, dass er mich dringend sprechen müsse und erzählte mir Folgendes: Kurz vor Karmapa Rangjung Rigpe Dorjes Tod hatte er, Chogye Tri Rinpoche, früh morgens einen Traum, in dem Karmapa in den Dharma Roben die Bodhnath-Stupa umschritt. Er wirkte dabei sehr schwach. In seinem Traum wurde Chogye Tri Rinpoche traurig und weinte. Kurz danach starb Karmapa.

Chogye Tri Rinpoche erzählte mir außerdem, dass er, ein paar Tage bevor er jetzt nach Delhi gekommen war, frühmorgens einen weiteren Traum von Karmapa gehabt habe: Er hatte geträumt, dass Karmapa in gelben Dharma-Roben, deren Farben sehr klar und leuchtend gewesen seien, einen Stupo umschritt. Dabei trug Karmapa den Gampopa-Hut und war sehr freudig.

Am Mittag desselben Tages, an dem Chogye Tri Rinpoche diesen Traum frühmorgens gehabt hatte, habe ihn ein Verwandter aus Lhasa besucht und ihm ein Bild eines Kindes mitgebracht, von dem in der Umgebung von Lhasa bekannt war, dass er von sich selbst gesagt habe, er sei der Karmapa. Chogye Tri Rinpoche sagte mir, der Grund für seinen Besuch sei es, mir dies mitzuteilen.

Als er mir das erzählte, dachte ich, dass ich etwas über dieses Kind herausfinden und mit ihm in Verbindung treten sollte. Chogye Tri Rinpoche sagte mir damals, dass ich keine Entscheidung auf Grundlage seiner Erzählung treffen solle, sondern dass solche Entscheidungen natürlich auf hinterlassenen Anweisungen und den Visionen und Erfahrungen qualifizierter spiritueller Meister beruhen müssten. Jedoch habe er das Gefühl gehabt, mir dies erzählen zu müssen, da ich der Shamarpa sei und in der Geschichte der Karma Kagyü-Schule die Karmapa- und Shamarpa Lamas als untrennbar angesehen werden."

Im Jahre 2000 gab Chogye Tri Rinpoche in Europa wichtige Übertragungen an den 17. Karmapa Thaye Dorje. (Ausführliche Erklärungen dazu unter:
www.buddhismus-heute.de/archive.issue_31.position_3.de.html)

Auf den in unseren Zentren organisierten jährlichen Pilgerreisen nach Indien, Nepal und Bhutan war ein Besuch seines Klosters in Kathmandu meist Teil des Programms. Oft überraschte er einzelne Besucher damit, indem er ihnen etwas Geld oder ein Foto von sich schenkte seine Weise, mit den Menschen eine karmische Verbindung aufzubauen.

Man findet übrigens alle möglichen Variationen der Schreibweise seines Namens. Die in diesem Artikel verwendete stammt von seiner eigenen Website www.chogyetrichen.org, auf der man viel über ihn und sein Wirken nachlesen kann.

Leider gibt es nur wenig veröffentlichte Belehrungen von Chogye Tri Rinpoche in westlichen Sprachen. Eine davon ist ein Buch namens "Parting from the Four Attachments", Snow Lion, ISBN 1-55939-193-6, für Euro 17,- bei www.logosbooks.de.


*


Quelle:
Buddhismus heute 43, Sommer 2007, Seite 59
Herausgeber:
Buddhistischer Dachverband Diamantweg der Karma Kagyü
Linie e.V. (BDD) für Diamantweg-Buddhismus in Deutschland
Büro Schwarzenberg, Hinterschwarzenberg 8
87466 Oy-Mittelberg
Info-Tel.: 0172/830 40 08, Fax: 08366/98 38 18
E-Mail: info@diamondway-center.org
Internet: www.diamantweg.de, www.diamondway-buddhism.org
Redaktion: Detlev Göbel und Claudia Knoll
Walserstr. 6, 81667 München
Tel. 089/48 00 47 69, Mobil: 0179/50 68 293
E-Mail: redaktion@buddhismus-heute.de

"Buddhismus heute" erscheint dreimal im Jahr.
Es gibt die Zeitschrift auch in weiteren Sprachen.
Einzelheft: 8,00 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2007